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Sunrise: Das Buch Joseph (German Edition)

Sunrise: Das Buch Joseph (German Edition)

Titel: Sunrise: Das Buch Joseph (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Roth
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und sang sechzehn Psalmen. Mit jedem gesungenen Psalm aber fielen die Wasser um eintausend Ellen zurück. Bis versiegt waren, in sich zurückgezogen, die Wasser der Tiefe.
    So sprach zu uns die Magd.
    Und ihr Bruder, als er uns reichte neue Kleidung, die seines Herrn, in die wir uns kleideten, fügte hinzu, ebenso furchtbar aber sei dieser Rückzug gewesen, das Versiegen der Wasser der Tiefe, als sie, unterm Singen eines jeden der Psalmen, immer tiefer versiegten, bis sie schließlich zurückgezogen verschwanden. Denn da ward entdeckt, daß die Erde verlor alle Feuchtigkeit, und nicht mehr genügte der himmlische Regen, fruchtbar zu machen das Feld. Da habe David gedichtet weitere fünfzehn Psalmen und sie gesungen. Und sobald er abschloß die Worte und sang den ersten der Psalme, da schlossen sich auf die Wasser der Tiefe und stiegen an um eintausend Ellen. Und stiegen heraufgerufen, mit jedem gesungenen Psalm, bis sie stillstanden eintausend Ellen unter den Äckern der Erde. Da dankte David dem Herrn, der uns fruchtbar behält die Erde, weil Er dem Abgrund – das sind die Wasser der Tiefe – nicht auszuweichen erlaubt hinabwärts, nicht um ein Jota, und nicht über das Maß heraufzusteigen erlaubt, nicht um ein Jota über das Maß.
    Und beide, Bruder und Magd, sagten uns, so aber wäre es nicht gekommen, und keiner der Psalmen wäre je entdeckt und gedichtet noch je von einem gesungen, noch je von einem wiedergelesen, wiedergesprochen im Sang, wenn das Verunreinigende, das man loswerden wollte, nicht wäre. Und darum auch seien die vorsichtig, die es verfluchten. Morgen schon kehre’s als Segen.
    Die Worte aber, die wir gehört, beruhigten uns, wir hätten nicht zu sagen gewußt, warum. So daß wir Kraft genug fanden, in der Nacht abermals aufzubrechen mit ihnen zur Hütte der Alten. Und die Magd und ihr Bruder gaben uns Geleit durch die sandsturmverhangene Stadt, wir hätten nicht zu sagen gewußt, wohin. Und sie führten uns zur Hütte der Alten, die nannten sie Neith.
    Und wir bückten uns und gingen hinein. Und die Magd hieß uns warten. Ihr Bruder aber setzte sich neben den Eingang der Hütte.
    Kapitel 3. Der Mensch
    Nach einiger Zeit trat die Alte hinter einem zerschlissenen Tuch hervor, das ihre Hütte teilte.
    Und als erstes verbot sie uns, Feuer zu entzünden.
    Allerdings, wir Erschöpften durften uns setzen.
    Bruder und Schwester aber hielten Wache beim Eingang, halb nach außen, halb nach innen gewandt.
    Da erklärten wir nochmals, zu welchem Zweck wir gekommen.
    Neith aber sagte, vom Grabe Jesu könne sie uns noch nichts Genaueres sagen. Vom Golgotha jedoch, dem Felsen nahe der mittleren Mauer, wo man früher Verbrecher gekreuzigt, sei heute noch genug zu erkennen. Sollte der Staub des Sturms sich morgen legen, bedürfe es nicht, daß sie führt. Vom Dach des Nachbarhauses aus werde sie auf ihn deuten.
    Da wollten wir uns hinlegen und ruhen in einem Winkel der Hütte auf morgen.
    Neith aber sprach:
    »Den wollt ihr nicht, den ihr sucht und für den ihr glaubt, euer Leben gewagt zu haben. Denn das Seil hätte euch nicht zu mir heraufgezogen, nicht durch die Gassen hinüber zu Neith.
    Sondern eure Brüder hätten überlebt, und ihr säßt jetzt bei dem, zu dem Simeon euch führen wollte, am Ziel. Denn bei mir seid ihr nicht am Ziel, auf dem Weg aber. Wie einer, den ich einst kannte, der war auf dem Weg. Seinethalben seid ihr bei mir.«
    Da antworteten wir: »Wen meinst du?«
    Und Neith sah uns an und sprach: »Ich kenne einen Menschen.«
    Da fragten wir abermals: »Wer ist es?«
    Neith sprach: »Ich kenne einen Menschen, dessentwegen Himmel und Erde geworden sind.«
    Wir sagten nichts mehr, lauschten ihr aber. Denn wir dachten bei uns: Sie meint unseren Herrn.
    Und nochmals sagte Neith – denn sie las in unseren Gesichtern, daß wir viele Geheimnisse zu kennen glaubten, auch dieses, denn gemeint sei ihr Herr und unsrer – und sprach zu uns:
    »Nicht den. Sondern den, der einst Herr eures Herrn war. Den meine ich. Ich rede vom Vater Jesu, rede von Joseph. Vor siebenundsiebzig Jahren ward derselbe entrückt ins Paradies und hörte unaussprechliche Worte.«
    Und Neith sprach, da wir schwiegen: »Wollt ihr sie suchen, zu hören?«
    Kapitel 4. Der Nazoräer
    Und wir antworteten: »Was wurde ihm gesagt, dem Joseph – und warum ins Paradies entrückt der?«
    Da antwortete Neith: »Ihr sprecht, als hätte einer, von dem ihr nichts wißt, dort nichts zu suchen, schon gar nichts zu hören.«
    Und Balthazar

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