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Tagebücher

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Titel: Tagebücher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franz Kafka
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kommt, keine Zeit zu haben erklärt und sie in den Morgennebel hinausgekehrt hätte, wenn sie nicht freiwillig weggelaufen wären. Als die Stube ein wenig gereinigt war, bekamen sie zwei große Kaffeetöpfe bis hinauf gefüllt auf den Tisch gestellt. Wie sie aber mit dem Löffel in ihrem Kaffee herumrührten, kam immer von Zeit zu Zeit etwas großes, dunkles, rundes an die Oberfläche. Sie dachten, es werde sich mit der Zeit aufklären, und tranken mit Appetit bis sie angesichts des halbleeren Topfes und der dunklen Sache doch Angst bekamen und die Magd um Rat fragten. Da zeigte es sich, daß das Schwarze altes geronnenes Gänseblut war, das von dem vortägigen Festessen her in den Töpfen geblieben war und über das man im Morgendusel den Kaffee einfach eingegossen hatte. Sofort liefen die Jungen heraus und erbrachen alles bis auf das letzte Tröpfchen.
    Später wurden sie zum Pfarrer vorgerufen, der nach einer kurzen Prüfung aus der Religion feststellte, daß sie brave Jungen seien, ihnen von der Köchin eine Suppe servieren ließ und sie dann mit seinem geistlichen Segen verabschiedete. Diese Suppe und diesen Segen ließen sie sich als Zöglinge eines von Geistlichen geleiteten Gymnasiums in fast allen Pfarrorten geben, durch die sie kamen.

    20. (September 1912) Briefe an Löwy und Frl. Taussig gestern, an Frl. Bauer und Max heute.

    Es war an einem Sontagvormittag im schönsten Frühjahr. Georg Bendemann, ein junger Kaufmann, saß in seinem Privatzimmer im ersten Stock eines der niedrigen leichtgebauten Häuser, die entlang des Flusses in einer langen Reihe fast nur in der Höhe und Färbung unterschieden sich hinzogen. Er hatte gerade einen Brief an einen sich jetzt im Ausland befindenden Jugendfreund beendet, verschloß ihn in spielerischer Langsamkeit und sah dann den Elbogen auf den Schreibtisch gestützt aus dem Fenster auf den Fluß, die Brücke und die Anhöhen am andern Ufer mit ihrem schwachen Grün. Er dachte darüber nach, wie dieser Freund, mit seinem Fortkommen zuhause unzufrieden, vor Jahren schon nach Rußland sich förmlich geflüchtet hatte. Nun betrieb er ein Geschäft in Petersburg, das anfangs sich sehr gut angelassen hatte, seit langem aber schon zu stocken schien, wie der Freund bei seinen immer seltener werdenden Besuchen klagte. So arbeitete er sich in der Fremde nutzlos ab, der fremdartige Vollbart verdeckte nur schlecht das seit den Kinderjahren wohl bekannte Gesicht, dessen gelbe Hautfarbe auf eine sich entwickelnde Krankheit hinzudeuten schien. Wie er erzählte hatte er keine rechte Verbindung mit der dortigen Kolonie 139
    seiner Landsleute, aber auch fast keinen gesellschaftlichen Verkehr mit einheimischen Familien und richtete sich so für ein endgiltiges Junggesellentum ein.

    Was sollte man einem solchen Manne schreiben, der sich offenbar verrannt hatte, den man bedauern, dem man aber nicht helfen konnte. Sollte man ihm vielleicht raten, wieder nachhause zu kommen, seine Existenz hierherverlegen, alle die alten freundschaftlichen Beziehungen wieder aufzunehmen, wofür ja kein Hindernis bestand und im übrigen auf die Hilfe der Freunde vertrauen.
    Das bedeutete aber nichts anderes als daß man ihm gleichzeitig je schonender desto kränkender sagte, daß seine bisherigen Versuche mißlungen seien, daß er endlich von ihnen ablassen solle, daß er zurückkehren und sich als ein für immer Zurückgekehrter von allen mit großen Augen anstaunen lassen müsse, daß nur seine Freunde etwas verstünden und daß er ein altes Kind sei, das den erfolgreichen zuhausegebliebenen Kameraden einfach zu folgen habe. Und war es dann noch sicher, daß alle die Plage, die man ihm antun müßte, einen Zweck hätte. Vielleicht gelang es nicht einmal ihn überhaupt nachhausebringen, er sagte ja selbst, daß er die Verhältnisse in der Heimat nicht mehr verstünde, und so bliebe er dann trotzdem in seiner Fremde, verbittert durch die Ratschläge und den Freunden noch ein Stück mehr entfremdet. Folgte er aber wirklich dem Rat und würde hier, natürlich nicht mit Absicht, aber durch die Tatsachen niedergedrückt, fände sich nicht in seinen Freunden und nicht ohne sie zurecht, litte an Beschämung, hätte jetzt wirklich keine Heimat und keine Freunde mehr, war es da nicht viel besser für ihn, er blieb in der Fremde so wie er war. Konnte man denn bei solchen Umständen daran denken, daß er es hier tatsächlich vorwärtsbringen würde.

    Aus diesen Gründen konnte man ihm, wenn man noch überhaupt die

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