Süßer der Punsch nie tötet
schreibt Kochbücher, kämpft darum, in der Öffentlichkeit wahrgenommen zu werden. Dann taucht Caro Terento auf. Sie bekommt sofort, beinahe automatisch, die Publicity, die Gefell haben will.«
»Also vergiftet er die Teilnehmer an Terentos Kochkursen?« Hardo sah zweifelnd drein, dennoch nahm er den Telefonhörer ab und rief im Labor an. »Sie versuchen es bis morgen Abend«, sagte er, kaum dass er aufgelegt hatte.
Sabine Kerschensteiner steckte den Kopf herein. »Wir haben den Räuber.«
»Welchen?«, fragten Katinka und Hardo gleichzeitig.
»Es stehen ja einige zur Auswahl!« Sabine lachte. »Gondel, Maria … nein, wir haben den, der das Juweliergeschäft mit seiner Anwesenheit beehrt hat.«
»Ich komme.« Hardo war schon an der Tür.
Katinka radelte in ihre Detektei. Dort vertiefte sie sich ein weiteres Mal in Dantes Artikel über Gefell. Sogar seine Pläne für das Weihnachtsfest gab der Koch bekannt. Als Abendessen plante er Karpfen polnische Art und nach der Bescherung wollte er zur Mitternachtsmesse in den Dom. Katinka fiel erst jetzt auf, dass Weihnachten ganz nah herangerückt war, sozusagen vor der Tür stand. Den ganzen Advent hatte sie vertrödelt, war nicht richtig in die Gänge gekommen, hatte nicht einmal die Schokolade aus dem Adventskalender pünktlich vertilgt. Auch wenn sie Gefell die Morde nicht zutraute – irgendwie passte alles zusammen. Der mondgesichtige Claudius war kein Typ, der einem anderen mit dem langen Metzgermesser auflauerte. Das war ihm zu blutig, zu direkt. Aber der Giftmord … Katinka schlug mit der flachen Hand auf den Tisch. Gefell hatte nicht zusehen müssen, wie seine Opfer zusammenbrachen. Wenn nur das Labor schneller arbeiten würde. Sie rief Lengfurter an. Wenigstens konnte sie ein paar andere Spuren ausschließen.
»Wissen Sie, wo Ihre Lebensgefährtin ihre Gewürze gekauft hat?«
»Im Internet. Habe ich doch schon gesagt.«
»Haben Sie die Webadresse?«
»Warten Sie.« Lengfurter legte den Hörer hin. Katinka hörte das Klicken einer Tastatur. Dann gab ihr Klient die URL durch.
»Danke.«
Auflegen und die Adresse eingeben war eins. Vor Katinka baute sich Adis Gewürzshop auf. »Ach nee!« Sie lachte laut. Der Shop hatte seinen Sitz im niederösterreichischen Horn. Rasch klickte Ka tinka durch das Angebot. Dann verließ sie das Internet. Adis Gewürze wurden nicht in Zellophantütchen geliefert. Sondern in spitzen Tüten, die man in Österreich Stanitzel nannte.
»Gut, das wäre erledigt.« Katinka schlüpfte in ihren Mantel und schlenderte zur Oberen Rathausbrücke.
Gefell wuselte in seinem Stand umher. Sie winkte ihm zu. Er winkte zurück. Verhalten? Zweifelnd? Katinka war sich nicht sicher. Vermutlich saß sie einem idiotischen Fehlschluss auf und verdächtigte einen Unschuldigen. Aber irgendwer musste die drei Frauen und den Mann auf dem Gewissen haben. Sie wandte sich am Hofbräu nach links, überquerte den Steg an der Brudermühle und umrundete das alte Rathaus Geyerswörth. Gefell war in seiner Bude noch gut beschäftigt. Gesetzt den Fall, er hatte vergiftete Gewürze an Kunden abgegeben, dann offenbar nur an Kunden, die bei Caro Terento einen Kochkurs besucht hatten. »Bevor sie zum Kochkurs gingen«, fügte Katinka laut hinzu und erschreckte einen Penner, der es sich mit Bier und Cola auf einer Bank am Alten Kanal gemütlich gemacht hatte. Sie selbst hatte ihm am Stand erzählt, dass sie an Caros Kochkurs teilgenommen hatte. Daraufhin hatte Gefell zu den Sonderrationen gegriffen. Sie trat auf die kleine Brücke, die über den Kanal führte, und stützte die Ellenbogen auf das Geländer. Marga Ofenstaller, Jennifer Katz, Hilde Fromm, Karl Spree. Alle tot. Dann Susanne Schuh aus Königsberg, die durchgekommen war. Einfach zu monströs. Mord aus Neid. Aber ein altes Motiv. Neid und Eifersucht. Wer weiß, wie viele andere leidenschaftliche oder auch nur neugierige Hobbyköche Gefells Spezialmischungen im Schrank stehen hatten, um sie morgen auf die Weihnachtsgans zu streuen?
Katinka rannte zurück in die Hasengasse.
Im Internet rief sie Gefells Hot Spicy Business auf. Claudius bot an, einen Newsletter an Kunden zu verschicken. Katinka registrierte sich. Prompt flat terte ihr das aktuelle Pamphlet in die Mailbox. Und was sie kaum zu hoffen gewagt hatte: Gefell war einer von denen, die zwar mit dem Internet operierten, dies aber nicht besonders professionell taten. In der Adresszeile waren alle Mailadressen angegeben, an die der Newsletter verschickt
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