Sushi Für Anfaenger
dass entweder Ashling oder Sally selbst gehen müsste.
Als Zugeständnis nach all den Jahren der treuen Mitarbeit erlaubte man Ashling, so lange zu bleiben, bis sie eine neue Stelle gefunden hatte. Was hoffentlich bald der Fall sein würde.
»Und?« Ashling strich das Jackett glatt und wandte sich zu Ted um.
»Gut.« Ted hob die knochigen Schultern und ließ sie wieder sinken.
»Oder ist dieses hier besser?« Ashling zog ein zweites Jackett an, das in Teds Augen haargenau so aussah wie das erste.
»Gut«, sagte er wieder.
»Welches soll ich anziehen?«
»Eins von beiden.«
»Welches betont meine Taille mehr?«
Ted wand sich. »Fang nicht wieder damit an. Du hast eine Macke, was deine Taille angeht.«
»Ich habe weder eine Taille noch eine Macke.«
»Warum kannst du nicht dauernd von deinem dicken Po reden, wie andere Frauen auch?«
Ashling hatte so gut wie keine Taille, aber wie immer bei schlechten Nachrichten, die einen selbst betrafen, war sie die Letzte, die es mitkriegte. Erst als sie fünfzehn war und ihre beste Freundin seufzend sagte: »Du hast es gut, du hast keine Taille. Meine ist so schmal, dass mein Po schrecklich dick aussieht«, hatte sie die schockierende Entdeckung gemacht.
Während alle anderen Mädchen ihre Teenager-Jahre vor dem Spiegel verbrachten und verzweifelt festzustellen versuchten, ob eine Brust größer war als die andere, fiel Ashlings Blick eine Stufe tiefer. Schließlich hatte sie sich einen Hula-Hoop-Reifen gekauft und im Garten damit geübt. Zwei Monate ließ sie den Reifen rotieren, Tag und Nacht, die Zunge voller Konzentration im Mundwinkel, und alle Mütter aus den angrenzenden Gärten standen an der Hecke, die Arme verschränkt, und nickten sich wissend zu. »Die wird sich noch in ein frühes Grab hula-hoopsen.«
Natürlich bewirkte das unaufhörliche Drehen des Reifens gar nichts. Auch jetzt, sechzehn Jahre später, hatte Ashlings Silhouette keine besondere Einbuchtung in der Mitte.
»Keine Taille zu haben ist nicht das Schlimmste, was einem passieren kann«, sagte Ted ermutigend vom Rande des Geschehens.
»Das stimmt«, sagte Ashling mit beunruhigendem Frohmut. »Man könnte auch hässliche Beine haben. Und wie es der Zufall so will, habe ich welche.«
»Das stimmt nicht.«
»Doch, ich habe sie von meiner Mutter geerbt. Aber wenn ich sonst nichts von ihr geerbt habe«, fuhr Ashling fröhlich fort, »dann komme ich gar nicht so schlecht weg.«
»Als ich gestern mit meiner Freundin im Bett lag...« - Ted wollte unbedingt das Thema wechseln - »... habe ich ihr erzählt, dass die Erde flach ist.«
»Was für eine Freundin? Und was soll das mit der Erde?«
»Nein, so geht das nicht«, murmelte Ted vor sich hin. »Als ich gestern mit meiner Freundin im Bett log ..., habe ich ihr erzählt, dass die Erde flach ist. Trara!«
»Ha ha, sehr gut«, sagte Ashling ohne Überzeugung. Das Schlimmste daran, Teds beste Freundin zu sein, war die Tatsache, dass sie als Testperson für seine neuen Witze herhalten musste. »Darf ich dir einen Vorschlag machen? Wie wär‘s mit: Als ich gestern mit meiner Freundin im Bett log, habe ich ihr gesagt, ich würde sie immer lieben und nie verlassen... Trara«, sagte sie trocken.
»Ich bin spät dran«, sagte Ted. »Soll ich dich mitnehmen?«
Oft nahm er sie auf dem Gepäckträger seines Fahrrads mit, wenn er zu seiner Arbeit bei der Landwirtschaftsbehörde fuhr.
»Nein, danke. Ich muss in die andere Richtung.«
»Viel Glück bei dem Vorstellungsgespräch! Ich guck heute Abend mal vorbei.«
»Daran zweifle ich keinen Moment«, sagte Ashling, mehr zu sich selbst.
»He! Was ist mit deiner Ohrenentzündung?«
»Ist besser geworden. Ich kann mir wieder selbst die Haare waschen.«
3
Ashling entschied sich dann doch für das Jackett Nummer eins. Sie hätte schwören mögen, dass damit eine kleine Einbuchtung ungefähr in der Mitte zwischen ihren Brüsten und ihren Hüften zu erkennen war, und das war ein guter Grund. Nachdem sie lange unschlüssig war, wie sie sich schminken sollte, beschloss sie, Zurückhaltung walten zu lassen, damit man sie nicht für oberflächlich hielt. Doch damit sie nicht zu fade wirkte, holte sie noch die schwarz-weiße Handtasche aus Pferdeleder aus dem Schrank. Dann rieb sie ihren Glück bringenden Buddha, steckte sich den Glück bringenden Kieselstein in die Tasche und ließ ihren Blick einen Moment lang bedauernd auf ihrer Glück bringenden roten Mütze weilen. Aber wie viel Glück konnte ihr eine rote
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