Tagebücher
diese des thronenden Menschen, der sich mit wunderbaren Messern zwar, aber doch mit der Ruhe des Selchers zerschneidet. Woher die Ruhe? Die Sicherheit der Messerführung?
Ist Gott ein teatralischer Triumpfwagen, den man, alle Mühseligkeit und Verzweiflung der Arbeiter zugestanden, mit Stricken aus der Ferne auf die Bühne zieht?
3. Aug. (1917)
Noch einmal schrie ich aus voller Brust in die Welt hinaus. Dann stieß man mir den Knebel ein fesselte Hände und Füße und band mir ein Tuch vor die Augen. Ich wurde mehrmals hin und her gewälzt, ich wurde aufrecht gesetzt und wieder hingelegt auch dies mehrmals, man zog ruckweise an meinen Beinen daß ich mich vor Schmerz bäumte, man ließ mich ein Weilchen ruhig liegen, dann aber stach man mich tief mit irgendetwas Spitzem, überraschend hier und dort, wo es die Laune eingab.
Seit Jahren sitze ich an der großen Straßenkreuzung, aber morgen, weil der neue Kaiser einzieht, soll ich meinen Platz verlassen. Ich mische mich sowohl grundsätzlich als auch aus Abneigung in nichts ein, was um mich vor geht. Längst schon habe ich auch aufgehört zu betteln; die welche schon seit langem vorübergehn beschenken mich aus Gewohnheit, aus Treue, aus Bekanntschaft, die neuen aber folgen dem Beispiel. Ich habe ein Körbchen neben mir stehn und in das wirft jeder soviel als er für gut hält. Eben deshalb aber weil ich mich um niemanden kümmere und in dem Lärm und Unsinn der Straße den ruhigen Blick und die ruhige Seele bewahre, verstehe ich alles, was mich, meine Stellung, meine berechtigten Ansprüche betrifft, besser als irgendwer. Über diese Fragen kann es keinen Streit geben, hier kann nur meine Meinung gelten. Als daher heute morgens ein Polizist, der mich natürlich sehr gut kennt, den ich aber ebenso natürlich noch niemals bemerkt habe, bei mir stehn blieb und sagte: Morgen ist der Einzug des Kaisers; daß Du es nicht wagst morgen herzukommen, antwortete ich mit der Frage: Wie alt bist Du?
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4) (August 1917)
Litteratur als Vorwurf ausgesprochen ist eine so starke Sprachverkürzung, daß sie - vielleicht lag von allem Anfang an Absicht darin - allmählich auch eine Denkverkürzung mit sich gebracht hat, welche die richtige Perspektive nimmt und den Vorwurf weit vor dem Ziele und weit abseits fallen läßt.
Die Lärmtrompeten des Nichts. Das A.
A. Ich will Dich um Rat bitten
B. Warum gerade mich?
A. Ich habe Vertrauen zu Dir.
B. Warum?
A. Ich habe Dich schon öfters in Gesellschaft gesehn. Und in unsern Gesellschaften kommt es zuletzt immer auf Rat an. Darüber sind wir doch einig. Was für eine Gesellschaft es auch sei, ob man zusammen Teuer spielt, oder Tee trinkt oder Geister citiert oder den Armen helfen will immer kommt es doch auf Rat an. Soviel unberatenes Volk! Und mehr noch als es scheint, denn die welche bei solchen Zusammenkünften Rat geben, geben ihn nur mit der Stimme, mit dem Herzen wollen sie ihn selbst. Immer haben sie ihren Doppelgänger unter den Ratsuchenden und auf ihn haben sie es besonders abgesehn. Aber er vor allen geht unbefriedigt, angewidert weg und zieht den Ratgeber hinter sich her zu andern Zusammenkünften und zu gleichem Spiel.
B. So ist es?
A. Gewiß, Du erkennst es doch auch. Es ist auch kein Verdienst, die ganze Welt erkennt es und ihre Bitte ist umso dringender.
5. (August 1917) Nachmittag in Radesowitz mit Oskar. Traurig, schwach, oft bemüht die Kernfrage wenigstens zu halten.
A. Guten Tag
B. Du warst schon einmal hier? Nicht.
A. Du erkennst mich? Staunenswert.
B. In Gedanken habe ich schon einigemal mit Dir gesprochen. Was wolltest Du denn damals, als wir uns das letzte Mal sahn.
A. Dich um Rat fragen
B. Richtig. Und habe ich Dir ihn geben können.
A. Nein. Wir konnten uns leider schon in der Fragestellung nicht einigen.
B. So ist es also gewesen.
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A. Ja. Es war sehr unbefriedigend, aber doch nur für den Augenblick. Man kann eben nicht mit einem mal der Sache beikommen. Könnte man es nicht wieder einmal wiederholen?
B. Natürlich. Frage nur!
A. Ich werde also fragen
B. Bitte
A. Meine Frau -
B. Deine Frau?
A. Ja, ja
B. Das verstehe ich nicht. Du besitzt eine Frau?
A.
6 August (1917)
A. Ich bin mit Dir nicht zufrieden.
B. Ich frage nicht warum. Ich weiß es.
A. Und?
B. Ich bin so machtlos. Ich kann nichts ändern. Achselzucken und Mundverziehn, mehr kann ich nicht.
A. Ich werde Dich zu meinem Herrn führen. Willst Du?
B. Ich schäme mich. Wie wird er
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