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Tagebücher

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Titel: Tagebücher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franz Kafka
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suchen. Alle diese Palästinafahrer (Bergmann, Dr. Kellner) haben gesenkte Blicke, fühlen sich von den Zuhörern geblendet, fahren mit den gestreckten Fingern auf dem Tisch herum, kippen mit der Stimme um, lächeln schwach und halten dieses Lächeln mit etwas Ironie aufrecht. - Dr. Kellner erzählte, daß seine Schüler Chauvinisten sind, immerfort die Makkabäer im Munde haben und ihnen nachgeraten wollen.

    Ich merke daß ich dem Dr. Schiller nur deshalb so gern und gut geschrieben habe, weil das Frl.
    Bauer sich in Breslau, allerdings schon vor 14 Tagen, aufgehalten hat, und eine Witterung dessen noch in der Luft ist, da ich früher viel daran gedacht habe, ihr durch Dr. Schiller Blumen schicken zu lassen.

    15. (September 1912) Verlobung meiner Schwester Valli

    Aus dem Grunde der Ermattung steigen wir

    mit neuen Kräften

    Dunkle Herren welche warten bis die Kinder sich entkräften

    Liebe zwischen Bruder und Schwester - die Wiederholung der Liebe zwischen Mutter und Vater Die Vorahnung des einzigen Biographen

    Die Höhlung, welche das geniale Werk in das uns Umgebende gebrannt hat, ist ein guter Platz, um sein kleines Licht hineinzustellen. Daher die Anfeuerung, die vom Genialen ausgeht, die allgemeine Anfeuerung, die nicht nur zur Nachahmung treibt.

    18. (September 1912) Die gestrigen Geschichten des Hubalek im Bureau. Der Steinklopfer, der ihm auf der Landstraße einen Frosch abbettelte, ihn bei den Füßen festhielt, und mit dreimaligem Beißen zuerst das Köpfchen, dann den Rumpf und endlich die Füße hinunterschlang. - Die beste Methode, Katzen, die ein sehr zähes Leben haben, zu töten: man quetscht den Hals zwischen eine geschlossene Tür und zieht am Schwanz. - Seine Abneigung gegen Ungeziefer. Beim Militär juckte ihn einmal in der Nacht etwas unter der Nase, er griff im Schlaf hin und zerdrückte etwas. Das etwas war aber eine Wanze und er trug den Gestank davon tagelang mit sich herum. - Vier aßen einen fein hergerichteten Katzenbraten, aber nur drei wußten, was sie aßen. Nach dem Essen fiengen die drei zu miauen an, aber der vierte wollte es nicht glauben, erst bis man ihm das blutige Fell zeigte, glaubte er es, konnte nicht rasch genug hinauslaufen, um alles wieder herauszubrechen und war zwei Wochen schwer krank. - Dieser Steinklopfer aß nichts als Brot und was er sonst zufallig an Obst oder an Lebendem bekam und trank nichts, als Branntwein. Schlief im Ziegelschupfen einer Ziegelei. Einmal traf ihn der Hubalek in der Dämmerung auf den Feldern.
    "Bleib stehn" sagte der Mann oder - Hubalek blieb zum Spaß stehn. "Gib mir deine Zigarette" sagte der Mann weiter. Hub. gab sie ihm. "Gib mir noch eine!" So Du willst noch eine? fragte ihn Hub., hielt seinen Knotenstock für jeden Fall in der Linken bereit und gab ihm mit der rechten einen 138
    Schlag ins Gesicht, daß ihm die Zigarette entfiel. Der Mann lief auch, feig und schwach, wie solche Schnapstrinker sind, sofort weg.

    Gestern bei Bergmann mit Dr. Löw. Lied von Reb Dovidl, Reb Dovidl, der Wassilkower fährt heint nach Tale. In einer Stadt zwischen Wassilko und Tale gleichgiltig, in Wassilko weinend, in Tale froh gesungen.

    19. (September 1912) Kontrollor Pokorny erzählt von der Reise, die er als 13jähriger Junge mit 70
    Kreuzer in der Tasche in Begleitung eines Schulkameraden ausführte. Wie sie am Abend in ein Wirtshaus kamen, wo eine ungeheuere Sauferei im Gange war, zu Ehren des Bürgermeisters der vom Militär zurückgekommen war. Mehr als 50 leere Bierflaschen standen auf dem Fußboden.
    Alles war voll vom Rauch der Pfeifen. Der Gestank der Bierkäsl. Die zwei kleinen Jungen an der Wand. Der betrunkene Bürgermeister, der in der Erinnerung an das Militär überall Ordnung schaffen will, kommt auf sie zu und droht sie als Ausreißer, wofür er sie trotz aller Erklärungen hält, per Schub nachhause befördern zu lassen. Die Jungen zittern, zeigen Ausweiskarten des Gymnasiums, deklinieren mensa, ein halbbetrunkener Lehrer schaut zu, ohne zu helfen. Ohne eine klare Entscheidung über ihr Schicksal zu bekommen, werden sie gezwungen mitzutrinken, sind sehr zufrieden umsonst soviel gutes Bier zu bekommen, das sie sich mit ihren kleinen Mitteln niemals hätten gönnen dürfen. Sie trinken sich voll und legen sich dann tief in der Nacht nach dem Abmarsch der letzten Gäste in diesem Zimmer, das nicht gelüftet wurde, auf dünn aufgeschüttetes Stroh schlafen und schlafen wie Herren. Nur daß um 4 Uhr eine riesige Magd mit dem Besen

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