Succubus Dreams
weiß, dass du da bist. Ich spüre dich.» Ich hatte Tawny natürlich ebenfalls gespürt. Darum war ich einfach stehen geblieben. Wiederum seufzte ich und überlegte, ob ich sie irgendwie ignorieren könnte. Wahrscheinlich nicht. Selbst wenn ich nicht öffnete, würde sie vermutlich den ganzen Tag dort warten, weil sie wusste, dass ich da war.
Ich öffnete die Tür in der Erwartung, tränenreich und unter großem Hurra zurückgestoßen zu werden. Stattdessen stand Tawny ruhig vor meiner Tür und zögerte einzutreten. Zwar waren ihre Augen feucht, aber sie bemühte sich um Selbstbeherrschung. Das Zittern ihrer Lippen war Anzeichen dafür, dass das nicht leicht werden würde.
Und sie hatte einen Glanz.
«D-darf ich reinkommen?», fragte sie.
Ich trat zur Seite und winkte sie herein. «Du möchtest mich zu einem Drink einladen, um deine Eroberung zu feiern?»
Das brachte das Fass zum Überlaufen. Sie verlor die Beherrschung. Schluchzend legte sie sich die Hände vors Gesicht und sank auf meine Couch. Noch immer benommen von der Katastrophe mit Seth, war mir keine mentale Energie mehr geblieben, um etwas zu empfinden. Ich konnte sie nicht hassen, ich konnte sie nicht bedauern. Ich war völlig apathisch.
«Tawny, i…»
«Tut mir leid!», unterbrach sie mich. «Tut mir so, so leid! Ich wollte es nicht. Ich wollte es nicht tun. Aber er hat mir gesagt, es würde sich für uns beide auszahlen, und er würde an Strippen ziehen, damit ich rascher befördert würde, und ich…»
«Wow! Moment mal», sagte ich. «Wer ist ‹er›? Niphon?»
Sie nickte und holte eine Packung Taschentücher aus ihrer Handtasche. Zumindest reiste sie jetzt vorbereitet. Sie putzte sich lautstark die Nase, bevor sie fortfuhr: «Er hat mich angewiesen, so zu tun, als ob – als ob ich schlecht bin. Ich meine… na ja, eigentlich bin ich auch schlecht. Okay, sogar ziemlich schlecht. Ich kann nicht wie du flirten. Und ich kann wirklich nicht tanzen.» Sie hielt einen Augenblick inne, als ob ihr das besonders wehtäte. «Aber natürlich hast du Recht gehabt mit deiner Behauptung, dass es für mich unmöglich wäre, keinen Sex mit irgendwem zu haben. Ich hab welchen gehabt. Ich hab dich bloß angelogen.»
Es war also genau so, wie ich seit einer Weile geargwöhnt hatte, aber ihre Bestätigung zu hören, munterte mich nicht so richtig auf. Es war bloß eine weitere Erinnerung an all die elenden Dinge, die mir in den letzten paar Wochen widerfahren waren. Ich starrte sie an und konnte mich immer noch nicht dazu überwinden, wütend auf sie zu sein. Zum Teil, weil ich keinerlei Gefühle mehr hatte, und zum Teil, weil es die Sache einfach nicht wert war. Niphon hatte sie benutzt, um mit mir zu spielen, aber er hatte mit ihr gleichfalls gespielt.
«Du bist eine gute Lügnerin», bestätigte ich ihr schließlich. «Ich war mir nie sicher, ob du die Wahrheit gesagt hast oder nicht – aber es sah ganz danach aus. Gewöhnlich kann ich Leute gut durchschauen.»
Tawny lächelte ein ganz klein wenig, mit so was wie Stolz. «Als Sterbliche habe ich die Leute oft betrogen. Habe als Betrügerin gearbeitet.» Das Lächeln verschwand. «Bis dieses Arschloch mich wegen einer billigen blonden Hure fallen gelassen hat. Sie hatte keine Ahnung, was sie da tat, aber hat’s ihm was ausgemacht? Nein. Dick. Er hatte es bitter zu bereuen. Beide hatten es bitter zu bereuen.»
Ich war verblüfft. Hatte nicht erwartet, das zu hören. Ich wusste nicht so genau, ob ich es hören wollte. Plötzlich ergab Tawnys ursprüngliches Verlangen, Männer überall leiden zu sehen, wesentlich mehr Sinn – wie ihre Gründe, warum sie ihre Seele verkauft hatte. Ich hoffte, ihr gegenwärtiges Erscheinungsbild wäre kein seltsames Zerrbild der billigen blonden Hure. Weil das nämlich einfach bloß unheimlich wäre.
«Na ja, äh, ich… bestimmt. Und wie du weißt, unterscheiden sich fähige Betrügerinnen nicht sonderlich von guten Verführerinnen.» Vielleicht war es das Gerede, aber als ich so dort saß, kam mein träges Gehirn allmählich wieder auf Touren und analysierte die Situation. «Tawny, warum erzählst du mir das? Wenn du für Niphon arbeitest, wird er es wahrscheinlich überhaupt nicht lustig finden, dass du ihn auffliegen lässt.»
«Du hast Recht. Er weiß nicht, dass ich hier bin. Aber… aber ich hatte Angst. Ich weiß, es wird alles rauskommen, wenn du redest, und ich möchte nicht mit ihm untergehen! Ich habe gedacht, wenn ich mit dir reden und dir sagen würde, was
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