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Sudelbücher: Ausgesucht feine Texte mit Biss (German Edition)

Sudelbücher: Ausgesucht feine Texte mit Biss (German Edition)

Titel: Sudelbücher: Ausgesucht feine Texte mit Biss (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georg Ch Lichtenberg
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kaue, was geht es dich an? [D 439]
    Es gibt heuer eine gewisse Art Leute, meistens junge Dichter, die das Wort Deutsch fast immer mit offnen Naslöchern aussprechen. Ein sicheres Zeichen, dass der Patriotismus bei diesen Leuten sogar auch Nachahmung ist. Wer wird immer mit dem Deutschen so dicke tun? Ich bin ein deutsches Mädchen, ist das etwa mehr als ein englisches, russisches oder otaheitisches? Wollt ihr damit sagen, dass die Deutschen auch Geist und Talent besitzen? O das leugnet nur ein Unwissender oder ein Tor. Ich stelle mich zum Beweis, wenn er sich zur Behauptung stellt. Er sei Prinz, Duc, Bischof, Lord, Alderman, Don oder was er will. Gut, das ist ein Narre oder Unwissender, wer das leugnet, das nehme ich schlechtweg an. Ich bitte euch Landesleute, lasst diese gänzlich unnütze Prahlerei, die Nation, die uns verlacht, und die, die uns beneidet, müssen sich darüber kitzeln, zumal wenn sie innewerden, dass es ihnen gesagt sein soll. [D 440]
    Einige Leute wollen das Studieren der Künste lächerlich machen, indem sie sagen, man schriebe Bücher über Bildchen. Was sind aber unsre Gespräche und unsre Schriften anders als Beschreibungen von Bildchen auf unserer Retina oder falschen Bildchen in unserem Kopf? [D 444]
    Wenn man die meisten Gelehrten ansieht, nichts verrichten sie an sich, als dass sie sich die Nägel und Federn schneiden. Ihre Haare lassen sie sich durch andere in Ordnung legen, ihre Kleidung durch andere machen, ihre Speise durch andre bereiten, dafür dass sie das Wetter in ihrem Kopfe beobachten. [D 446]
    Der Mann hatte so viel Verstand, dass er fast zu nichts mehr in der Welt zu gebrauchen war. [D 447]
    Das System des Helvetius, dass die Menschen alle einander gleich an Anlage wären, stößt alle Physiognomik über den Haufen. Woher kommt es doch, dass man bei ähnlichen Gesichtern so oft ähnliche Gesinnungen findet? [D 450]
    Daher kommt’s, dass in allen ihren Rezensionen etwas Wahres ist und [sie] doch immer gegeneinander laufen wie ein paar Sprichwörter. [D 452]
    So zu lesen und zu studieren, dass es sich immer ansetzt, kann ich raten, obgleich die Welt nicht an mir den Nutzen dieses Rates sieht, ich gebe ihn nicht, weil ich ihn durch häufige Erfahrung nützlich befunden habe, sondern weil ich jetzt sehe und deutlich, dass ich ihn hätte befolgen sollen. Aus diesem Gesichtspunkt sollte man überhaupt Vorschriften betrachten. [D 455]
    Rom, London, Karthago sind nur dauerhaftere Wolken, sie verändern sich und vergehen endlich alle. Wie oft hält der Mensch Dinge für wesentlich unterschieden, die es nur durch plus und minus sind. [D 457]
    Die beiden Frauenzimmer umarmten sich aus Grimasse und hingen zusammen wie 2 Vipern in coitu. [D 458]
    Wenn ihn die Welt ganz kennte, so wie ich ihn kenne, meine Herrn, sie würde den Fuchs und [das] Chamäleon in ihren Gleichnissen gegen ihn vertauschen. [D 459]
    Außer den Eigenschaften, die er mit allerlei Tieren gemein hatte, hatte er auch noch einige mit Thermometern, Hygrometern und Barometern gemein. [D 461]
    Der Satz muss noch mit einem Bruch multipliziert werden. [D 462]
    Man wird in manchen Fällen bloß aus dem Grunde nicht gestraft, oder es sieht vielmehr so aus, als wenn man nicht gestraft würde, weil man die Strafe an sich selbst bezahlt. Das, was ausgezahlt wird, wird oft einem Teil genommen und an den andern erlegt. Einer kann an dem Ruhm, ein witziger Schriftsteller zu sein, zunehmen, während als der Kredit, den er als ehrlicher Mann hatte, abnimmt. [D 463]
    Die metaphorische Sprache ist eine Art einer natürlichen Sprache, die man sich aus den willkürlichen, aber bestimmten Wörtern baut. Deswegen gefällt sie so sehr.[ D 464]
    Wenn Scharfsinn ein Vergrößerungsglas ist, so ist der Witz ein Verkleinerungsglas. Glaubt ihr denn, dass sich bloß Entdeckungen mit Vergrößerungsgläsern machen ließen? Ich glaube mit Verkleinerungsgläsern, oder wenigstens durch ähnliche Instrumente in der Intellektual Welt, sind wohl mehr Entdeckungen gemacht worden. Der Mond sieht durch einen verkehrten Tubum aus wie die Venus und mit bloßen Augen wie die Venus durch einen guten Tubum in seiner rechten Lage. Durch ein gemeines Opernglas würden die Plejaden wie ein Nebelstern erscheinen. Die Welt, die so schön mit Bäumen und Kraut bewachsen ist, hält ein höheres Wesen als wir vielleicht eben deswegen für verschimmelt. Der schönste gestirnte Himmel sieht uns durch ein umgekehrtes Fernrohr leer aus. [D 465]
    Es wäre ein

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