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Tagebücher

Tagebücher

Titel: Tagebücher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franz Kafka
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Irgendjemand gieng, offenbar bloßfüßig, in dem Zimmer oben herum und machte Runde um Runde. Bei jedem Schritt patschte es laut auf, wie wenn man ins Wasser tritt. Kosel schüttelte den Kopf. Diese Spaziergänge oben, die er seit dem Einzug eines neuen Mieters, etwa seit einer Woche erdulden mußte, bedeuteten wenn er sich nicht irgendwie wehrte das Ende nicht nur seines heutigen Studiums, sondern seines Studiums überhaupt. Kein durch geistige Arbeit angestrengter Kopf konnte das ertragen.

    Es gibt irgendwelche Beziehungen, die ich deutlich fühle, die ich aber zu erkennen nicht imstande bin. Es würde genügen, ein kleines Stück tiefer unterzutauchen, aber gerade hier wird der Auftrieb so stark, daß ich glauben könnte auf dem Grunde des Wassers zu sein, fühlte ich nicht die Strömungen unter mir ziehn. Jedenfalls wende ich mich der Höhe zu, von wo mich der tausendfach gebrochene Schein des Lichtes trifft. Ich steige und treibe mich oben herum, trotzdem ich alles Obere hasse und von ihm

    "Herr Direktor, ein neuer Schauspieler ist gekommen" hörte man deutlich den Diener melden, denn die Tür ins Vorzimmer war vollständig geöffnet. "Ich will Schauspieler erst werden" sagte Karl für sich und stellte so die Meldung des Dieners richtig. "Wo ist er?" sagte der Direktor und streckte den Hals.

    21. VI 14 Verlockung im Dorf.

    Der alte Junggeselle mit der geänderten Barttracht

    Die weißgekleidete Frau mitten im Hof des Kinskyschlosses. Deutliche Schattierung der hohen Busenwölbung trotz der Entfernung. Starrer Sitz.

    Ich kam einmal im Sommer gegen Abend in ein Dorf in dem ich noch nie gewesen war. Mir fiel auf wie breit und frei die Wege waren. Überall vor den Bauernhöfen sah man hohe alte Bäume. Es war nach einem Regen, die Luft gieng frisch, mir gefiel alles so gut. Ich suchte es durch meinen Gruß den Leuten zu zeigen die vor den Toren standen, sie antworteten freundlich, wenn auch zurückhaltend. Ich dachte daß es gut wäre hier zu übernachten, wenn ich einen Gasthof fände.

    206

    Ich gieng gerade an der hohen grünbewachsenen Mauer eines Hofes vorüber, als eine kleine Tür in dieser Mauer sich öffnete, drei Gesichter hervorsahn, verschwanden und die Tür sich wieder schloß. "Sonderbar" sagte ich seitwärts, als hätte ich einen Begleiter. Und tatsächlich stand neben mir, wie um mich verlegen zu machen, ein großer Mann, ohne Hut und Rock, in einer gestrickten schwarzen Weste und rauchte eine Pfeife. Ich faßte mich rasch und sagte, als hätte ich schon früher von seiner Anwesenheit gewußt: "Diese Tür! Haben Sie auch gesehn, wie sich diese kleine Tür geöffnet hat. " "Ja" sagte der Mann "aber warum soll das sonderbar sein, es waren die Kinder des Pächters. Sie haben Ihre Schritte gehört und nachgesehn, wer so spät abend hier geht." "Das ist allerdings eine einfache Erklärung" sagte ich lächelnd "einem Fremden kommt leicht alles sonderbar vor. Ich danke Ihnen. " Und ich gieng weiter. Aber der Mann folgte mir. Ich wunderte mich nicht eigentlich darüber, der Mann konnte den gleichen Weg haben, aber es war kein Grund, warum wir hintereinander und nicht nebeneinander gehn sollten. Ich drehte mich um und sagte: "Ist hier der richtige Weg zum Gasthof?" Der Mann blieb stehn und sagte: Einen Gasthof haben wir nicht oder vielmehr wir haben einen, aber er ist unbewohnbar. Er gehört der Gemeinde und sie hat ihn schon vor Jahren, da sich niemand um ihn beworben hat, einem alten Krüppel vergeben, für den sie bisher hatte sorgen müssen. Der verwaltet jetzt mit seiner Frau den Gasthof undzwar so, daß man kaum an der Tür vorübergehn kann, so groß ist der Gestank, der herauskommt. In der Wirtstube gleitet man vor Schmutz aus. Eine elende Wirtschaft, eine Schande des Dorfes, eine Schande der Gemeinde. Ich hatte Lust dem Mann zu widersprechen, sein Aussehn reizte mich dazu, dieses im Grunde magere Gesicht mit gelblichen, lederartigen schwach gepolsterten Wangen und schwarzen nach den Kieferbewegungen durch das ganze Gesicht irrenden Falten. "So" sagte ich, ohne weiteres Staunen über diese Verhältnisse auszudrücken und fuhr dann fort: "Nun, ich werde doch dort wohnen da ich nun einmal entschlossen bin, hier zu bernachten." "Dann allerdings" sagte der Mann hastig "ins Gasthaus müssen Sie aber hier gehn" und er zeigte mir die Richtung aus der ich gekommen war. "Gehn Sie bis zur nächsten Ecke und biegen Sie dann rechts ein. Sie werden dann gleich eine Gasthaus-Tafel sehn. Dort ist es. " Ich

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