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Tagebücher

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Titel: Tagebücher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franz Kafka
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zeigt sich, daß es etwas ganz anderes enthält, ein Verzeichnis der Berliner Schulen, eine Steuerstatistik oder etwas derartiges. Ich will es nicht glauben, aber man weist es mir lächelnd ganz zweifellos nach.

    14. II 14

    Wenn ich mich töten sollte, hat ganz gewiß niemand schuld, selbst wenn z. B. die offenbare nächste Veranlassung F.'s Verhalten sein sollte. Ich habe mir selbst schon einmal im Halbschlaf die Szene vorgestellt, die es ergeben würde, wenn ich in Voraussicht des Endes den Abschiedsbrief in der Tasche in ihre Wohnung käme, als Freier abgewiesen würde, den Brief auf den Tisch legte, zum Balkon gienge, von allen, die hinzueilen gehalten mich losreißen und die Balkonbrüstung, während eine Hand nach der andern ablassen muß, überspringen würde. In dem Brief aber stünde, daß ich F.'s wegen zwar hinunterspringe, daß sich aber auch bei Annahme meines Antrages nichts wesentliches für mich geändert hätte. Ich gehöre hinunter, ich finde keinen andern Ausgleich, F. ist zufällig die, an der sich meine Bestimmung erweist, ich bin nicht fähig, ohne sie zu leben und muß hinunterspringen, ich wäre aber - und F. ahnt dies - auch nicht fähig mit ihr zu leben. Warum nicht die heutige Nacht dazu verwenden, schon erscheinen mir die Redner des heutigen Elternabends, die vom Leben und von der Schaffung seiner Bedingungen redeten, - aber ich halte mich an Vorstellungen, ich lebe ganz verwickelt ins Leben, ich werde es nicht tun, ich bin ganz kalt, bin traurig, daß ein Hemd um den Hals mich drückt, bin verdammt, schnappe im Nebel.

    15 II 14

    Wie lang mir dieser Samstag und Sonntag im Rückblick scheint. Ich habe mir gestern nachmittag die Haare scheren lassen, dann den Brief an Bl. geschrieben, bin dann einen Augenblick lang bei Max gewesen in der neuen Wohnung, dann Elternabend neben L. W., dann Baum (in der Elektrischen Krätzig getroffen "Notstich"), dann auf dem Rückweg Maxens Klagen über mein Stummsein, dann die Selbstmordlust, dann die Schwester vom Elternabend zurückgekommen, unfähig das geringste zu berichten. Bis 10 im Bett, schlaflos, Leid und Leid. Kein Brief nicht hier, nicht im Bureau, Brief an Bl. auf der Franz Josefs Bahn eingeworfen, Nachmittag Gerke, Spaziergang an der Moldau, Vorlesung in seiner Wohnung, merkwürdige Mutter beim Butterbrotessen und Patiencelegen, allein 2 Stunden herumgegangen, entschlossen Freitag nach Berlin zu fahren, Khol getroffen, zuhause mit Schwagern und Schwestern, dann bei Weltsch Besprechung der Verlobung (Kerzenauslöschen des Joine Kisch) dann zuhause Versuche aus der Mutter durch Schweigen Mitleid und Hilfe herauszulocken, jetzt Schwester, erzählt vom Clubabend, es schlägt 3/4 12.

    204

    Ich sagte bei Weltsch, um die aufgeregte Mutter zu trösten: "Ich verliere ja Felix durch diese Heirat auch. Ein verheirateter Freund ist keiner." F. sagte nichts, konnte natürlich auch nichts sagen, aber er wollte es nicht einmal.

    Das Heft fängt mit Felice an, die mir am 2. V 13 den Kopf unsicher machte, ich kann mit diesem Anfang das Heft auch schließen, wenn ich statt unsicher ein schlimmeres Wort nehme.

    205

    Heft 9

    Ich trete aus dem Haus um einen kleinen Spaziergang zu machen. Es ist schönes Wetter aber die Gasse ist auffallend leer, nur in der Ferne steht ein städtischer Bediensteter mit dem Wasserschlauch in der Hand und spritzt einen ungeheueren Bogen Wassers die Gasse entlang.
    "Unerhört" sage ich und prüfe die Spannung des Bogens. "Ein kleiner städtischer Bediensteter"
    sage ich und blicke wieder auf den Mann in der Ferne. An der Ecke der nächsten Quergasse fechten zwei Herren, stoßen zusammen, fliegen eine weite Strecke auseinander, belauern einander und sind schon wieder beisammen. "Hört doch zu fechten auf, Ihr Herren" sage ich.

    Der Student Kosel saß an seinem Tisch und studierte. Er war so in seine Arbeit vertieft, daß er das Dunkelwerden gar nicht merkte, das in diesem schlecht gelegenen Hofzimmer trotz des hellen Maitages schon gegen vier Uhr nachmittag begann. Die Lippen aufgestülpt, die Augen ohne es zu wissen tief zum Buch geneigt, las er. Manchmal unterbrach er sich, schrieb in ein Heftchen kurze Auszüge des Gelesenen ein und murmelte dann mit geschlossenen Augen das Geschriebene auswendig vor sich hin. Gegenüber seinem Fenster, nicht fünf Meter weit war eine Küche, in der ein Mädchen Wäsche bügelte und manchmal zu Kosel hinübersah.

    Plötzlich legte Kosel den Bleistift hin und horchte zur Decke hinauf.

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