Suitable Lover
sie wieder auf, meist mit Narben an Bauch und Brust. Nur die wenigsten überlebten.
Viele bezeichneten Chris gerne als spießig, aber mal ehrlich: Er hing an seinen Organen.
Wortwörtlich
.
Langsam ging er durch die Menge, wimmelte eine kaum ansprechbare Frau ab, die sich plötzlich an seinen Arm hängte, und steuerte die Bar an. Dort fand er einen jungen Mann mit schwarzen, hochgegelten Haaren hinter dem Tresen, auf dessen Arm »Jerry« in großen, verschlungenen Buchstaben tätowiert war.
Chris, unsicher, wie man hier einen Drink bestellte, hob die Hand und winkte dem Barkeeper zu, dessen Lippen sich sofort zu einem Lächeln verzogen. Erleichtert atmete Chris auf, als er herüberkam.
»Na, so einen wie dich seh ich hier selten«, sagte der Barkeeper. »Verlaufen?«
»Kann man so sagen«, meinte Chris und lächelte zurück. »Meine Freunde haben mich hergeschleppt.«
»Wer Freunde hat, braucht keine Feinde.« Er blinzelte und kratzte sich dann am Kopf. »So ging der Spruch nicht, oder? Ich bin übrigens Jerry«, sagte er und hielt eine Hand hin, die Chris schüttelte. »Magst was trinken? Solltest allerdings auf dein Glas aufpassen. Die Meute hier ist wahnsinnig.«
»Ich nehme«, Chris schaute auf die Cocktailliste hinter Jerry, »einen Tequila Sunrise. Und mein Name ist Chris.«
Jerry lächelte und machte sich ans Werk. Chris beobachtete, wie er arbeitete. Jerry war nicht unbedingt sein Typ, aber Chris mochte seine Hände. Sie flogen regelrecht von einer Flasche zur nächsten und schon nach wenigen Sekunden stand Chris‘ Drink, voll mit Eis und mit einer Orangenscheibe garniert, vor ihm. Chris bezahlte und probierte den Drink. Er war absolut perfekt!
»Zufrieden?«, fragte Jerry mit einem Grinsen.
»Super«, sagte Chris. »Sag mal, stimmen eigentlich die Gerüchte über den Laden hier?«
»Über das Seven?«, fragte Jerry. »Schau dich um und du kennst die Antwort. Ist ehrlich kein Ort für dich, aber du solltest es überleben, wenn du nichts annimmst und dein Glas bewachst. Und du solltest dich vor den Anzugsträgern in Acht nehmen.«
»Anzugsträger?«
»Ja. Ich weiß selbst nicht, was dir hier immer treiben, aber regelmäßig kommen so geleckte Schlipsträger rein. Ich sag dir, schon ein einziger Knopf von diesen Anzügen ist mehr wert, als alle meine Piercings zusammen gekostet haben. Und die meisten davon sind an Stellen, die man nicht sehen kann.« Jerry zwinkerte ihm zu und Chris verschluckte sich an seinem Drink. Er zwang sich an etwas anderes zu denken, als deutliche Bilder in seinem Kopf auftauchten und Hitze in ihm aufstieg.
»U-und du weißt nicht, was die hier machen?«
»Wenn ich‘s doch sage: keine Ahnung! Hab mal meinen Chef gefragt, aber der meinte nur, ich sollte ihnen lieber aus dem Weg gehen. Ich weiß nur, dass sie immer in so nen Hinterraum verschwinden, den niemand betreten darf. Stacy bedient sie da,« er deutete auf eine blonde Frau, die von den Tischen an der Wand Gläser einsammelte, »wechselt aber immer das Thema, wenn ich sie frage, was genau da abgeht. Wette die kriegt ne hübsche Summe, damit sie die Klappe hält.«
»Ey, Mann! Hör auf zu flirten und arbeite, verdammt!«, rief plötzlich ein dicker Mann von einer Tür hinter der Bar aus.
Jerry winkte ihm zu und rollte dann mit den Augen. »Mein Chef«, sagte er. »Die Pflicht ruft. Pass auf dich auf, ja?«
Chris nickte und sah Jerry nach, wie er den Tresen entlangging, um Bestellungen aufzunehmen. Dieses Gespräch hatte ihm vor allem eines verraten: Er sollte am besten so schnell wie möglich von hier verschwinden.
Mit diesem Gedanken schaute Chris sich um und versuchte, seine Freunde zu finden. Sie waren zwar mit Daniels Auto da, aber wenn sie nicht mitwollten, so konnte Chris immer noch den Zug nehmen und alleine gehen. Langsam bahnte er sich erneut einen Weg durch die Menge. Durch die Lichter wurde ihm schwindelig und sein Kopf hämmerte. Der Raum fing leicht an, sich zu drehen und es war schwer, seinen Drink nicht zu verschütten, wenn doch von allen Seiten Hände gefolgt von sich windender Körper auf ihn zurasten. Merkten diese Menschen überhaupt noch, wie merkwürdig sie tanzten?
Gerade als Chris diese Frage in seinem Kopf mit »Nein« beantwortete, schoss eine Frau auf ihn zu. Er wich aus und stolperte in die andere Richtung. Nur noch so eben konnte er sein Glas gerade halten und atmete tief ein. Dann richtete er sich auf und wollte weitergehen, doch leider übersah er den Fuß eines Mannes und
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