Sturmklänge - Sanderson, B: Sturmklänge - Warbreaker
sie.
» Versucht es bei einem berufsmäßigen Geschichtenerzähler, Gefäß«, fuhr der Priester fort. » Ihr könnt einen aus der Stadt herbestellen, und er kann Euch sowohl geschichtliche Tatsachen als auch erfundene Erzählungen vortragen. Dadurch erfahrt Ihr mehr als durch uns.«
Siri nickte. Warum sind die Priester in unserem eigenen Palast nicht so hilfsbereit? Wenn sie wirklich den wahren Grund verschleierten, warum ihre Gottkönige starben, dann hatten sie natürlich einen guten Grund, ihr jede Hilfe zu verweigern. Wenn sie um einen Geschichtenerzähler bat, würden sie ihr vermutlich einen besorgen, der ihr nur das sagte, was Siri hören sollte.
Sie runzelte die Stirn. » Könntet… Ihr das für mich tun, Lichtsang?«
» Was?«
» Einen Geschichtenerzähler besorgen«, sagte sie. » Ich sähe es gern, wenn Ihr dabei wäret, falls ich Fragen haben sollte.«
Lichtsang zuckte die Schultern. » Das sollte möglich sein. Ich habe schon lange keinem Geschichtenerzähler mehr zugehört. Sagt mir, wann es Euch passt.«
Es war kein perfekter Plan. Ihre Dienerinnen hatten ihr zugehört und erstatteten vielleicht den Priestern darüber Bericht. Aber wenn der Geschichtenerzähler zu Lichtsangs Palast kam, bestand vielleicht die Möglichkeit, dass Siri die Wahrheit hörte.
» Danke«, sagte sie und stand auf.
» Ach, ach, nicht so hurtig«, meinte Lichtsang und hob den Finger.«
Sie hielt inne.
Er nahm einen Schluck aus seinem Becher.
» Ja?«, fragte sie schließlich.
Er hob wieder den Finger, während er weitertrank und dabei den Kopf zurücklegte, damit er auch das letzte halb geschmolzene Eis vom Boden des Bechers schlürfen konnte. Dann stellte Lichtsang ihn ab; inzwischen war sein Mund blau gefärbt. » Wie erfrischend. Idris. Ein wundervoller Ort. Viel Eis. Es kostet eine Menge, es hierherzubringen, wie ich gehört habe. Gut, dass ich nichts dafür bezahlen muss, nicht wahr?«
Sie hob eine Braue. » Und ich stehe hier und warte, weil…?«
» Weil Ihr versprochen habt, mir auch ein paar Fragen zu beantworten.«
» Oh«, meinte sie und setzte sich wieder. » Natürlich.«
» Kennt Ihr ein paar Stadtwächter in Eurer Heimat?«, fragte er.
Sie hielt den Kopf schräg. » Stadtwächter?«
» Ihr wisst schon: die Knaben, die das Gesetz vollstrecken. Polizisten. Hilfsbüttel. Die Männer, die Gauner fangen und Kerker bewachen.«
» Ich habe wohl einige davon gekannt«, antwortete sie. » Meine Heimatstadt ist nicht groß, aber sie ist immerhin die Hauptstadt. Deshalb hat sie eine Menge Leute angezogen, die manchmal etwas schwierig sein konnten.«
» Ah, gut«, meinte Lichtsang. » Beschreibt sie mir bitte. Nicht die schwierigen Jungs, sondern die Stadtwachen.«
Siri zuckte die Schultern. » Ich weiß nicht… Sie neigen zur Vorsicht. Sie befragen Neuankömmlinge in der Stadt, patrouillieren auf den Straßen und suchen nach Missetaten und so weiter.«
» Würdet Ihr sie neugierig nennen?«
» Ja«, sagte Siri. » Vermutlich schon. Ich meine, so wie jeder. Vielleicht etwas neugieriger.«
» Hat es in Eurer Stadt je Morde gegeben?«
» Ein paar«, meinte Siri und senkte den Blick. » Sie hätten eigentlich nicht passieren dürfen– mein Vater sagt immer, dass so etwas nicht zu Idris passt. Er sagt, Mord sei etwas… nun ja, etwas typisch Hallandrisches.«
Lichtsang kicherte. » Ja, so etwas machen wir andauernd. Das ist der letzte Schrei auf allen Festen. Haben die Polizisten diese Morde untersucht?«
» Selbstverständlich.«
» Ohne dass man sie darum gebeten hätte?«
Siri nickte.
» Wie sind sie vorgegangen?«
» Ich weiß es nicht«, antwortete Siri. » Sie haben Fragen gestellt, mit Zeugen gesprochen, nach Spuren gesucht. Ich hatte damit nichts zu tun.«
» Nein, nein«, meinte Lichtsang. » Natürlich hattet Ihr das nicht. Aber wenn Ihr eine Mörderin gewesen wäret, hätten sie Euch etwas Schreckliches angetan, oder? Hätten sie Euch in ein anderes Land verbannt?«
Siri spürte, wie sie blass wurde und sich ihr Haar aufhellte.
Lichtsang lachte nur. » Nehmt mich nicht so ernst, Euer Majestät. Ich frage mich schon seit Tagen nicht mehr, ob Ihr eine Attentäterin seid. Und nun sollte Eure und meine Dienerschaft für kurze Zeit allein hierbleiben, denn ich habe Euch etwas Wichtiges zu sagen.«
Siri fuhr zusammen, als Lichtsang aufstand. Er verließ den Pavillon, und seine Diener blieben zurück. Verwirrt und aufgeregt zugleich erhob sich Siri aus ihrem eigenen Sessel und eilte
Weitere Kostenlose Bücher