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Sünden der Nacht

Sünden der Nacht

Titel: Sünden der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tami Hoag
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standen dicht gedrängt auf Beistelltischen. Ihr Licht erhellte diese Gruft ausreichend – Albert Fletchers Privatkapelle.
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    Die Wände waren im selben Schiefergrau gestrichen wie die Wände von St. Elysius, und jemand hatte sich große Mühe gegeben, die komplizierten Muster der Kirchenausschmückung zu imitieren. Selbst die Decke war mit falschen Bögen und Fresken bemalt. Unbeholfene Abbildungen von Engeln und Heiligen schauten aus grauen Wolken herab, mit seltsam verzerrten Gesichtern.
    An einem Ende des Raums stand ein mit einem weißen
    Brokatantependium und üppigen Spitzenläufern verhüllter Altar.
    Darauf war das gesamte Zubehör für eine katholische Messe aufgebaut – das dicke, in Leinen gebundene Meßbuch, der goldene Kelch, zwei Leuchter, auf denen noch mehr dicke weiße Kerzen steckten. An der Wand über dem Altar hing ein riesiges altes Kruzefix mit einer Christusplastik, so hager wie ein Greyhound, in Agonie und mit reichlich Blut, das aus seinen drastisch dargestellten Wunden an Händen und dem Schnitt in seiner Seite floß.
    Kunstgegenstände. Mitch erinnerte sich mit einem Mal an das Wort.
    Das waren keine selbstgebastelten Imitate, sondern echte. Er konnte sich vorstellen, wie Albert Fletcher sie heimlich in finsterer Nacht aus St. Elysius hierhergeschmuggelt, sie gesäubert hatte; wie seine langen, knochigen Hände sie liebevoll streichelten, während er sie mit fanatisch blitzenden Augen anstarrte. Die Kerzenleuchter, die Kruzifixe, die Plaketten der Kreuzstationen, die Statuen.
    Rund um das Zimmer standen auf lauter verschiedenen
    Podesten alte Heiligenfiguren, deren Namen er höchstens raten konnte. Ihre blinden Augen lagen tot in abgesplitterten und von Rissen durchzogenen Gesichtern. Ihr menschliches Haar war räudig und dünn, sah an manchen Stellen zernagt und ausgerupft aus. Sie starrten auf eine Gemeinde, die ebenso seelenlos war –
    vier kleine Kirchenbänke voller Schaufensterpuppen.
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    Mitch lief es eiskalt über den Rücken, als er sie ansah. Köpfe und Torsi, einige mit Armen, einige ohne. Keine mit Beinen.
    Die Männer trugen Hemden, Krawatten und alte ausrangierte Anzüge. Die Frauen waren in schwarzes Tuch gewickelt, mit schwarzen Schleiern über dem Kopf. Alle saßen in permanenter Habtachtstellung da, glotzten auf den Altar. Das Licht der Kerzen flackerte über ihre Kunststoffgesichter.
    Und seitlich neben dem Altar stand noch ein weiteres Mitglied dieses stummen Regiments. Die Puppe eines Jungen in einer schwarzen Soutane mit einem schäbigen weißen Überwurf. Ein Ministrant.
    Ein Donnergrollen kündigte Noogies Erscheinen auf der
    Treppe an. Er polterte den Korridor entlang und bremste abrupt in der Tür des Zimmers, den Lauf seines Dienstrevolvers an die Decke gerichtet.
    »Heiliger Strohsack!« Mit halboffenem Mund und
    weitaufgerissenen Augen betrachtete er die seltsame Kirche.
    »Mann«, flüsterte er, »so etwas hab ich ja noch nie gesehen. Das ist vielleicht unheimlich.«
    »Hast du unten irgendwas gefunden?« fragte Mitch, bückte sich und strich über den abgewetzten Samt der Gebetsbank vor dem Altar.
    »Nichts.« Noga blieb weiter in der Tür stehen und musterte nervös die Gesichter der Puppen.
    Mitch erhob sich. »Es ist keine richtige Kirche, Noogie. Du brauchst nicht zu flüstern.«
    Der Blick des großen Beamten heftete sich auf eine Statue der Jungfrau Maria, der das halbe Gesicht fehlte. Er schluckte und erschauderte. »Das ist richtig gruselig«, sagte er, immer noch in sehr gedämpftem Ton. »Unten sieht es aus, als ob keiner da wohnt. Ich meine, da gibt’s gar nichts. Keine Zeitung liegt rum, keine Post, es gibt keine Nippes, keine Bilder an den Wänden, keine Spiegel.« Er riß erneut entsetzt die Augen auf. »Weißt du, 582
    Vampire haben keine Spiegel.«
    »Ich glaube nicht, daß er ein Vampir ist, Noogie«, beruhigte ihn Mitch und öffnete einen Wandschrank am Ende der Kapelle.
    »Kreuze wehren sie ab.«
    »Ach ja?«
    Im Schrank hing eine Reihe von Priestergewändern, alt und ausgefranst, aber sauber und frisch gebügelt. Einige steckten noch in den Plastikhüllen von Muellers Reinigung in Tatonka.
    Schwarze Soutanen, rote, weiße Überwürfe und Mäntel in königlichem Purpur, Kardinalsrot und cremigem Elfenbein mit aufwendigen Stickereien.
    »Mitch!« brüllte Dietz von unten. »Mitch!«
    »Hier oben!« schrie Mitch.
    Dietz kam keuchend die Treppe hochgeprescht. Sein Gesicht war aschfahl im Kontrast zu seiner knallroten Nase. Sein Hut

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