Tagebuch der Apokalypse 3: Roman (German Edition)
sehe umgeknickte Palmen, die in unsere Richtung gefallen sind, als hätte eine Explosion sie umgeworfen. Ich schau mir mal die Uferzone an.«
»Ja, gut.«
Der Chief suchte langsam die Küste ab. Das, was mehr als einen Kilometer vor der Küste war, wirkte unter der starken Periskopoptik des U-Bootes, als wäre es nur ein paar Meter entfernt. Ausgenommen …
»Mit dem Periskop stimmt was nicht, Sir«, sagte der LI, ohne das Auge vom Okular zu nehmen.
»Was soll das heißen?«
»Die Küste sieht körnig aus. Ich krieg sie nicht schärfer rein.«
»Lassen Sie mich mal.«
Der LI machte Platz und überließ dem Captain das Periskop, der zum ersten Mal seit drei Jahren einen Blick auf die Insel werfen konnte. Damals war er, bevor er sein gegenwärtiges Kommando bekommen hatte, auf einem anderen Boot im dortigen Hafen gewesen.
Larsen schaute sich den Verlauf der Küste an und wartete darauf, dass seine Augen sich an die Lage anpassten. »Ich sehe überhaupt nichts, Chief, was meinen Sie?«
»Der Küstenverlauf ist körnig, Sir. Als wäre etwas mit der Software nicht in Ordnung.«
»Tja, ich hab meine Augenuntersuchung in diesem Jahr verpasst, deswegen ist meine Rezeptierung vielleicht nicht auf dem neuesten Stand. Erinnern Sie mich daran, dass ich den Termin wahrnehme, falls wir je wieder zum Kontinent zurückkommen.«
Hier und da wurde unter den Seeleuten gelacht.
»Mach ich, Sir.«
Der Captain schaute sich nach einem jüngeren Augenpaar um und sah Kil in seiner Latzhose mit einer Kaffeetasse in der Hand in der Nähe stehen.
»Halten Sie doch mal mit Ihren Fliegeraugen Ausschau, Commander.«
»Sie haben’s erkannt, Skipper«, erwiderte Kil, ebenfalls gut gelaunt.
»Ich dachte, ich hätte Ihnen gesagt, dass das hier kein Bereitschaftsraum ist.«
»’tschuldigung, Captain. Ist ’ne alte Angewohnheit von mir«, erwiderte Kil mit dem Anflug eines Lächelns und ging zum Periskop.
Er beugte sich zum Okular vor, und der LI streckte den Arm aus, um die Höhe für ihn anzupassen. Kil nickte dem Mann dankend zu und schaute hinaus.
»Oh, Scheiße.«
»Wie ist die Lage?«
»Mit dem Periskop ist alles in Ordnung, Captain … Was sich da am Ufer rumtreibt, sind einfach nur Scharen von Untoten. Für jene unter Ihnen, die mit schwachen Augen geschlagen sind, wirkt es vielleicht wie schlechte Bildqualität, aber es sieht so aus, als wären es Tausende.«
»Woher können die wissen, dass wir hier sind?«, sagte der Captain wütend und an alle Anwesenden im Ruderhaus gerichtet. »Wir sind schließlich mitten in der Nacht mit einem gottverdammten Schnell-Atom-U-Boot hier angekommen!«
»Ich glaube nicht, dass die das wussten, Captain.«
»Und wieso sind sie dann hier?«
Kil trat an die Tafel und begann zu zeichnen.
»Dies ist eine grobe Skizze von Oahu, Captain. Sie ist zwar nicht kreisrund, aber erkennbar eine Insel. Um zu verstehen, warum die Toten sich an der Nordküste aufhalten, muss man nicht nur verstehen, warum sie sich überhaupt bewegen, sondern auch, wie ihr – nennen wir es mal so – rudimentäres Denken funktioniert. Damit will ich natürlich nicht sagen, dass sie so denken wie wir, sondern eher wie mobile automatische Staubsaugerroboter oder vielleicht das, was bewegungsfähiges Kinderspielzeug antreibt. Ist jemandem von Ihnen der Begriff Diaspora geläufig?«
Ein Seemann hob die Hand und sagte: »Ich bin Jude, ich hab davon gelesen.«
»Tja, dann wissen Sie wahrscheinlich, auf was ich hinaus will. Auf all meinen Reisen durch Gebiete, in denen es von Untoten wimmelte, habe ich gelernt, wo ihre Bewegungsprioritäten liegen. Den größten Einfluss auf die Bewegung von Untoten üben Geräusche aus. An zweiter Stelle steht der visuelle Anreiz von etwas, das sie als lebendig identifizieren. Ist kein Geräusch zu hören, verbreiten sie sich auf die gleiche Weise wie eine gute Zersplitterung bei einer Billardpartie: nach außen hin.«
Der Captain wirkte nun wie ein Schüler im Unterricht, der gerade etwas erfuhr, das ihn brennend interessierte. »Soll das heißen, dass die Toten sich überall an der Küste ausgebreitet haben?«
»Da Oahu zwar eine relativ kleine, doch pro Quadratkilometer relativ dicht bevölkerte Landmasse ist, glaube ich, dass das, was wir an der Nordküste sehen, keine Anomalie ist. Ich bin bereit zu wetten, dass wir, wenn wir die gesamte Insel umrunden, solche Ansammlungen an jedem Strand zu sehen kriegen. Sie haben sich so weit verbreitet, wie es eben geht. Vielleicht gibt es
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