Sueße Verfuehrung im Pazifik
von Zarios bombardiert – zuerst mit Anrufen, dann mit SMS. Sie würden alle noch früh genug erfahren, was los war. Jetzt läutete es an der Tür.
„Danke, dass du gekommen bist.“ Emma kam sich wie eine gemeine Verräterin vor, als sie Beth öffnete. „Wo sind die Zwillinge?“
„Die sind gut untergebracht“, kam die ausweichende Antwort. Beth wirkte gehemmt, nahm auf der Sofakante Platz und lehnte das angebotene Getränk ab. „Du weißt es schon, oder?“
„Was?“
„Dass ich ihn heute verlasse.“
Emma glaubte, den Boden unter den Füßen zu verlieren.
„Ich will nichts von seinem Geld.“ Beth schüttelte den Kopf. „Er kann es alles behalten, verjubeln oder sparen, mir ist inzwischen alles egal.“
Emma fiel es wie Schuppen von den Augen. Wenn sie selbst so sehr unter Jakes Spielsucht gelitten hatte, wie schlimm musste es dann erst für Beth gewesen sein, seine Frau, die an seiner Seite lebte. Wie musste sie gelitten haben, wenn sie nun gehen wollte. Mit nichts als den Kleidern, die sie trug, und ihren Kindern.
„Ich liebe deinen Bruder.“ Beth blickte sie aus müden, geschwollenen Augen an. „Und ich hasse ihn. Es gibt keinen richtigen Zeitpunkt, um zu gehen. Ich habe es versucht …“, ihre Schultern bebten unter ihren Schluchzern, „aber immer kam etwas dazwischen. Der Geburtstag der Kinder, Weihnachten, der sechzigste Geburtstag deines Vaters, dann die Beerdigung. Die ganze Zeit warte ich auf den passenden Moment, aber er kommt nicht. Heute erhält er eine Million Dollar, heute kann ich ihn endlich verlassen.“
Als sie ihre Schwägerin in den Arm nahm, wusste Emma, dass sie ihr keinen Trost bieten konnte. Nichts, was sie sagte, würde den Schmerz lindern. Sie spürte, wie verkrampft Beth’ Schultern waren. „Ich weiß, was du mitgemacht hast, und ich werde alles tun, um dir und den Zwillingen zu helfen.“ Beth seufzte tief auf. „Ich wusste über seine Spielsucht Bescheid“, fuhr sie fort. „Und ich habe ihm meinen Teil der Erbschaft geliehen.“
„Dann ist dir nicht mehr zu helfen, Emma“, erwiderte Beth bitter. „Du wirst das Geld nie wiedersehen.“
„Ich habe einen Anwalt beauftragt.“ Ihre Stimme zitterte, als sie ihre Schwägerin über ihre Schritte informierte. „Er vertritt mich heute. Jake erfährt es in diesem Augenblick.“
Als Jake mit versteinerter Miene aus dem Sitzungssaal stürmte, wusste Zarios, dass er mit seiner Vermutung richtiggelegen hatte. Nichts war mehr übrig von dem gut gelaunten Sonnyboy. Ohne Zarios auch nur eines Blickes zu würdigen, schlug er mit der flachen Hand auf den Liftknopf und lief dann, ohne abzuwarten, zwei Stufen auf einmal nehmend die Treppe hinunter.
„Kluge Entscheidung, dich aus der Sache rauszuhalten.“ Jed, eines der Vorstandsmitglieder, verdrehte die Augen. „Ich habe noch nie eine so scheußliche Nachlassübergabe erlebt.“
Doch Zarios hörte ihm nicht zu. Es blickte über Jeds Schulter zum Sitzungssaal, aus dem die Mitarbeiter nach und nach herauskamen. Nur Emma zählte. Er wollte ihr, wenn auch verspätet, zur Seite stehen.
„Wo ist Emma?“
„Sie hat sich von einem Anwalt vertreten lassen. Der hat Anzeige gegen ihren Bruder erstattet. Alle seine Konten werden gesperrt. Er hat Schulden überall.“ Jed presste kurz die Lippen zusammen. „Der Kerl kann einem fast schon leidtun. Steht nicht nur ohne Geld da, sondern musste auch noch erfahren, dass seine Frau ihn verlassen hat.“
In Zarios’ Schläfen begann es zu hämmern, als ihm sein verhängnisvoller Irrtum klar wurde. Emma hatte ihm sagen wollen, dass sie das Geld für die Schulden ihres Bruders brauchte. Er hatte geglaubt, sie wolle nur von ihren eigenen Problemen ablenken. Ihm wurde eiskalt, gleichzeitig bildeten sich Schweißperlen auf seiner Stirn, als er sich den hasserfüllten Gesichtsausdruck ins Gedächtnis rief, mit dem Jake aus dem Sitzungssaal gerannt war.
Ein Mann, der nichts mehr zu verlieren hat, ist gefährlich.
„Er kann natürlich überhaupt nichts dafür …“, bemerkte Jed mit beißendem Sarkasmus. „Wir versuchen gerade, seine Frau zu erreichen, um sie zu warnen.“
Doch er sprach ins Leere. Zarios war bereits im Lift, der gerade angekommen war. Er musste sofort zu Emma.
Wie bittere Galle stieg Furcht in ihm auf.
Sie hatte ihm die Wahrheit gesagt. Und nicht nur in Bezug auf ihren Bruder.
Er hastete zu seinem Wagen und schlängelte sich mit röhrendem Motor durch den Berufsverkehr, bis er im Stau feststeckte. Seine
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