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Sturmkönige 02 - Wunschkrieg

Sturmkönige 02 - Wunschkrieg

Titel: Sturmkönige 02 - Wunschkrieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Meyer
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gescheitert war. Wahrscheinlich hatten die Dschinne den Jungen mittlerweile getötet.
    Fünfzehn, zwanzig Kali-Assassinen erreichten die Stelle, von der aus der Teppich aufgestiegen war. Dort standen sie still, wandten ihre menschlichen, erschreckend schönen Gesichter nach oben und blickten den beiden Fliehenden nach.
    Maryams Finger schlossen sich schmerzhaft um Junis’ Arm, zerrten seine Hand fast aus dem Muster. Einen Herzschlag lang drohte er die Kontrolle zu verlieren. »Versprich mir«, sagte sie brüchig, »versprich mir, dass du… versuchst, ihn zu befreien.«
    »Er ist tot«, rief er in den Gegenwind, und, ja, er wünschte es sich sogar, wünschte es mit aller Kraft, denn Jibril hatte den Tod verdient für das, was er getan hatte.
    »Nein«, widersprach sie. »Sie töten ihn nicht einfach… zu wichtig… er… er kann uns alle retten!«
    Ja, dachte Junis bitter, so wie gerade eben. Davon versteht er wirklich eine Menge.
    »Ich bringe dich in Sicherheit«, sagte er. »Erst einmal fort von hier.«
    »Versprich mir… dass du ihm hilfst!« Ihre Stimme wurde immer schwächer. Junis geriet in Panik, und er spürte, wie sie sich auf das rumorende Muster übertrug.
    »Wenn es dir besser geht, befreien wir ihn zusammen.« Er wusste genau, wie schal das klang. Aber er wollte sie beruhigen, auch wenn seine eigene Stimme dabei überzukippen drohte.
    »Du musst es… schwören«, stöhnte sie.
    »Erst mal muss ich uns hier raus -«
    »Bitte!«
    Er nickte verbissen, kaum in der Lage, an etwas anderes zu denken, als sie irgendwohin zu bringen, wo sie Hilfe finden würden. Aber wohin? Nach Bagdad?
    »Du hast mein Wort«, sagte er widerstrebend.
    Ihre Finger blieben fest um seinen Arm geklammert. Sie sagte jetzt nichts mehr, aber er spürte, dass sie ruhiger atmete, eng an seinen Rücken gepresst.
    In der langen Kette von Tälern, in denen die Sturmkönige den Dschinnen aufgelauert hatten, waren jetzt nirgends mehr Tornados zu sehen. Er suchte die kahlen Hänge nach Überlebenden ab, doch alles, was er sah, waren Dschinne, die aus den Staubwolken brachen. Sie waren zu weit entfernt und nahmen keine Notiz von dem fliegenden Teppich hoch über den Bergen. Wie es unterhalb des Staubs aussah, wagte er sich nicht auszumalen. Erst ganz allmählich machte er sich bewusst, dass wahrscheinlich alle anderen tot waren, jeder einzelne der Männer und Frauen, mit denen er die letzten Tage verbracht hatte. Nur Maryam und er waren übrig. Geschlagene. Gejagte.
    Neue Bewegungen dort unten erregten seine Aufmerksamkeit. Die Kali-Assassinen gaben nicht auf. Jetzt verstand er, warum der Sturz aus der Höhe sie nicht getötet hatte.
    Auf ihren Armen und Beinen federten sie mehrfach auf und nieder – dann stießen sie sich vom Boden ab und schnellten wie Geschosse in die Höhe, in steilem Aufstieg hinter dem flüchtenden Teppich her.
    Junis fluchte, als sie näher kamen. Er peitschte den Teppich zu noch größerer Geschwindigkeit, folgte dabei dem Bergkamm nach Westen. Zuerst glaubte er, die Kreaturen könnten fliegen, aber dann erkannte er, dass sie sprangen wie riesenhafte Grashüpfer, mit gewaltigen, hundert Meter weiten Sätzen, die sie in hohen Bögen durch die Lüfte trugen.
    Die meisten blieben weit hinter Junis und Maryam zurück. Einige aber verfehlten den Teppich nur knapp, während Junis ihn weiter nach oben lenkte, der größtmöglichen Höhe über den Bergen entgegen. Die Kali-Assassinen folgten ihnen in einer Kette von grotesken Hüpfern von Gipfel zu Gipfel. Im Sprung fächerten sie bedrohlich ihre sechs Arme auseinander, zogen sie bei der Landung wieder zusammen. Ihre Körper nahmen in blitzschneller Folge die Farben des Hintergrundes an, das Braungelb ausgedorrter Bergrücken, dann wieder das satte Blau des Himmels über dem Gebirge.
    Schließlich blieben sie zurück. Die Täler, die sich nun jenseits der Felskuppen erstreckten, waren nicht mehr von aufgewirbeltem Staub verhangen und breiteten sich einsam und karg zwischen den Hängen aus. In weiter Ferne lag Schnee auf den höheren Gipfeln, ein unwirklicher Anblick nach den Wochen in der Wüste.
    Junis’ Verzweiflung wuchs. Hier gab es nichts, keine Hoffnung auf einen sicheren Unterschlupf oder Versorgung von Maryams Wunden. Das alles hier war tiefstes Dschinnland, leergefegt von allem Leben. Ihre einzige Hoffnung war, immer weiter nach Westen zu fliegen, der anderen Seite des Gebirges entgegen. In dieselbe Richtung, in die auch die Dschinne zogen.
    »Ich kann Jibril…

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