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Tal der Traeume

Titel: Tal der Traeume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Shaw Patricia
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sondern nur schrecklich müde, hatte aber nur Schelte bezogen. »So ein Unsinn, Sie sind durch und durch faul, haben noch nie im Leben einen Finger gerührt. Sie wissen gar nicht, was Arbeit ist! Jetzt schöpfen Sie das heiße Wasser aus dem Kupferkessel in den Eimer, und zwar schnell!« Harriet fühlte sich gedemütigt. Nicht einmal so einfache Aufgaben konnte sie erledigen, ohne das heiße Wasser zu verschütten, und sie verstand Mintos Ungeduld. Die Frau arbeitete hart und musste furchtbar wütend werden, wenn ihr ein so unfähiger Mensch wie Harriet über den Weg lief. Am schlimmsten war die Herstellung der Seife. Harriet verstand das Verfahren einfach nicht, konnte sich nicht konzentrieren, wusste nur, dass etwas gekocht und in Dosen gekippt wurde. Die erkalteten Stücke mussten in drei Teile geschnitten werden. Die Mixtur roch furchtbar, und einmal hatte sie Minto vorgeschlagen, Parfüm hinzuzugeben. Darauf hatte die Frau sie mit dem hölzernen Rührlöffel geschlagen und sie für geisteskrank erklärt. Wahrscheinlich hatte Minto sogar Recht. Doch dann waren sie auf die Knie gefallen und hatten gebetet, und Minto hatte sie ermutigt, mit Jesus zu sprechen und ihre Sünden in allen Einzelheiten zu beichten. »Er kennt sie ohnehin«, hatte die Schwester gesagt, »aber Sie müssen sich reinigen, indem sie um der Liebe Gottes willen darüber sprechen.« Zweimal am Tag hatte Harriet sich gereinigt, während Minto und Jesus ihr zuhörten, und sie hatte alles von Myles erzählt. Und mehr noch. Minto hatte sie ermutigt, die Intimitäten ihres Ehelebens preiszugeben. »Dort hat Ihre Erniedrigung begonnen. Verheiratete Menschen benehmen sich nicht so. Kein Wunder, dass er den Sohn zu den Orgien eingeladen hat, wenn Sie so willig waren.« Harriet weinte. »Das glaube ich nicht. Ich weiß nicht… ich dachte…« »Nein, Sie haben gar nichts gedacht, Sie armes Ding. Sie wissen gar nicht, wie viehisch Männer sein können, wenn sie eine schutzlose Frau in ihrer Gewalt haben, aber die Erlösung ist nahe. Sie dürfen an nichts anderes denken als an Jesus – an Jesus und an Buße.« »Buße, aber wie?« »Durch Arbeit. Ich habe schon von den müßigen Händen gesprochen. Hören Sie auf, über ihre Müdigkeit zu jammern, Sie sind doch eine starke Frau. Jesus hat Ihnen einen gesunden Körper gegeben, den Sie missbrauchen.« Allmählich fürchtete sich Harriet vor Minto. Manchmal gab sich die Frau herrschsüchtig und kommandierte sie herum, begriff nicht, dass Harriet nicht arbeiten konnte, weil sie sich nicht konzentrieren konnte und sich ungeschickt vorkam. Dann wieder ließ sie sie allein, ignorierte sie stundenlang, was ihr ebenfalls Angst machte, da sie nichts mit sich anzufangen wusste. Harriet war gefangen in einem Netz aus Schuld und Furcht. Als Minto wieder einmal ausgegangen war, versuchte sie, in ihrer Bibel zu lesen, doch sie konnte sich auch hierbei nicht konzentrieren und lag auf dem Bett, bis es ohnehin zu dunkel war. Am Morgen merkte sie, dass die andere Frau noch immer nicht zurückgekommen war. Also blieb sie im Bett, doch die Fliegen wurden so lästig, dass sie sie mit einer Klatsche jagen musste. Sie fand im Schrank Brot und Butter und stahl schuldbewusst ein wenig von Mintos Marmelade, einer leckeren, hausgemachten Pflaumenmarmelade. Harriet saß eine Weile draußen, betrachtete die Kerosindosen voller Talg und den kalten Kupferkessel und dachte, sie könne wenigstens anfangen, Kerzen oder Seife zu machen. Leider hatte sie vergessen, wie es ging. Doch sie nahm einen Eimer, füllte den Kupferkessel mit Wasser und zündete das Feuer darunter an. So hätten sie wenigstens genügend heißes Wasser, wenn Minto zurückkam. Pflichtschuldig kniete sie nieder, um zu beten, und las dann in der Bibel einige Psalmen. Sie gefielen ihr persönlich am besten, während Minto sie als oberflächlich bezeichnete. Der Tag war sehr heiß, die Luft in dem kleinen Haus stickig. Minto verbrachte jeden Tag viel Zeit damit, die wuchernde Vegetation zu stutzen, doch der Dschungel drang immer wieder von neuem vor. Bei Einbruch der Dunkelheit fühlte sich Harriet wohler und ausgeruht, verspürte aber wieder Schuldgefühle. Minto hatte ihr vermutlich gesagt, wohin sie gehen wollte, doch sie konnte sich nicht daran erinnern. Sie würde nicht einfach wegbleiben, ohne zuvor die Erlaubnis des Reverends einzuholen. Harriet genoss die Ruhe, die sie nun umgab, und konnte endlich ungestört mit Jesus sprechen. Der aus vier Tönen bestehende Ruf

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