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Weltraumroboter

Weltraumroboter

Titel: Weltraumroboter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William C. Anderson
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    Chelonia Mydas, die Seeschildkröte, richtete ein verdrossenes Auge auf den Lautsprecher, der den Countdown über den Sandstrand von Kap Kennedy brüllte.
    »Fünf ...« Beansprucht von dem mütterlichen Tun, ihre Eier in eine sorgfältig ausgescharrte Vertiefung des heißen Strandsandes zu legen, blinzelte die gepanzerte Dame zwar recht indigniert ob solcher Insultierung privatester Verrichtungen, fuhr aber, da gegen den rücksichtslosen Ansturm der Wissenschaft doch nichts zu machen war, gleichzeitig so gelassen wie möglich fort, ihren Beitrag zur Erhaltung des Schildkrötengeschlechtes zu leisten.
    »Vier ...« Die Vögel verstummten, das mannigfaltige Leben in der Strandzone erstarrte; es war, als mache sich alles bereit, den ungeheuren wellenförmigen Erschütterungen zu widerstehen, die bald über die Mesquitabüsche auf den Dünen und über den ganzen Strand hereinbrechen würden.
    »Drei ...« Die äußere Ruhe der Dreistufenrakete, die, mit der gedrungenen Brontosaurus-Raumkapsel auf der Spitze, wie ein enormer silbriger Wurfspieß zum blauen Floridahimmel emporragte, verriet nichts von den zahllosen Funktionen, die jetzt schon im Innern des Himmelsgeschosses vor sich gingen. Als die Kontaktschnur von der Flanke der Rakete abfiel und zur Seite des Startmastes hinüberpendelte, schienen die Aluminiummuskeln des Ungeheuers gespannt zum titanischen Sprung in die blaue Weite des Weltraums. Die herrliche neue Helios-Dreistufenrakete, der Menschheit größter technischer Triumph, eine Zusammenballung unvorstellbarer Kraft, stand bereit, ihre Fracht in eine Satellitenbahn um die Erde zu tragen.
    »Zwei ...« Die Schildkrötendame placierte – nicht ohne Groll auf den Schildkrötenjüngling, der diese mühselige Eierlegerei verschuldet hatte – behutsam ein weiteres Ei in das Sandloch und bedeckte ihren Kopf mit den Vorderflossen.
    »Eins ...« Im nahen Blockhaus saßen zweiunddreißig Männer, die Augen starr auf die Kontrollbildschirme gerichtet, die binnen weniger Sekunden von Gelingen oder Versagen künden würden. Captain Jeffrey McDermott murmelte langsam ausatmend vor sich hin: »Baby, sing für mich ... Sing süß für mich, Baby ...«
    »Zündung ...« Aus den Antriebsdüsen der unteren Raketenstufe brach ein brüllender Flammensturm. Einen Moment lang, der wie eine kleine Ewigkeit wirkte, schien der silbrige Riesenpfeil unsicher auf seinem Feuersaum zu balancieren.
    »Start!« Unter ohrenbetäubendem Getöse begann die Rakete, kaum merklich zuerst, die Halterungen des Startmastes zu verlassen. Als sie ihr Tempo beschleunigte, erhob sich Jubelgeschrei im Blockhaus.
    »Lieblich ist dieser Vogel!« brüllte der Planungschef durch den Lärm. »Hau ab, du Prachtstück! Hau ab!«
    »Baby, sing süß für mich«, murmelte McDermott entrückt. Zwischen seinen Lippen hing vergessen eine unangezündete Zigarette.
    »Beschleunigung wie errechnet«, verkündete ein Ingenieur an den Meßgeräten. Der allgemeine Lärm war verebbt, die Männer wandten sich ihren wieder und wieder geprobten Routineobliegenheiten zu. Sogar der Offizier, der für die Flugsicherheit des Projektils verantwortlich war, schien entspannt; ein erleichtertes Lächeln umspielte seinen Mund.
    »Sing dein süßestes Lied, Ba ...«
    McDermotts Stimme versagte plötzlich. Irgend etwas schien schiefzugehen. Auf den Bildschirmen war ein leichtes Rollen der Rakete zu erkennen – ein Manöver, das in der Aufstiegsphase nicht vorkommen durfte. Seine Augen beobachteten entsetzt, was sein Verstand sich weigerte zu fassen: Die Riesenrakete begann mit zunehmender Vehemenz zu wackeln.
    »Großer Gott, sie schwankt!« brüllte der Planungschef.
    »Das verdammte Leitsystem!« fluchte der Ingenieur an den Kontrollgeräten. Auf den Bildschirmen war zu sehen, wie die Stabilisierungsdüsen vergeblich versuchten, das torkelnde Monstrum wieder auf Kurs zu bringen. Es neigte sich kraftlos vornüber, immer weiter vornüber, bis es eine Drehung von hundertachtzig Grad beschrieben hatte und sich in der Richtung bewegte, aus der es gekommen war.
    »Sie kommt zurück!« schrie überflüssigerweise der Ingenieur an den Kontrollgeräten. »Bereitmachen zur Zerstörung!«
    Dieses Kommando war eine reine Formalität. Der Flugsicherheitsoffizier hatte den Bildschirm seines Monitors nicht aus den Augen gelassen und beim ersten Anzeichen von Schwierigkeiten den Schalthebel für ›Zerstörung‹ entsichert. Jetzt ruhten die Finger seiner rechten Hand auf diesem Hebel,

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