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Süden und die Stimme der Angst: Roman (German Edition)

Süden und die Stimme der Angst: Roman (German Edition)

Titel: Süden und die Stimme der Angst: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Ani
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geredet. Wir haben Wein getrunken. Am Schluss hat Silvio uns Grappa ausgegeben. Und dann sind wir zu ihr. Und haben gefickt. Sie wollte es. Das war gut. Ich hab mir keine Sorgen gemacht, worüber denn? Sie hat nicht verlangt, dass ich einen Screwing Gum nehmen soll. Sie hat mich genommen. Es war ihre Entscheidung. Ganz klar ihre Entscheidung. Ich hatte nichts dagegen. Ich hab da nichts dagegen, wenn eine Frau Lust hat. Aber ich mach nicht mit fremden Frauen rum, die ich nicht kenn.
    Er dachte an Alice. Und an andere Frauen, die er in den vergangenen Jahren getroffen hatte. Mit einigen von ihnen war er im Bett gewesen. Meistens ohne mit ihnen zu schlafen. Oder doch? Nein. Das gibt's nicht. Clara, Francis, Cybill, Esther … Waren nur noch Schemen. Huschten durch seine Erinnerung. Er verband nichts mit ihnen. Nicht einmal Gleichgültigkeit.
    Aber hier, in dieser Einfahrt, am Montagmorgen kurz vor acht, vor der Tür des Gebäudes, in dem sich die Beratungsstelle befand, wusste er, diese Frauen waren in seinem Zimmer gewesen, nackt. Einige. Und er hatte einen Orgasmus mit ihnen gehabt. Natürlich. Und etwas war passiert. Etwas war passiert. Außerdem war es unvorstellbar, dass sie nicht über die Krankheit gesprochen hatten. Jeder sprach darüber. Die Talkshows waren voll davon. Sogar die Amerikaner hatten mittlerweile begriffen, dass nicht nur Homosexuelle und Junkies betroffen waren.
    War eine der Frauen drogensüchtig gewesen? Er hatte nicht danach gefragt. Oder doch? Er wusste es nicht. Wie spät? Er hatte keine Uhr. Wo hab ich die verdammte Uhr verloren? Er musste sich dringend eine neue kaufen. Das hatte er wieder vergessen.
    Es war unmöglich, dass er infiziert war.
    Wäre Alice fähig gewesen, ihn absichtlich zu infizieren? Er hatte sie verlassen. Er hatte sie angerufen und gesagt, es geht so nicht weiter, hab zu viel zu tun, kann mich nicht auf dich konzentrieren. Muss mich trennen.
    Daraufhin kam sie zu ihm. Sie redeten. Alice weinte. Er tröstete sie. Sie landeten im Bett. Hinterher sagte er, es ist Schluss. Sie tobte. Beschimpfte ihn, er würde sie ausnutzen. Und missbrauchen. Misused. Accused. Confused. For the strung-out ones an’ worse. An’ for every hung-up person in the whole wide universe . Er sei es gewesen, der mit ihr ins Bett wollte. Nicht sie. Er habe sie überredet. Und sie habe gedacht, es sei ein Akt der Versöhnung. Und des Neuanfangs. Scheiß drauf. Ich wollt mich mit der nicht versöhnen. Ich war heiß. Und sie war heiß. Und ich hatte noch nicht mal alle Knöpfe an ihrer Bluse auf, da hat sie mir schon die Hose runtergezogen. Wenn ich gesagt hätt, ich will nicht, hätt sie gesagt, ich find sie nicht attraktiv. Das hat sie schon mal gesagt. Das war ihr Tick. Wenn ich sie nicht gefickt hab, hat sie geglaubt, sie ist hässlich. Ich hätt viel früher Schluss machen sollen. Aber sie war nett. Und sie war immer da. Sie war ein Freund. Ich konnte mich auf sie verlassen.
    Er brauchte niemand. Er hatte zu tun. Er traf Leute. Die verschafften ihm Kontakte. Und manchmal kam Elvira aus Deutschland zu Besuch. Wenn sie in den Staaten Urlaub machte oder einen Auftrag von ihrem Frauenmagazin hatte. Dann schliefen sie zusammen, mit oder ohne Screwing Gums. Er konnte sich nicht erinnern. Dann verschwand sie wieder. Und das reichte ihm an Sex. Mit Frauen wusste Schilff am meisten in seiner Vorstellung etwas anzufangen.
    Sag mir, was du willst, sagte Alice immer. Und dieses Angebot fand er in zweifacher Hinsicht lächerlich. Sie hätte sowieso nur das zugelassen, was ihr gefiel. Egal, was er wollte. Außerdem hätte er niemals aussprechen können, was er sich wünschte. Falls es überhaupt Wünsche waren und nicht bloß Phantasien, die keine Realität brauchten, um zu funktionieren.
    Und alles, was normal war, hatte er von ihr bekommen.
    »Oralsex, Vaginalsex, Analsex«, sagte er laut. Eine Frau, die an der Einfahrt vorüberging, sah zu ihm her. Und ging weiter.
    Er drückte gegen die Glastür. Sie war offen. Noch immer hatte er die rechte Hand zur Faust geballt und darin den grauen Zettel mit der Untersuchungsnummer.
    Die Räume der Beratungsstelle lagen im vierten Stock.
    Nach den ersten Stufen blieb er stehen. Und hustete. Ein grandioser Gedanke schoss ihm durch den Kopf. Angenommen, er war infiziert, dann hatte er mit einer ebenfalls infizierten Frau geschlafen. Und sie hatten sich gegenseitig ein zweites Mal infiziert. Dann bräuchte er nicht länger zu warten. Dann wäre alles eindeutig. Und

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