Taken
mache mir Sorgen, dass er vielleicht nie wieder der Alte wird. Er setzt seine beste Großer-Bruder-Miene auf und trägt mir auf, vorsichtig zu sein. Ich verspreche ihm, in einem Stück zurückzukommen, obwohl das ein ziemlich gewagtes Versprechen ist.
Ich gehe nach draußen und warte auf dem Friedhof auf die Gruppe. Im vorderen Teil ist ein neuer Grabstein aufgerichtet worden, auf dem Harveys Name eingehauen ist, obwohl die Rebellen keinen Körper haben, den sie darunter begraben könnten. Ich bleibe daneben stehen und sehe zu, wie mein Atem in der Luft kondensiert. Wir haben Ende November. Eine schwarze Krähe gesellt sich zu mir und pickt an dem Stein herum.
»Weg. Verschwinde.« Ich schlage nach dem Vogel. Er krächzt mich böse an, sein schwarzes Gefieder schillert vor dem Hintergrund der weißen Landschaft. Schritte kommen näher und der Vogel fliegt verärgert davon.
»Fertig?«, fragt Emma. Sie trägt einen dicken Mantel und ist mit medizinischer Ausrüstung bepackt. Sie wird auf dieser Reise unsere Sanitäterin sein.
Ich nicke.
»Ich hoffe, wir können uns bei dieser Mission wieder vertragen, Gray«, erklärt sie einfach. Ihre dunklen Augen huschen zwischen mir und ihren Handflächen hin und her. »Es gefällt mir nicht, wenn es so zwischen uns ist, so distanziert.«
»Mir auch nicht«, gestehe ich. Ich sollte noch eine Million weiterer Dinge sagen, aber ich finde keine Worte.
»Das wird eine lange Reise«, setzt sie hinzu. »Vielleicht können wir ein wenig reden.«
»Ja. Das sollten wir.«
Sie lächelt, und zum ersten Mal in meinem Leben kann ich es richtig deuten. Ihre Lippen haben einen sehnsüchtigen Ausdruck, sind auf einer Seite geöffnet, aufgeworfen und voller Verheißung. Ihr Lächeln schenkt mir Hoffnung, die klarste Empfindung, die ich seit Wochen gespürt habe.
Ich höre Stimmen und wende meine Aufmerksamkeit dem Rest der Gruppe zu, der hinter ihr auftaucht. Als Erster kommt mein Vater – er wird die Expedition leiten –, und dann folgen Xavier, Bo und sogar Clipper, der uns mit modernster Technik unterstützen wird. Bo wirkt erstaunlich kräftig. Nach mehreren Wochen Training hat er seine gewohnte gebeugte Haltung abgelegt und bewegt sich geschmeidiger. Das allein hat Blaine schon in Wut versetzt, aber natürlich hat Bo nie im Koma gelegen. Ein paar andere Gesichter stoßen noch zu uns, weitere Gruppenmitglieder. Die anderen Kommandanten bleiben zurück. Sie müssen sich um Aufklärungseinsätze und anderes kümmern, während wir fort sind.
Und dann taucht Bree auf und verlässt als Letzte das sichere Crevice Valley. Sie trägt ein Bündel auf dem Rücken, ein Gewehr auf den Armen und eine finstere Miene auf dem Gesicht, das so eigensinnig wie immer wirkt. Sie hat sich eine dicke Mütze bis über die Ohren gezogen, aber ihr blondes Haar schaut darunter hervor.
»Bereit für deinen ersten Raub?«, scherzt sie.
»Das weißt du doch.«
Wir platzieren unsere Rucksäcke richtig auf den Schultern und setzen uns in Bewegung, der Gruppe nach, die vor uns geht.
Ich höre die Krähe, bevor ich sie sehe. Sie taucht über uns auf, eine dunkle Silhouette vor dem hellen Himmel. Eine Weile folgt sie uns und blickt von oben über unseren hoffnungsvollen Zug und die Abdrücke unserer Stiefel, die weiche Spuren in der dünnen Schneeschicht hinterlassen, als wir uns auf den Weg machen in Richtung Westen.
Danksagung
An der Vollendung dieses Buches haben unzählig viele Menschen mitgewirkt. Doch weil meine Dankesrede so lang wäre, dass sie ein ganzes zweites Buch umfassen würde, fasse ich mich notgedrungen kurz.
Mein Dank gilt (in willkürlicher Reihenfolge):
Meiner furchtlosen Agentin Sara Crowe. Auf dieser Wahnsinnsreise wäre ich ohne dich schon lange vom Weg abgekommen. Danke, dass du an mich geglaubt und meine E-Mails beantwortet hast – besonders die, die mit »Das ist vermutlich eine dumme Frage, aber …« begannen. Dich hat der Himmel geschickt.
Meiner brillanten Lektorin Erica Sussman, die den Zuschlag für mein Manuskript erhalten, es geliebt und verbessert hat. Grays Geschichte war bruchstückhaft, bis dein lila Kugelschreiber Kommentare an den Seitenrand geschrieben hat. Dafür bin ich dir unendlich dankbar.
Den Kollegen bei HarperTeen/HarperCollin’s Children – dafür, dass sie mich so herzlich in ihrer Familie willkommen geheißen haben. Alison Donalty, Alisdair Miller, Howard Huang und besonders Erin Fitzsimmons danke ich für ihr Art Work, das mich schrecklich
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