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Sumpfblüten

Sumpfblüten

Titel: Sumpfblüten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl Hiaasen
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kommt, hast du ja immer noch das Kanu.«
    »Aber ich werde hier draußen draufgehen! Ich hab ’ne echt schlimme Krankheit und ich brauche meine Medikamente«, jaulte Shreave. »Aphenphosmphobie!«
    Bruder Manuel schnaubte. »Das ist keine Krankheit, das ist eine Störung. Und wenn du wirklich daran leiden würdest, Bruder, dann hättest du Schwester Shirelle gestern Abend nicht gefragt, ob sie dir die Füße massiert.«
    Boyd Shreave sackte in sich zusammen.
    »Mein Bruder ist Aphenphosmphobiker«, fügte Bruder Manuel in frostigem Tonfall hinzu. »Daher weiß ich das.«
    Shreave blieb nichts anderes übrig, als zu betteln. »Großer Gott, bitte nehmt mich mit!«
    »Wenn Er hier wäre, würde Er das vielleicht tun. Aber es ist mein Boot und meine Entscheidung.« Bruder Manuel legte sich den weißen Bademantel über den Arm und wandte sich ab.
    »Gebt mir noch eine Chance!«, rief Shreave, doch der Prediger ging weiter.
    In dieser Nacht entzündete Shreave ein dürftiges Feuer auf der Düne, mit einem Streichholzbriefchen, das Schwester Shirelle ihm in die Badehose geschoben hatte, kurz bevor die Stöhner abgelegt hatten. Als Zunder opferte er seine zerfledderte Ausgabe von Storm Ghoul, so dass das einzige Andenken an seine erloschene Affäre mit Eugenie Fonda zu Asche wurde.
    Schlaff an das Holzkreuz gelehnt, starrte Shreave auf den Golf von Mexiko hinaus und dachte über seine Aussichten nach, die nicht so trübe waren, wie er ursprünglich geglaubt hatte. In der Ferne waren die Positionslichter mehrerer großer Schiffe zu sehen, daher wusste er, dass es lediglich eine Frage der Zeit war, bis jemand ihn bemerkte. Dann wäre eine Lebensentscheidung größeren Ausmaßes gefordert. Eine Rückkehr nach Texas schloss Shreave aus, er verspürte kein Verlangen danach, sich Lilys Zorn und den ätzenden Beschimpfungen seiner Mutter zu stellen. Dass es keine der beiden interessierte, wo er steckte oder was er vorhatte, kam ihm nicht in den Sinn.
    Florida war vielleicht einen Versuch wert, überlegte Shreave. Angeblich gab es in Boca Raton mehr illegale Telemarketing-Firmen als in Kalkutta.
    Er kaute auf einem Sauerteigbrötchen herum, würgte jedoch beinahe an dem lauwarmen Kunstsaft. Die Wellen wisperten ihn in den Schlaf, und als er am Morgen aufwachte, lutschte er an seiner Formel-Eins-Zahnbürste. Als er aufblickte, sah er erschrocken einen großen Vogel mit weißem Kopf auf dem Querbalken des Pseudokreuzes sitzen und sich putzen. Aus zahllosen Dokumentationen des Discovery Channel erkannte er ihn sofort als Weißkopfseeadler.
    »Buh!«, schrie Shreave heiser. »Hau ab!«
    Der Adler war alt und gebeugt, doch seine bernsteingelben Augen blickten ihn durchdringend an. Die gekrümmten Klauen waren größer als Shreaves Hände, und er zweifelte keinen Augenblick daran, dass der Raubvogel ihm mit einem einzigen Angriff das Gesicht wegreißen könnte.
    »Geh weg!«, blökte er zweimal, woraufhin der große Vogel seine grauweiß verschmierten Schwanzfedern hob, eine Riesenladung Kot fallen ließ und davonflog.
    Mit einem jämmerlichen Aufstöhnen rollte Shreave sich die Düne hinab, über die kalte Feuerstelle hinweg und ins Wasser. Dort schlug er hysterisch um sich und mühte sich ab, die klebrige, stinkende Masse aus Federn, Knochen, Fellfetzen, Fischschuppen, Knorpelstückchen und weniger leicht zu identifizierenden Zutaten des kolossalen Adlerschisses abzuwaschen.
    In diesem Zustand kopflosen Elends fand ihn ein vorüberkommender Park Ranger, den Shreaves Geheul auf den Plan gerufen hatte. Nachdem er an Bord des Patrouillenbootes gehievt worden war, wurde er in seiner verdreckten Badehose zur öffentlichen Anlegestelle von Everglades City gebracht. Dort wurde er energisch mit einem Schlauch abgespritzt und von einem Rettungshelfer in Schutzanzug und Gasmaske untersucht.
    Später, gekleidet in grauenvolle karierte Shorts und ein Strickhemd, die vom örtlichen Roten Kreuz stammten, wanderte Shreave allein zum Rod and Gun Club, wo er die MasterCard seiner Frau auf die alte Mahagonibar klatschte. Der Barkeeper war derselbe, der ihm damals den Weg beschrieben hatte, als er und Genie hier angekommen waren, doch der Mann erkannte ihn nicht. Shreaves Auftreten hatte auf Dismal Key durch eine höchst nachteilige Kombination aus Sonnenstich, Windbrand und allgemeinem charakterlichem Verfall erheblich gelitten.
    Nach fünf Coronas fühlte Shreave sich längst nicht mehr so haltlos und verstimmt. Ein Paar Mitte 60, unverkennbar aus dem

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