Suppenmord: Kommissar Hölderling kocht (German Edition)
war ein Ausdruck ihrer Zuneigung, wie sie nur selten jemand zu spüren bekam. Das wurde ihm in dem Augenblick bewusst, als er, seinen Kopf vor Erschöpfung an den Türrahmen gelehnt, vor der Küche stand. Und weil er diese Erkenntnis, ob sie nun tiefgründig, wahr oder nur tröstlich daherkam, immerhin für tauglich hielt, war er in dem Moment ins Gespräch hineingeplatzt. Er hatte Annelies’ Antwort nicht hören wollen. Nicht auszudenken, was geschehen wäre, wenn Gregor Hölderlings Traum von seiner großen Liebe und der Vorstellung, dass sie beide, komme, was wolle, immer Partners in Crime sein würden, zerplatzt wäre. In seiner Welt würden sie sich immer lieben, auf eine Art, die ein Thomas Struck niemals verstehen würde, egal welche Meriten in sozialer Kompetenz man ihm auch nachsagte.
Armer Viktor. Er hatte sich so viel Mühe gegeben.
Hölderling setzte sich an den Tisch und hauchte Annelies einen Kuss auf die Wange, den sie bereitwillig entgegennahm. «Deinen Freund Viktor treibt die Sorge um, dass Thomas Struck sich Orden anheftet, die ihm nicht gebühren. Ich weiß, dass du es warst, der mich gerettet hat. Am Ende des Tages zählt ja nicht, wer wen auf Händen irgendwo rausträgt. Und Thomas hätte ohne dich nie da sein können. Und er weiß das auch. Orden, Tusch. Und danke, Gregor Hölderling, du bist ein Held. Und du, Viktor, auch.»
Gregor lächelte und trat Viktor unter dem Tisch auf den Fuß. Der verstand den Wink mit dem Zaunpfahl und sagte nur: «Na gut, dass wir mal drüber gesprochen haben. Ich freue mich, heute hier zu sein. Kommen jetzt die ekligen Details aus dem Sektionssaal? Ich brenne darauf. Ich glaube, wir alle brennen darauf, nicht wahr?»
«Warum so zynisch, Herr Liebermann?», sagte Gregor und wandte sich dann Annelies zu. «Also, was gibt es Neues aus den Laboratorien dieser Welt?»
Jobst Freitag stellte einen Teller Suppe vor Hölderling und sagte: «Ihr bedient euch bitte selbst. Da muss ich jetzt nicht bei sein, so gut bin ich im Weghören doch nicht. Wenn ihr was braucht, ich bin oben. Milch ist im Kühlschrank.»
Die drei am Tisch nickten, und Jobst verschwand auf der Treppe zum ersten Stock.
«Was mich besonders interessiert, ist die Flasche mit dem seltsamen Geruch», sagte Hölderling.
«Das wusste ich», sagte Annelies. «Es war definitiv Nikotin drin. Fingerabdrücke weder von Conrad noch von Marielle.»
«Gar keine?», fragte Viktor, der Annelies anschaute, als könne er das Geheimnis der Sphinx durch bloße Beobachtung enträtseln.
«Viktor, hast du etwa eine Idee?»
«Nein. Aber du einen Gesichtsausdruck wie die Edamer Katze. Du hast etwas gefunden.»
«Stimmt. Gretchen Harrisons Fingerabdruck.»
«Das gibt noch mehr Rätsel auf. Hat Gretchen versucht, Marielle umzubringen? Oder wollte sie Conrad töten?», fragte Viktor.
«Ah … die Frage ist, ob sie wusste, dass Marielle Sherry hasste», sagte Hölderling.
Viktor und Annelies guckten ihn mit großen Augen an.
«Was ist? Das hat der Koch mir erzählt. Marielle mochte keinen Sherry.»
«Aber er war doch in der Suppe!», sagte Annelies.
«Ferdinand Bundt hätte nie und nimmer Sherry hineingetan!», erklärte Hölderling im Brustton der Überzeugung und biss in ein Stück Brot.
«Wir werden es wohl nie erfahren. Dass Gretchens Fingerabdruck auf der Flasche war, sagt gar nichts aus. Darüber zu spekulieren hilft auch nicht weiter.»
«Du sagst es, Annelies. Aber Tatsache ist doch», erklärte Viktor, «dass Gretchen seit der Schule hinter Conrad her war. Ich würde sogar behaupten, sie war verzweifelt hinter Conrad her.»
«Und sie hatte immer noch ein Verhältnis mit ihm», fügte Hölderling hinzu.
«Was mal wieder für meine Theorie spricht, dass hormonelle Schwankungen, die ihr Emotionen nennt, kein guter Ratgeber sind.» Annelies lächelte Viktor an, der sich beinahe an seinem Bier verschluckte. «Und übrigens, Gregor, ist dir an der Kleidung von Susan-Moon Mauerberg etwas aufgefallen? Wir hätten es alle sehen können, außer Viktor natürlich, der Constanze nicht persönlich kannte.»
Hölderling nickte. «Ich habe mir die Kleidung angeschaut, in ihrem Dachzimmer im Hotel. Aber da ist es mir noch nicht aufgefallen. Erst als ich die Wohnung von Constanze durchsucht habe und die Koffer mit gänzlich anderer Kleidung fand, dämmerte es mir. Unser Zimmermädchen Sonja Keller trug Constanzes Sachen. Constanze war die ganze Zeit präsent. Keiner hat es bemerkt … bis auf Gretchen vielleicht. Mir
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