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Tagebuch eines Engels

Tagebuch eines Engels

Titel: Tagebuch eines Engels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carolyn Jess-Cooke
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wahr geworden. Vom Tag ihrer Hochzeit an hatte ein Fluch auf Una und ihm gelastet, redete er sich ein. Wie oft hatte er seine Frau bereits weinen sehen. Wie oft hätte er am liebsten selbst geweint. Mit jeder Enttäuschung kam er der Wahrheit nur einen Schritt näher: dass das Leben grausam ist und mit einem Sarg und Würmern endet.
    Una dagegen verfügte über eine genetisch veranlagte Neigung zum Optimismus.
    Â»Aber … Wie können Sie da so sicher sein?«, plapperte sie los. »Könnte ihr Herz sich denn nicht erholen und stärker werden? Ich habe von Kindern gelesen, die alle möglichen Krankheiten überlebt haben, nachdem sie erst mal ein glückliches Zuhause gefunden hatten …«
    Ich erhob mich. Courage rüttelt mich auf. Immer schon. Seine Courage war es gewesen, die ich an Toby am allermeisten gemocht hatte.
    Â»Nein, nein, nein, nein«, sagte Dr. Edwards und klang dabei etwas kalt. »Ich kann Ihnen versichern, dass wir in diesem Fall richtig liegen. Ventrikuläre Tachykardie ist eine ganz unselige Krankheit und im Moment praktisch unheilbar …«
    Â»Ma ma ma«, sagte Margot.
    Una keuchte und quietschte vor Rührung. »Haben Sie das gehört? Sie hat mich Mama genannt!«
    Dr. Edwards’ Mund stand noch immer offen. Sag noch mal Mama , ermunterte ich Margot. »Ma ma MA!«, sagte sie und kicherte. Was soll ich sagen? Ich war ein verdammt niedliches Kind.
    Una lachte und schaukelte Margot in ihren Armen. Dann wandte sie Dr. Edwards vollends den Rücken zu.
    Natürlich hatte ich mir Margots Herz bereits angesehen. Es war so groß wie eine Pflaume und stotterte ab und zu ein wenig. Das Licht, das von ihm ausging, flackerte manchmal ein bisschen und ließ an Intensität nach. Ich wusste, dass da irgendetwas nicht stimmte. Aber ich konnte mich an keine Herzprobleme erinnern. Also abgesehen davon, dass mir als Teenager das Herz das eine oder andere Mal gebrochen wurde, weil meine Liebe nicht erwidert wurde. Die Sache mit der Herzkrankheit konnte also wohl kaum so ernst sein, wie Dr. Edwards sie jetzt hinstellen wollte.
    Sie wird leben, flüsterte ich Una zu. Einen Moment lang stand sie mucksmäuschenstill, als habe ein lang gehegter Herzenswunsch endlich mit seiner Erfüllung in irgendeiner Ecke des Universums Kontakt aufgenommen. Sie schloss die Augen und sprach ein Gebet.
    In dem Moment sah ich Unas Schutzengel. Ein großer schwarzer Mann tauchte hinter ihr auf, umarmte sie von hinten und drückte seine Wange gegen ihre. Sie schloss die Augen und war für eine kurze Weile von einem weißen Leuchten umgeben. Es war ein wunderschöner Anblick. Das Licht der Hoffnung. Fast ein halbes Jahr im Krankenhaus, und jetzt sah ich es zum ersten Mal. Er sah zu mir auf und zwinkerte mir zu. Dann war er wieder weg.
    Danach drehte sich alles nur noch um Formulare. Hier unterschreiben, da unterschreiben. Dr. Edwards stellte einen ganzen Stapel Rezepte aus und trug eine Reihe von Untersuchungsterminen ein, zu denen Una und Ben mit Margot erscheinen sollten. Ich sah, wie Ben die Farbe aus dem Gesicht wich – er hatte die letzte Nacht nicht geschlafen –, während Una nickte und summte und sang und nicht zuhörte. Also lauschte ich besonders aufmerksam. Als Dr. Edwards die Termine nannte, stupste ich Una an. Schreib die mal besser auf.

    Es war Schwester Harrison, die Margots Namen nach einer langen Diskussion zwischen Dr. Edwards und den Krankenschwestern im Pausenraum bestimmte. Etwas widerwillig hatte sie den Namen ausgesprochen, nachdem Schwester Murphy »Graìnne« vorgeschlagen hatte, was in meinen Ohren gar nicht gut klang. Es war meine bescheidene Wenigkeit, die Schwester Harrison den Namen zuflüsterte. Als die anderen sie fragten, wie sie darauf gekommen war, bezog sie sich auf Margot Fonteyn, die Ballerina. Den Nachnamen, Delacroix, hatte sie von ihrer biologischen Mutter, die mit Vornamen Zola geheißen hatte.
    Ben und Una wohnten in einer der reichsten Gegenden Belfasts, ganz in der Nähe der Universität. Ben arbeitete ziemlich viel von zu Hause aus. Sein Arbeitszimmer nahm die gesamte Dachetage ihres dreistöckigen viktorianischen Hauses ein und lag direkt über Margots Kinderzimmer, das vor Spielsachen in allen Formen und Farben überquoll.
    Ãœber die Zeit, die ich dort verbrachte, legte sich ein Schleier des Argwohns. Irgendetwas war da doch im Busch. Ich konnte mich überhaupt

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