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Tagebücher

Tagebücher

Titel: Tagebücher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franz Kafka
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Geld, es wäre, glaube mir, kinderleicht für mich, die Sorge zu tragen. Aber ich trage leider bloß die Sorgen, kann aber sonst aus Gründen, die allerdings hauptsächlich in mir liegen nicht selbst eingreifen. Alles was ich tue ist daß ich einmal im Monat herkomme und ein zwei Stunden hier sitze. Das ist an sich sinnlos, schadet und nützt niemandem und ist nur ein vergeblicher Versuch meinem Verantwortlichkeitsgefühl und meinen Sorgen zu entsprechen. Daß Du auch daran etwas auszusetzen findest, ist ebenso lächerlich als anmaßend. Ich bin nicht hergekommen um das Kassabuch anzusehn, das ist unwahr, trotzdem ich berechtigt und verpflichtet gewesen wäre, es zu tun; ich bin vielmehr hergekommen zu dem gleichen selbstsüchtigen Zweck, wie immer, nämlich um mich zu beruhigen; daß Du weg warst, wäre für mich eher eine Veranlassung gewesen, nicht hinzugehn, denn ich will ja eben immer Dich hören. Trotzdem gieng ich her, weil es mir gerade paßte und weil ich auch sehen wollte, ob nicht in Deiner Abwesenheit irgendetwas Wichtiges sich ereignet hat. Daß ich gerade das Kassabuch durchgesehen habe, war Zufall und Zerstreutheit, ich hätte ebensogut beispielsweise die Gummizeitung durchsehn können. Dann fand ich allerdings im Kassabuch einige Posten, die mich begreiflicher Weise interessierten.

    Du sollst auch eine abfällige Bemerkung darüber gemacht haben, daß der Vater dafür, daß E. u. die K. bei uns leben, eine Entschädigung annimmt. Was geht Dich denn das an? Wie darfst Du denn darüber urteilen.

    30 XI 14 Ich kann nicht mehr weiterschreiben. Ich bin an der endgiltigen Grenze, vor der ich vielleicht wieder Jahre lang sitzen soll, um dann vielleicht wieder eine neue, wieder unfertig bleibende Geschichte anzufangen. Diese Bestimmung verfolgt mich. Ich bin auch wieder kalt und sinnlos, nur die greisenhafte Liebe für die vollständige Ruhe ist geblieben. Und wie irgendein gänzlich vom Menschen losgetrenntes Tier schaukele ich schon wieder den Hals und möchte versuchen für die Zwischenzeit wieder F. zu bekommen. Ich werde es auch wirklich versuchen, falls mich die Übelkeit vor mir selbst nicht daran hindert.

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    2. (Dezember 1914) Nachmittag bei Werfel mit Max und Pick. "In der Strafkolonie" vorgelesen, nicht ganz unzufrieden, bis auf die überdeutlichen unverwischbaren Fehler. Werfel Gedichte und 2
    Akte aus "Esther Kaiserin von Persien". Die Akte fortreißend. Ich lasse mich aber leicht verwirren.
    Die Aussetzungen und Vergleiche, die Max, der nicht ganz mit dem Stück zufrieden ist, vorbringt, stören mich und ich halte das Stück in der Erinnerung beiweitem nicht mehr so in der Gesamtheit fest, wie während des Zuhörens, als es über mich herfiel. Erinnerung an die Jargonschauspieler.
    W.'s schöne Schwestern. Die ältere lehnt am Sessel, schaut seitwärts öfters in den Spiegel, zeigt, doch schon genügend von meinen Augen verschlungen, mit einem Finger leicht auf eine Brosche, die mitten auf ihrer Bluse eingesteckt ist. Es ist eine ausgeschnittene dunkelblaue Bluse, der Blusenausschnitt ist mit Tüll gefüllt. Wiederholte Erzählung einer Szene im Teater: Offiziere, die während Kabale und Liebe, häufig untereinander laut die Bemerkung machten: "Speckbacher macht Figur" womit sie einen Offizier meinten, der an der Wand einer Loge lehnte.

    Ergebnis des Tages schon vor Werkel: Unbedingt weiterarbeiten, traurig daß es heute nicht möglich ist, denn ich bin müde und habe Kopfschmerzen, hatte sie auch andeutungsweise vormittag im Bureau. Unbedingt weiterarbeiten, es muß möglich sein trotz Schlaflosigkeit und Bureau.

    Traum heute nachts. Bei Kaiser Wilhelm. Im Schloß Die schöne Aussicht. Ein Zimmer ähnlich wie im " Tabakskollegium". Zusammenkunft mit Matilde Serao. Leider alles vergessen.

    Aus Esther: Die Meisterwerke Gottes furzen einander im Bade an.

    5. XII 14

    Ein Brief von Erna über die Lage ihrer Familie. Mein Verhältnis zu der Familie bekommt für mich nur dann einen einheitlichen Sinn, wenn ich mich als das Verderben der Familie auffasse. Es ist die einzige organische, alles Erstaunliche glatt überwindende Erklärung, die es gibt. Es ist auch die einzige tätige Verbindung, die augenblicklich von mir aus mit der Familie besteht, denn im brigen bin ich gefühlsmäßig gänzlich von ihr abgetrennt, allerdings nicht durchgreifender, als vielleicht von der ganzen Welt. (Ein Bild meiner Existenz in dieser Hinsicht gibt eine nutzlose, mit Schnee und Reif überdeckte, schief in den

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