Tagebücher
sinnlos, hier den Kindern nachzulaufen. " Aber ich lief doch weiter, ich hatte ja auch noch Hut, Stock und Rucksack oben auf dem Boden. Aber wie die Kinder liefen! Das mondbeleuchtete Zimmer hatten sie, wie ich deutlich gesehen hatte, mit wehenden Hemden in zwei Sprüngen durchflogen. Mir fiel ein, daß ich für den Mangel an Gastfreundschaft in diesem Hause gebührend dankte, indem ich die Kinder aufgescheucht hatte, einen Rundlauf durchs Haus veranstaltete, selbst statt zu schlafen das Haus durchlärmte (die Schritte der bloßen Kinderfüße waren neben meinen schweren Stiefeln kaum zu hören) und nicht einmal wußte, was sich noch als Folge alles dessen ergeben sollte. Plötzlich leuchtete es hell auf. In einem vor uns sich öffnenden Zimmer mit einigen weit offenen Fenstern saß bei einem Tisch eine zarte Frau und schrieb beim Licht einer großen schönen Stehlampe. "Kinder! " rief sie erstaunt, mich sah sie noch nicht, ich blieb vor der Tür im Schatten. Die Kinder stellten den Hund auf den Tisch, sie liebten die Frau wohl sehr, immerfort suchten sie ihr in die Augen zu sehn, ein Mädchen ergriff ihre Hand und streichelte sie, sie ließ es geschehn und merkte es kaum. Der Hund stand vor ihr auf dem Briefbogen auf dem sie eben geschrieben hatte, und streckte ihr seine zitternde kleine Zunge entgegen, die man knapp vor dem Lampenschirm deutlich sah. Die Kinder baten nun hierbleiben zu dürfen und suchten der Frau eine Zustimmung abzuschmeicheln. Die Frau war unentschlossen, erhob sich, streckte die Arme aus, zeigte auf das eine Bett und den harten Boden.
Die Kinder wollten das nicht gelten lassen, und legten sich zur Probe auf den Boden nieder, wo sie gerade standen; ein Weilchen lang war alles still. Die Frau blickte lächelnd die Hände im Schooß gefaltet auf die Kinder nieder. Hie und da hob ein Kind den Kopf aber da es auch noch die andern liegen sah, legte es sich wieder zurück
Ich kam an einem abend etwas später als sonst aus dem Bureau nachhause - ein Bekannter hatte mich unten vor dem Haustor lange aufgehalten - und öffnete noch in Gedanken an das Gespräch, das sich hauptsächlich um Standesfragen gedreht hatte, mein Zimmer, hieng den Überrock an den Haken und wollte zum Waschtisch gehn, da hörte ich fremde kurze Atemzüge. Ich sah auf und bemerkte auf der Höhe des tief in einen Winkel gestellten Ofens im Halbdunkel etwas Lebendiges.
Gelblich glänzende Augen blickten mich an, unter dem unkenntlichen Gesicht lagen zu beiden Seiten große runde Frauenbrüste auf dem Gesimse des Ofens auf, das ganze Wesen schien nur aus aufgehäuftem weichen weißen Fleisch zu bestehn, ein dicker langer gelblicher Schwanz hieng am Ofen herab, sein Ende strich fortwährend zwischen den Ritzen der Kacheln hin und her.
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Das erste was ich tat, war, daß ich mit großen Schritten und tief gesenktem Kopf - Narrheit!
Narrheit! wiederholte ich leise wie ein Gebet - zu der Türe gieng, die in die Wohnung meiner Vermieterin führte. Erst später bemerkte ich, daß ich ohne zu klopfen eingetreten war. Fräulein Hefter
Es war um Mitternacht. Fünf Männer hielten mich, über sie hinweg hob ein sechster seine Hand um mich zu fassen. "Los" rief ich und drehte mich im Kreis, daß alle abfielen. Ich fühlte irgendwelche Gesetze herrschen, hatte bei der letzten Anstrengung gewußt, daß sie Erfolg haben werde, sah wie alle Männer jetzt mit erhobenen Armen zurückflogen, erkannte, daß sie im nächsten Augenblick alle gemeinsam gegen mich stürzen müßten drehte mich zum Haustor um - ich stand knapp davor -
öffnete das förmlich freiwillig und in ungewöhnlicher Eile aufspringende Schloß und entwich die dunkle Treppe hinauf. Oben im letzten Stock stand in der Wohnungstür meine alte Mutter mit einer Kerze in der Hand. "Gib acht, gib acht" rief ich schon vom vorletzten Stockwerk hinauf "sie verfolgen mich." "Wer denn? Wer denn?" fragte meine Mutter. "Wer könnte Dich denn verfolgen, mein Junge. " "Sechs Männer" sagte ich atemlos. "Kennst Du sie" fragte die Mutter. "Nein, fremde Männer" sagte ich. "Wie sehn sie denn aus?" "Ich habe sie ja kaum gesehn. Einer hat einen schwarzen Vollbart, einer einen großen Ring am Finger, einer hat einen roten Gürtel, einer hat die Hosen an den Knien zerrissen, einer hat nur ein Auge offen und der letzte zeigt die Zähne." "Jetzt denke nicht mehr daran", sagte die Mutter, "geh in Dein Zimmer, lege Dich schlafen, ich habe aufgebettet. " Die Mutter! diese alte Frau! schon
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