Sushi Für Anfaenger
Blick auf nichts Bestimmtes gerichtet, lag sie im Bett und hörte, wie Stühle über den neuen Terrakotta-Boden schleiften, wie die Hängeschränke der neuen Einbauküche geöffnet und zugeschlagen wurden und den Le-Creuset-Töpfen übel mitgespielt wurde.
Neben ihr lag Dylan im Tiefschlaf; er drehte sich um und warf einen Arm auf sie. Sie kuschelte sich an ihn und suchte Geborgenheit, erstarrte dann, wie so oft, und zog sich vorsichtig wieder zurück, als sie spürte, wie sich seine Erektion gegen ihren Bauch streckte und presste.
Keinen Sex. Das konnte sie nicht ertragen. Sie wollte Zärtlichkeit, aber immer wenn sie sich mit ihrem Körper an seinen schmiegen wollte, erregte es ihn. Besonders am Morgen. Wenn sie sich dann von ihm zurückzog, plagte sie das schlechte Gewissen, aber nicht so heftig, dass sie sich ihm wieder genähert hätte.
Abends standen seine Chancen besser, besonders wenn sie ein paar Gläschen getrunken hatte. Sie verweigerte sich nie länger als einen Monat, weil sie Angst vor dem hatte, was das für ihre Ehe bedeutete. Wenn also der Zeitpunkt näherrückte, arrangierte sie immer ein kleines Gelage und sorgte dafür, dass er alles kriegte, wobei ihre Begeisterung und Erfindungsgabe in direktem Verhältnis zu der Menge Gin standen, die sie sich einverleibt hatte.
Dylan streckte wieder den Arm nach ihr aus, aber mit einer Geschicklichkeit, die sie sich in vielen Monaten erworben hatte, entzog sie sich ihm.
Ein lautes Krachen drang in den ersten Stock.
»Räuberbande«, murmelte Dylan schläfrig. »Die bringen noch das Haus zum Einsturz.«
»Ich geh mal runter und stauch sie zusammen.« Es war besser, sie stand auf.
Als Ashling im Laufe des Vormittags eintraf, war die Rührei-Katastrophe vom Morgen lediglich eine blasse Erinnerung, verdrängt von den Ausschreitungen am Frühstückstisch.
Als Clodagh Ashling die Tür öffnete, war sie gerade in schwierige Verhandlungen mit der engelhaften, blond gelockten Molly verwickelt, bei denen es um das Tragen einer Strickjacke ging. Molly bestand darauf, eine orangefarbene Jacke zu tragen.
»Hallo, Ashling«, sagte Clodagh zerstreut, wandte sich dann wieder Molly zu und beharrte genervt: »Aber du bist zu groß für die Jacke! Die hast du als Baby angehabt. Warum ziehst du nicht diese schöne rosafarbene Strickjacke an?«
»Neiiiin!« Molly versuchte sich aus dem Griff zu befreien.
»Aber dir wird sonst kalt.« Clodagh hielt Molly am Arm fest.
»Neiiiin!«
»Komm mit in die Küche, Ashling.« Clodagh zerrte Molly den Flur entlang. »CRAIG! KOMM SOFORT VON DEM KARUSSELL RUNTER!«
Der gleichfalls engelhafte, blond gelockte Craig war in den Eckschrank in der Küche geklettert und schwang auf der schwenkbaren Ablage, zwischen Tüten mit Reis und Nudeln sitzend, hin und her.
Ashling stellte den elektrischen Wasserkocher an. Ashling und Clodagh waren in unmittelbarer Nachbarschaft voneinander aufgewachsen, und seit der Zeit, als Ashling lieber bei Clodagh war als bei sich zu Hause, waren sie beste Freundinnen.
Clodagh war es gewesen, die Ashling über ihre taillenlose Figur aufgeklärt hatte. Sie hatte Ashling auch zu weiteren Einsichten über sich selbst verholfen, zum Beispiel, als sie sagte: »Du kannst so froh sein, dass du eine Persönlichkeit hast. Ich habe nur mein Aussehen.«
Nicht dass Ashling ihr das übel genommen hätte. Clodagh war nicht bösartig, einfach nur offen, und es wäre eine reine Zeitverschwendung gewesen, hätte man ihre ungewöhnliche Schönheit leugnen wollen. Mit ihrer zierlichen, wohlgeformten Figur, ihrem nordischen Teint und dem langen, goldglänzenden Haar brachte sie den Verkehr zum Erliegen. Was in Dublin allerdings nicht viel heißen wollte, denn da floss der Verkehr ohnehin nur selten.
Ashling hatte gewichtige Neuigkeiten. »Ich habe eine neue Stelle!«
»Seit wann?«
»Schon seit einer Woche«, gestand Ashling, »aber ich habe jeden Tag bis Mitternacht gearbeitet, um die Übergabe an meine Nachfolgerin bei Woman‘s Place vorzubereiten.«
»Ich hatte mich schon gewundert, dass du dich nicht gemeldet hast. Erzähl mir alles ganz genau!«
Aber jedesmal, wenn Ashling anhob, bestand Craig darauf, ihr aus einem Buch, das er verkehrt herum hielt, vorzulesen. Sobald die Aufmerksamkeit nicht auf ihn gerichtet war, lenkte er sie wieder auf sich.
»Geh raus, spielen«, schlug Clodagh vor.
»Aber es regnet.«
»Du bist Ire, du musst dich daran gewöhnen. Mach schon, raus mit dir!«
Kaum war Craig verschwunden,
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