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Tagebücher 1909-1923

Tagebücher 1909-1923

Titel: Tagebücher 1909-1923 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franz Kafka
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stehn, auf einem unmerklich schaukelnden Fußbodenbalken. Von der
    Dämmerung des Zimmers gleich geblendet, wollte es mit dem Gesichte rasch in seine Hände, beruhigte sich aber unversehens mit dem Blick zum Fenster, vor dessen Kreuz der
    hochgetriebene Dunst der tiefen Straßenbeleuchtung endlich unter dem Dunkel liegen blieb. Mit dem rechten Ellbogen hielt sich das Kind vor der offenen Tür aufrecht an der Zimmerwand und ließ den Luftzug von draußen um die Gelenke der Füße streichen auch den Hals, auch die Schläfe n entlang.
    Ich sah ein wenig hin, dann sagte ich "Guntag" und nahm meinen Rock vom Ofenschirm, weil ich nicht so halbnackt dastehn wollte. Ein Weilchen lang hielt ich den Mund offen, damit mich die Aufregung durch den Mund verlasse. Ich hatte schlechten Speichel in mir, im Gesicht zitterten mir die Augenwimpern, in der 1. Stirnecke fühlte ich eine Spannung wie
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    von einem schmerzlosen Flintenschuß, kurz es fehlte mir nichts, als dieser allerdings erwartete Besuch.
    Das Kind stand noch an der Wand auf dem gleichen Platz, es hatte die rechte Hand an die Mauer gepreßt und konnte ganz rotwangig dessen nicht satt werden, daß die weißgetünchte Wand grobkörnig war und die Fingerspitzen rieb, die es immer wieder anschaute.
    Ich sagte: Wollten Sie auch tatsächlich zu mir? Ist es kein Irrtum? Nichts leichter als ein Irrtum in diesem großen Hause.
    Ich heiße so und so, wohne im dritten Stock in Zimmer Nummer 11. Bin ich also der, den Sie besuchen wollten?
    "Ruhe, Ruhe sagte das Kind über die Schulter weg alles ist schon richtig. "
    "Dann kommen Sie weiter ins Zimmer herein, ich möchte die Türe schließen"
    "Die Türe habe ich jetzt gerade geschlossen, machen Sie sich keine Mühe, beruhigen Sie sich überhaupt. "
    Reden Sie nicht von Mühe. Aber auf diesem Gange wohnt eine Menge Leute, alle sind natürlich meine Bekannten; die meisten kommen jetzt aus den Geschäften; wenn sie in einem Zimmer reden hören, glauben sie einfach das Recht zu haben aufzumachen und nachzuschauen, was los ist. Es ist einmal schon so. Diese Leute haben die tägliche Arbeit hinter sich, wem würden sie sich in der provisorischen Abendfreiheit unterwerfen. Übrigens wissen Sie es ja auch. Lassen Sie mich also die Türe schließen
    Ja was ist denn? Was haben Sie? Meinetwegen kann das ganze Haus hereinkommen. Und dann noch einmal, ich habe die Tür schon geschlossen, glauben Sie denn, nur Sie können die Tür schließen? Ich habe sogar mit dem Schlüssel zugesperrt.
    Dann ist ja gut. Mehr will ich ja nicht. Mit dem Schlüssel hätten Sie gar nicht zusperren müssen. Und jetzt machen Sie es sich nur behaglich, wenn Sie schon einmal da sind. Sie sind
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    mein Gast, vertrauen Sie mir völlig. Machen Sie sich nur breit ohne Angst. Ich werde Sie weder zum Hierbleiben zwingen, noch zum Weggehn. Muß ich das erst sagen? Kennen Sie mich so schlecht?
    Nein, Sie hätten das wirklich nicht sagen müssen. Noch mehr, Sie hätten das gar nicht sagen sollen. Ich bin ein Kind warum soviel Umstände mit mir machen?
    So schlimm ist es nicht. Natürlich ein Kind, aber gar so jung sind Sie nicht. Sie sind schon ganz erwachsen. Nehmen sie es mir nicht übel, sie sind schon in einem mir unangenehmen Alter.
    Wenn Sie ein Mädchen wären, dürften Sie sich nicht so einfach mit mir in einem Zimmer einsperren. Es müßte denn sein, ich gefiele Ihnen
    Darüber müssen wir uns keine Sorgen machen. Ich wollte nur sagen, daß ich Sie gut kenne, schützt mich wenig, es enthebt Sie nur der Anstrengung, mir etwas vorzulügen. Trotzdem aber machen Sie mir Komplimente, lassen Sie das, ich fordere Sie auf, lassen Sie das. Dazu kommt, daß ich Sie nicht überall und immerfort kenne, gar bei dieser Finsternis. Es wäre viel besser, wenn Sie Licht machen ließen. Nein lieber nicht. Immerhin werde ich mir merken, daß Sie mir schon gedroht haben.
    Wie? Ich hätte Ihnen gedroht? Aber ich bitte Sie. Ich bin ja so froh, daß Sie endlich hier sind. Ich sage endlich, weil es schon so spät ist. Es ist mir unbegreiflich, warum Sie so spät gekommen sind. Da ist es möglich, daß ich in der Freude so durcheinander gesprochen habe und daß Sie es gerade so verstanden haben. Daß ich so gesprochen habe, gebe ich zehnmal zu, ja ich habe Ihnen mit allem gedroht was Sie wollen.
    – Nur keinen Streit mit einern Gast. – Aber wie konnten Sie es für wahr halten, wie konnten Sie mich so kränken, warum wollen Sie mir mit aller Gewalt dieses kleine Weilchen Ihres

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