Sündiger Mond
erotischer Literatur, aber das hier ist mein Lieblingsbuch. Sie werden es sehr instruktiv finden, wenn Sie bereit sind, so etwas zu lesen.«
Ich nahm es und sagte: »Ich halte nichts von Selbstzensur.« Natürlich hatte ich solche Literatur noch nie in meinem Leben gelesen. Das Buch war der erste Band von Mein geheimes Leben , verfasst von einem gewissen »Walter«. Hickley sagte, dass ich daraus viel über die sexuellen Neigungen von Männern lernen würde. »Das kann unserer Ehe nur nützen.«
Er versuchte, mich zu überreden, den Ring wieder anzunehmen, aber ich erwiderte, ich müsse darüber nachdenken – eine Entscheidung, für die ich mir im Nachhinein sehr dankbar bin, da ich auf diese Weise wenigstens einen letzten Rest von Würde in dieser demütigenden Episode bewahren konnte. Hickley sagte mir, er würde mit seinen Freunden morgen in die französischen Alpen abreisen, aber sie kämen in ein paar Tagen wieder zurück, und er hoffe, dass ich »dann in der geeigneten Stimmung sei, um den Ring wieder anzunehmen«. Ich erwiderte, ich sei dann bereits abgereist, wenn das Wetter es zuließe. – Es stellte sich heraus, dass ich noch nicht abgereist war, aber das lag nicht am Wetter. – Ich ließ mich von ihm zum Abschied nicht küssen, und er schlich davon wie ein geprügelter Hund.
Die Haushälterin informierte mich, dass mein Gepäck ins Chambre Rouge gebracht worden sei, ein Zimmer im zweiten Stock des Ostflügels. Um dorthin zu gelangen, musste ich die Steintreppe im Südostturm hinaufsteigen. Auf dem Weg drängte sich ein elegant gekleidetes Paar mit einer atemlosen Entschuldigung an mir vorbei.
»Oh, das ist Hickleys Yankee«, sagte die Frau über die Schulter, als sie ein paar Stufen weiter stehen blieb. Es war »Fick mich oder leck mich«-Fanny. »Kommen Sie doch mit uns. Ich habe gehört, Lucinda Mumford lässt uns alle zuschauen.«
Ich hatte zwar keine Ahnung, was sie meinte, folgte ihnen aber neugierig den Turm hinauf. Oben angekommen war mir sofort klar, dass dies ein besonderer Ort war. Ich versuche mal, ihn so gut wie möglich zu beschreiben. Der Turm war rund und ziemlich groß, mit Schießscharten in der dicken Außenmauer. Auf den unteren Stockwerken waren verschiedene Zimmer untergebracht, manchmal achteckig oder in anderen ungewöhnlichen Formen, damit sie in den runden Turm passten. Hier im oberen Stockwerk jedoch gab es nur einen einzigen runden Raum, etwas kleiner als der Durchmesser des Turms, sodass außen eine Art Korridor von etwa zwei Meter Breite darum herumführte, in dem Sofas und Chaiselonguen standen. Der runde Raum sah so aus, als sei er erst kürzlich fertiggestellt worden. Die Außenwände waren mit dunklem Holz verkleidet und hatten alle paar Meter ein großes Fenster. Durch diese Fenster konnte man in den Innenraum sehen, dessen Wände mit apricotfarbener Seide bespannt und mit hohen Spiegeln in Goldrahmen behängt waren. In der Mitte dieses seltsamen »Boudoirs« stand ein Bett mit vier Pfosten. Auf dem Bett lag eine schöne junge Frau in einem schwarzen Satin-Gewand und masturbierte. Ihr Schmuck glitzerte in der Nachmittagssonne, die durch die Lichtkuppeln im spitz zulaufenden Dach drang.
Sie lag auf dem Bauch, hatte die Röcke hochgeschoben, und ihre schwarzen Petticoats bauschten sich um ihre Taille. Ihre ebenfalls schwarze, gerüschte Unterhose hatte sie bis zu den Strümpfen hinuntergezogen. Der einzige entblößte Körperteil war ihr Hintern, der wie glatter weißer Marmor aus all dem Schwarz herausragte. Sie stieß langsam mit den Hüften, und ich sah, dass sie einen Arm unter sich geschoben hatte und ihn rhythmisch bewegte. Ihr Mund stand offen, die Augen hatte sie verträumt halb geschlossen. Durch die Scheibe hörte ich ihren bebenden Atem, und ich weiß noch, dass ich dachte: Mein Gott, das ist real. Sie befingert sich tatsächlich selbst, und ich sehe wirklich zu.
Fanny und ihr Begleiter sanken auf eine Ledercouch, die im Halbdunkel an der Wand stand. Sie knöpfte seine Hose auf, während er die Hand unter ihren Rock schob. Beide starrten sie in den runden Raum hinein. Von überallher im Korridor hörte ich stoßweises Atmen und leise Stimmen, und ich stellte fest, dass sie nicht das einzige Paar waren, das dieses Schauspiel genoss. Aber wie konnten sie in das Zimmer hineinblicken, in dem doch offensichtlich Spiegel hingen?
»Es sind transparente Spiegel«, flüsterte ein Mann neben mir, den ich vorher nicht bemerkt hatte.
Er sah unglaublich gut aus,
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