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Süden und das grüne Haar des Todes

Süden und das grüne Haar des Todes

Titel: Süden und das grüne Haar des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Ani
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Yuccapflanze. Gegen die Scheiben schlug der Regen .
    »Sie machte einen gesunden Eindruck auf Sie«, sagte ich .
    »Sie behauptete, sie sei kürzlich beim Arzt gewesen und habe sich untersuchen lassen, ihr fehle nichts.«
    »Wir haben sämtliche Ärzte in Ismaning und den umliegenden Ortschaften angerufen«, sagte ich. »Sie war bei keinem in Behandlung.«
    »Sie sah nicht krank aus«, sagte Dr. Moser, ein Mann Mitte fünfzig mit breiten Schultern und einem vorspringenden Kinn, gegen das er beim Gespräch mit dem Handrücken schlug. Als wollte er es abschleifen. »Sie hat erklärt, sie habe keine Angehörigen, niemanden mehr, und sie möchte niemandem zur Last fallen. Mir sind solche Verfügungen bekannt, ich verwahre einige davon.«
    »Dann ist sie bestimmt über einen Klienten zu Ihnen gekommen, von dem sie erfahren hat, dass Sie ein Fachmann auf dem Gebiet sind.«
    Er trank, stellte bedächtig die Tasse ab und klopfte sich ans Kinn. »Ich schätze, mehr als fünfundneunzig Prozent der Leute, die mich aufsuchen, weil sie eine anonyme Beerdigung garantiert haben wollen, sind ältere alleinstehende Singles, mehr Frauen als Männer übrigens. Und die Zahl steigt von Jahr zu Jahr. Und ich muss Ihnen gestehen, ich hab auch schon darüber nachgedacht, ich bin nicht verheiratet, ich lebe seit langem in einer festen Beziehung, die Frau hat zwei Kinder aus erster Ehe, und ich hoffe, dass wir noch lange zusammenbleiben, für immer, wenns nach mir geht. Trotzdem: Was soll so ein Grab? Nichts als Mühen und Kosten. Eine anonyme Bestattung ist preiswert, Sie werden verbrannt, und alles ist erledigt . Ich denke wirklich ernsthaft darüber nach. Würden Sie so was machen?«
    »Unbedingt«, sagte ich.
    »Blöd natürlich«, sagte er, »wenn man Verwandte hat, die damit nicht fertig werden. Das passiert oft, die Leute bedrängen mich, sie wollen mich zwingen, den letzten Willen nicht anzuerkennen. Mir wurden schon Atteste vorgelegt, laut denen der Verstorbene angeblich unzurechnungsfähig oder von einer schweren Krankheit zerrüttet war, nicht mehr Herr seiner Sinne, er habe das nicht so gemeint, jeder in der Familie könne das bestätigen. Auf einmal sind sie alle da, laufen schier über vor Fürsorge und Mitgefühl. Da denk ich mir dann sofort, schade, dass der Verstorbene zu Lebzeiten diese Hingabe und Zuwendung nicht erfahren hat. Leute, die sich anonym bestatten lassen wollen, sind allein, haben sich abgewandt oder wurden in die Ecke gestellt, in die Lebensecke, wie ich das immer nenne. Das erkenne ich auf den ersten Blick wenn jemand in die Kanzlei kommt, ob er in die Gesellschaft integriert ist oder eher am Rand oder gleich ganz in der Ecke steht. Ich kann Ihnen nicht erklären, woher ich das weiß, es ist aber so, ich täusche mich selten.«
    »Und was war Ihr erster Eindruck von Babette Halmar?«
    »Bei ihr …«, sagte Dr. Moser und schob die vor ihm liegende Akte mit dem Testament gerade. »Bei ihr hab ich gedacht, diese Frau steht gewiss nicht in der Mitte, und sie steht auch nicht in der Ecke. Bei ihr hab ich gedacht, sie gehört einfach nirgendwo dazu. Ich hab sie ein wenig ausgefragt, über ihren Beruf früher, über ihren Alltag, die Dinge, die sie gern tut, die sie beschäftigen, die Menschen, mit denen sie gern zusammen ist. Ihre Antworten waren absolut klar und unmissverständlich. Und ohne beurteilen zu wollen, ob sie mich belogen, ob sie mir was vorgespielt hat – ich hab ihr angesehen, dass sie allein ist, ein Singlesingle. Und dabei, hab ich noch gedacht, nicht einmal unglücklich. Glücklich war sie wahrscheinlich auch nicht . Wahrscheinlich spielten Glück und Unglück für sie einfach keine Rolle. Steht denn jetzt eindeutig fest, dass es ein Unfall war? Können Sie einen Suizid ausschließen?«
     
    »Wir können Selbstmord nicht ausschließen«, sagte ich zu Emmi Bregenz, die mir einen Tag später dieselbe Frage stellte.
    Danach riss sich Tanja vom Anblick der Wand los und beugte sich über den Tisch, auf dem ein Teller mit Keksen stand. Sie nahm sich einen davon, steckte ihn in den Mund, verschränkte wieder die Arme und kaute mit knirschenden Geräuschen. Niemand sagte etwas. Tanja genoss das Kauen. Als sie fertig war, sagte sie: »Ich sterb gleich.«
    »Allerdings haben wir gute Gründe zu vermuten, dass sie sich nicht umgebracht hat«, sagte ich .
    »Schön gesagt«, sagte Emmi Bregenz zum zweiten Mal .
    »Sie hätte vorher ihre Angelegenheiten geregelt. Und vor allem hätte sie dafür gesorgt,

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