Sündenkreis: Thriller (German Edition)
Hose hochgezogen hatte. Das war alles.
Danach war nichts als Schwärze. Weder fiel ihr ein, wie sie auf den Parkplatz zurückgelangt war; noch, ob sie ihr Vorhaben wahr gemacht und sich im Auto von diesem Timo hatte ficken lassen. Leer, leer, leer war ihr Kopf, nichts als eine hohle Nussschale voller Luft.
Nina dachte noch ein paar Sekunden lang über den Abend nach, aber sosehr sie sich auch bemühte, mehr wollte ihr nicht einfallen. Sie schob sich wieder ein bisschen nach oben. Inzwischen brannte nicht nur ihr Rücken, sondern auch ihr Hintern vom Sitzen auf dem harten Boden.
Sie war im Nachtwerk gewesen und hatte einen Typen kennengelernt. Und dann hatte irgendjemand sie gefesselt und eingesperrt. Und nun sollte sie Buße tun, wofür auch immer.
Ob irgendein verschmähter Liebhaber sie hier gefangen hielt? Zur Strafe, weil sie nach einem Fick nichts mehr von ihm hatte wissen wollen? Sollte sie etwa das bereuen? Dieser Timo war jedenfalls nicht ihr Entführer, da war sie sich ziemlich sicher.
Die Stimme hatte gesagt, sie habe gesündigt und wenn sie einsichtig sei, könne sie sich viel Leid ersparen. Nina beschloss, sich darauf einzurichten. Wenn der Typ mit der barschen Stimme wiederkam, würde sie ihn als Erstes um Entschuldigung bitten. Mal sehen, wie er reagierte. Nina Bernstein hatte nicht wirklich Angst vor dem, was kommen würde. Bis jetzt war sie noch jeder Situation gewachsen gewesen. Sie atmete die modrige Luft tief ein und stieß sie mit einem Pfeifen wieder aus. Die Stimme hatte nicht verkündet, wann ihr Besitzer wieder auftauchen würde. Es konnte Minuten oder Stunden dauern, wer wusste das schon. Aber sie musste ja nicht regungslos hier sitzen bleiben und darauf warten, dass ihre Muskeln komplett einrosteten. Nina beschloss, ihre Umgebung zu erkunden. Auch mit den Fesseln war sie nicht völlig bewegungslos. Sie konnte umherkriechen und alles abtasten.
Langsam zog sie die Beine an und wartete kurz, bis der Schmerz sich etwas verflüchtigt hatte. Dann rollte sie sich zur Seite, verlagerte das Gewicht auf die Knie und ließ den Körper sich stabilisieren. Es war gar nicht so einfach aufzustehen, wenn einem die Hände auf dem Rücken festgebunden waren, aber sie schaffte es. Auch das Vorwärtskommen gestaltete sich schwieriger als Nina gedacht hatte. Mit winzigen Schritten schob sie sich in den Raum hinein. Eigentlich glich es mehr einem wackligen Hüpfen denn einem Laufen. Normalerweise hätte sie die Arme nach vorn ausgestreckt, um Hindernisse rechtzeitig zu ertasten. Die Gefahr, dass sie sich den Kopf anstoßen würde, war groß, und Nina beschloss rückwärtszutrippeln, die gefesselten Arme ein paar Zentimeter vom Rücken weggestreckt.
Die Kälte kniff in Gesicht und Hals. Wenn sie richtig fühlte, trug sie lediglich ihre Jeans und das Top, darunter war nur nackte Haut. Wie immer samstags. Auf Unterwäsche verzichtete Nina beim Ausgehen konsequent – sie störte nur. Ihre wattierte Jacke, der Schal und die Handschuhe fehlten. Vielleicht hingen sie noch immer an der Garderobe im Nachtwerk . Was dafür sprach, dass sie direkt vom Parkplatz der Disco aus hierhergekommen war. Jetzt berührte ihre rechte Handfläche etwas Festes und sie rückte noch ein wenig dichter an die Wand heran. Vorsichtig rutschten die Finger über feuchtkalte Steine, ertasteten eine schmale Fuge, fuhren die unregelmäßige Einkerbung nach. Eine Natursteinmauer. Nina lehnte sich an und öffnete den Mund. Ihr »Ist da jemand?« hallte wider. Was war das hier, eine Gruft? Sie beschloss, sich seitwärts an der Wand entlang zu bewegen. Es musste einen Ausgang geben, irgendwo befand sich eine Tür. Die Stimme mitsamt dem dazugehörigen Körper musste ja schließlich an irgendeiner Stelle hereingekommen sein. Behutsam schob sie sich weiter nach rechts. Nach vierzehn Schrittchen war Schluss. Ninas Schulter stieß an eine weitere Wand. Eine Ecke des Raumes? Sie wollte sich gerade in Position bringen, um den Winkel zu überwinden, als ein leises Geräusch über ihre Haut fuhr wie eine Klinge. Das feine Klicken ließ Nina die Luft anhalten, und als das gleiche Quietschen wie vorhin ertönte, wusste sie, dass die Stimme zurückgekommen war.
»Hoppla! Was haben wir denn da?«
Nina vermeinte, einen ironischen Unterton herauszuhören, aber es konnte genauso gut sein, dass sie sich das nur einbildete. Wenigstens hatte er nicht zornig geklungen. War das ein gutes Zeichen?
»Du brauchtest wohl Bewegung?« Die Stimme kam näher,
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