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Sturm: Roman (German Edition)

Sturm: Roman (German Edition)

Titel: Sturm: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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Sie nass werden.«
    Ehe Dirk antworten konnte, traf ihn ein Windstoß im Rücken, der ihn fast aus dem Gleichgewicht brachte, und mit der Bö kam der Regen zurück. Kein Niesel- oder normaler Sommerregen, sondern ein Platzregen, der hart auf seinem Jackett aufschlug und es durchweichte, noch bevor er in das Taxi gestiegen war. Hastig nahm er auf dem maroden Sitz Platz, der dies mit einem durchdringenden Quietschen quittierte, und zog die Tür hinter sich zu.
    »Ich sage nur eins …« Der Taxifahrer startete den Motor, der mit einem merkwürdigen Grummeln zum Leben erwachte, das selbst das Geräusch des Regens noch übertönte. »Weltuntergang.«
    »Was?«
    Der Taxifahrer deutete durch die Scheibe, an der das Wasser herabrann, als wären sie gerade in die Isar eingetaucht. »Der reinste Weltuntergang. Und das ist erst der Anfang, wie die Wetterfrösche behaupten.«
    »Schön.« Dirk fuhr sich mit der Hand über die raue, wie zerklüftete Stelle an seinem Handgelenk – eine böse Erinnerung an eine noch viel bösere Begegnung mit einer Ratte in seiner Kindheit. »Aber ehrlich gesagt interessiert mich der Wetterbericht herzlich wenig. Können wir jetzt endlich losfahren?«
    »Ich bin John.« Der Taxifahrer legte den ersten Gang ein und fuhr vorsichtig los, was durchaus verständlich war, denn die Sichtverhältnisse waren trotz des auf Hochtouren laufenden Scheibenwischers mehr als miserabel. »Und nur, damit das klar ist: Das hier ist kein normales Taxi …«
    »Wäre mir gar nicht aufgefallen«, brummte Dirk.
    »Birdie schickt mich«, sagte John ungerührt. »Und er sagt, es wäre brandeilig. Nur aus diesem Grund habe ich mich bei diesem beschissenen Wetter auf den Weg gemacht.«
    »Schön«, sagte Dirk noch einmal. »Und wer zum Teufel ist Birdie?«
    »In seinem Pass steht Harry Biermann«, antwortete John. »Aber unter dem Namen kennt ihn nur das Finanzamt und seine Schwiegermutter. Alle anderen nennen ihn Birdie.«
    Dirk seufzte. Das fing ja gut an. Als Biermann gesagt hatte, er würde ihm ein Taxi schicken, dessen Fahrer genau wüsste, wohin er ihn zu bringen hatte, hatte er mit einem normalen Taxi und einem normalen Taxifahrer gerechnet, nicht mit einer solchen Katastrophe. Hätte ihn Biermann mit der Meldung über die angebliche Spur nicht heißgemacht, er wäre keine Sekunde länger in dieser verräucherten Rostlaube geblieben. Aber das war Nebensache, wenn es um die beiden Frauen ging, denen sein Herz gehörte.
    » Unwetterwarnung auch in Niedersachen«, donnerte plötzlich eine Stimme. John regelte hastig die Lautstärke des Radios herunter. »Der Deutsche Wetterdienst in Offenbach hat …«
    »Können Sie das bitte abstellen?«, fragte Dirk genervt und versuchte, das Pochen zu ignorieren, mit dem sein Kopf auf die dröhnende Stimme des Sprechers reagiert hatte. »Ich habe doch wohl klar genug gemacht, dass ich mich nicht für den Wetterbericht interessiere.«
    »Das ist doch kein Wetterbericht«, antwortete John kopfschüttelnd, während er gleichzeitig gehorsam das Radio ausschaltete. »Das ist die Sondersendung zur Unwetterkatastrophe. Ich muss doch wissen, wann wir in ein Amphibienfahrzeug umsteigen müssen.«
    »Sehr witzig.« Dirk wandte den Kopf und blickte aus dem Seitenfenster. Vielmehr: Er wollte aus dem Seitenfenster blicken. Aber da war nicht viel zu sehen. Nicht mehr als Wasser, das wie eine kleine Sturzflut herabrann. »Hauptsache, die Medien finden immer wieder ein Thema, das sie für eine Weile hochspielen können. Wissen Sie nur, was seltsam ist?«
    John schüttelte den Kopf.
    »Auch verschwundene Kinder und Jugendliche sind ein Lieblingsthema der Medien«, sagte Dirk bitter. »Die walzen jeden Fall platt, quetschen Nachbarn und Angehörige aus und würden noch ein Meerschweinchen interviewen, wenn das reden könnte. Aber wenn es darum geht, ganz nüchtern mit einem Foto die Suche nach einer Jugendlichen zu unterstützen, mauern die.«
    »Ja«, sagte John. »Das sind nun mal die Gesetze der Sensationspresse. Verkaufen Sie denen doch einfach Ihre Story.«
    »Verkaufen?« Dirk starrte ihn entgeistert an. »Sind Sie von allen guten Geistern verlassen?«
    »Wenn Sie Aufmerksamkeit haben wollen«, sagte John, schaltete in den ersten Gang und beugte sich vor, als könne er so besser sehen, »müssen Sie den Medien auch einen Köder hinwerfen. Und das bedeutet, sich ihren Kameras und Reportern zu stellen und den Typen das Gefühl zu geben, sie hätten Sie im Sack. Und das geht nun mal am besten,

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