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Tagebuch aus der Hölle (German Edition)

Tagebuch aus der Hölle (German Edition)

Titel: Tagebuch aus der Hölle (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeffrey Thomas
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Blick. Nur einen Moment später richtete er auch den Lauf seines Revolvers auf mich. Ich konnte die Spitzen der verbliebenen Kugeln in seinem Zylinder erkennen.
    Ohne meine Waffe war alles, was ich tun konnte, meine gespreizten Hände zu einem nicht besonders wirkungsvollen Schild zu erheben und zu hoffen, dass die Schmerzen der Regeneration sich nicht zu lange hinziehen würden. Doch Cresil schlug dem Himmelsboten mit solcher Wucht auf den Arm, dass der den Revolver in den Boden abfeuerte. Die Kugel prallte am Boden ab und schoss an der aufheulenden Metallwand entlang, bevor ihr Flug endete. Ehe ein zweiter Schuss fiel, rammte Cresil seine andere Hand, zur Faust geballt, gegen die Kehle des Himmelsboten, der nach hinten gegen die Wand geschleudert wurde. Einen Moment lang schwebte er dort wie benommen auf der Stelle, bevor ihm der Dämon, der nach mir in den Kontrollraum gestürzt war, ein Kurzschwert in den Schädel stieß. Der Dämon trieb die Klinge sägend mit aller Macht immer weiter hinunter, bis das Hirn der Kreatur zwischen ihren auseinanderdriftenden Augen hervorquoll. Sie glitt haltlos an der Wand hinab. Als ich mich umdrehte, erkannte ich, dass es sich bei dem Dämon, der mir in den Kontrollraum gefolgt war, um Chara handelte. Sie war über und über voll Blut, ihre Augen schienen hinter einer blutgesprenkelten Maske hervorzuleuchten.
    »Ich glaube, das war der Letzte«, keuchte sie. Auch draußen, in der Haupthalle, waren keine Schüsse mehr zu hören.
    Cresil und Allatou knieten über Thamuz. Cresil, aus dessen zahlreichen Wunden tiefschwarzes Blut rann, erhob sich schwach, und unsere Blicke trafen sich. »Danke«, sagte ich.
    Er grunzte nur und zwängte sich an mir vorbei durch die Tür.
    »Lasst uns diese unbefleckten Missgeburten aus dem Zug werfen«, sagte ich und trat einem Himmelsboten leicht in die Seite. Dann half ich den anderen, sie aus dem Raum zu zerren.
    Die Vordertür der Schwarzen Kathedrale stand offen, so konnten wir eine Leiche nach der anderen auf die dunklen Schienen hinauswerfen, die sich hinter uns erstreckten. Auch wenn wir es sehr bedauerten, entschlossen wir uns schließlich dazu, auch die Leichen unserer Kameraden zurückzulassen. Dafür stoppten wir die Kathedrale, trugen die Gefallenen hinaus und legten sie neben den Schienen ab – wir konnten sie zwar nicht begraben, aber zumindest lagen sie auch nicht wie Abfall über die Gleise verstreut. Dann setzten wir uns hastig wieder in Bewegung, bevor weitere Himmelsboten an Bord schwärmen konnten.
    In den folgenden Stunden starben dann drei der Verletzten … von den ursprünglich insgesamt vierzig Dämonen waren damit nur noch sechsundzwanzig am Leben. Und natürlich ich selbst. Der Bekehrte.

Achtundsiebzigster Tag
    Heute hielten wir kurz unter der kleinen Stadt Pergamos an, um eine weitere Gruppe von Rebellen aufzusammeln, die aus der Stadt fliehen wollten. Glücklicherweise kamen dieses Mal keine Himmelsboten mit an Bord – die Dämonen aus Pergamos hatten in ihrer Stadt auch überhaupt keine gesehen. So konnten wir unsere Reise ungehindert fortsetzen. Dies erhöhte unsere Zahl auf achtunddreißig. Einer der neu eingetroffenen Männer nickte mir respektvoll zu, während eine der Frauen mich verächtlich angrinste, so als sei ich irgendetwas, das sie gerade entdeckt hatte, weil es an ihrem Absatz klebte.
    Chara schläft in dem Bett über mir – nicht im selben Bett wie ich. Hauptsächlich, um den Schein zu wahren, aber die Matratzen sind in der Tat furchtbar schmal. Trotzdem haben wir es, natürlich, bereits zweimal geschafft, uns gemeinsam in mein Bett zu quetschen und uns, unbeobachtet, zu lieben.

Zweiundachtzigster Tag
    Vielleicht liegt es daran, dass ich mich erst noch daran gewöhnen muss, an einem neuen, fremden Ort zu schlafen, der sich bewegt, aber letzte Nacht hatte ich einen seltsamen Traum. Ich glaube nicht, dass er irgendeine tatsächliche Bedeutung hat, aber er fühlte sich in dem Moment sehr real für mich an – auch noch, als ich aufwachte –, sodass ich mich in gewisser Weise verpflichtet fühle, ihn niederzuschreiben. Er hat mich aufgewühlt.
    In meinem Traum war ich erneut als Gefangener in Oblivion, wie damals, als ich in die Stadt kam. Und wieder teilte ich mir die Zelle mit dieser armen, gebeutelten Kreatur, die allem Anschein nach geisteskrank oder, wie ein anderer Häftling behauptete, autistisch war. Der fehlerhaft regenerierte Kopf des Mannes war von afterartigen Öffnungen umringt, aus denen

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