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Studio 6

Studio 6

Titel: Studio 6 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liza Marklund
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betrachtete sie aufmerksam. Dann fing er an herumzuschnüffeln, erst prüfend, dann eifrig. Als er zu ihrem Geschlechtsorgan kam, konnte sie sich nicht länger beherrschen.
    »Jesper! Jetzt kommst du aber!«
    Der Hund schaute auf, machte aber keinen Ansatz zu gehorchen. Stattdessen lief er zum Kopf der Frau und begann an ihren Händen zu schnüffeln, die am Gesicht lagen. Zu ihrem Entsetzen begann der Hund an den Fingern der Frau zu nagen. Ihr wurde übel, und sie griff nach den schwarzen Eisenstangen. Sie bewegte sich vorsichtig nach links, beugte sich hinab und schaute zwischen den Grabsteinen hindurch. Aus zwei Meter Entfernung starrte sie in die Augen der Frau. Sie waren hell und etwas trübe, stumm und kalt. Sie hatte plötzlich das Gefühl, als würden die Geräusche um sie herum verschwinden, ein Summton erklang in ihrem linken Ohr.
    Ich muss mit dem Hund hier weg, dachte sie, und: Ich darf niemandem erzählen, dass Jesper von ihr gefressen hat.
    Sie kniete sich hin und streckte die Hand so weit wie möglich durch den Zaun. Ihre ausgestreckten Finger zeigten direkt auf die toten Augen. Das Fett auf den Oberarmen drohte zwischen den Stangen stecken zu bleiben, aber sie bekam die Öse des Halsbands zu fassen.
    Der Hund jaulte, als sie am Lederriemen zog. Er wollte seine Beute nicht loslassen, und der Körper saß fest zwischen den Kiefern des Hundes und bewegte sich ein wenig.
    »Du dummer Hund!«
    Mit einem Rums und kläffend schlug er gegen den Zaun.
    Sie zwang den Hund mit zitternden Händen durch die Eisenstangen zurück. Sie trug ihn, wie sie es noch nie getan hatte, mit beiden Händen in einem festen Griff um seinen Bauch. Sie beeilte sich die Straße hinunterzukommen, glitt mit den Absätzen im Gras aus und verrenkte sich die Leiste.
    Erst als sie die Tür zu ihrer eigenen Wohnung hinter sich geschlossen hatte und die Fetzen im Maul des Hundes sah, musste sie brechen.

TEIL I
JULI

Siebzehn Jahre, vier Monate und sechzehn Tage
    Ich dachte, die Liebe wäre nur für die anderen, für all jene, die gesehen und beachtet werden. Mein Irrtum singt in mir, singt einen Jubel des Glücks. Ich bin es, die er haben will.
    Der Rausch, die erste Berührung, die Haare, die ihm in die Augen fielen, als er mich ansah, nervös, überhaupt nicht selbstsicher. Glasklar: der Wind, das Licht, das absolute Gefühl der Vollendung, der Bürgersteig, die heiße Hauswand.
    Ich habe den Mann bekommen, den ich haben wollte.
    Er steht im Mittelpunkt. Die anderen Mädchen lächeln und flirten, aber ich bin nicht eifersüchtig. Ich vertraue ihm. Ich weiß, dass er mir gehört. Sehe ihn von der anderen Seite des Raumes, helles Haar, das glitzert, die Bewegung, wenn er es zurückstreicht, starke Hand, meine Hand. Die Brust schnürt sich mir zusammen, ein Band des Glücks, ich bin atemlos, Tränen stehen mir in den Augen.
    Das Licht bleibt bei ihm, macht ihn stark und ganz.
    Er sagt, dass er ohne mich nicht klarkommt.
    Die Verletzlichkeit liegt direkt unter seiner glatten Haut.
    Ich liege auf seinem Arm, und erfährt mit seinem Finger über mein Gesicht. Verlass mich niemals, sagt er, ich kann ohne dich nicht leben.
    Und ich verspreche es.

SAMSTAG, 28. JULI
    »Im Kronobergspark liegt ein totes Mädchen.«
    Die Stimme war atemlos, das Lallen der Zunge ließ auf eine regelmäßige Einnahme von Amphetaminen schließen.
    Annika Bengtzon wandte den Blick vom Bildschirm ab und wühlte im Chaos auf dem Schreibtisch nach einem Stift.
    »Woher wissen Sie das?«, fragte sie einigermaßen skeptisch.
    »Weil ich neben ihr stehe, verdammt nochmal!«
    Die Stimme überschlug sich, und Annika hielt den Hörer ein wenig vom Ohr weg.
    »Aha, was heißt denn tot?«, fragte sie und hörte selbst, wie idiotisch das klang.
    »Ja, also, verdammte Scheiße, total tot! Wie tot kann man denn sein?«
    Annika sah sich verunsichert in der Redaktion um.
    Spiken, der Nachrichtenchef, saß an seinem Tisch und telefonierte, Anne Snapphane saß am Schreibtisch gleich gegenüber und fächelte sich mit einem Ringbuch Luft zu, und Bild-Pelle stand am Bildtisch und schaltete gerade den Mac ein.
    »Aha«, sagte sie und entdeckte in einer leeren Kaffeetasse einen Kugelschreiber, zog ein altes tt-Telex heran und fing an, sich auf der Rückseite Notizen zu machen.
    »Im Kronobergspark sagten Sie, nicht wahr?«
    »Hinter einem Grabstein.«
    »Einem Grabstein?«
    Der Mann am anderen Ende brach in Tränen aus. Annika wartete schweigend einen Augenblick. Sie wusste nicht, wie sie

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