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Tal ohne Sonne

Tal ohne Sonne

Titel: Tal ohne Sonne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Lucius starrte Zynaker verständnislos an. »Was ist denn los?«
    »Wir haben neununddreißig tief Beleidigte, Pater, und das könnte sich auf uns alle auswirken. Wir müssen noch Tragbares aus dem Wrack holen.«
    »Das ist doch idiotisch!« rief Pater Lucius.
    »Wenn wir es nicht tun, hat Hano Sepikula neununddreißig Anhänger mehr, und die sind auch noch in unserem Rücken.«
    »Was wollen Sie denn noch rüberholen?« fragte Leonora. An Zynakers Gesicht sah sie, daß sich die Lage wieder verschlechtert hatte.
    »Wir haben noch einige Kisten mit Material drüben, Kanister mit Benzin und Petroleum, Propangasflaschen und vier Kisten mit Alkohol.«
    »Die lassen Sie mal in den Trümmern liegen.« Pater Lucius blickte zu den neununddreißig Gelbbemalten und zu Dai Puino hinüber, der laut auf sie einsprach. Er versuchte sie zu beruhigen. »Meine spanischen Brüder besiegten zwar damals die Inkas und Mayas mit Kreuz, Schwert und Schnaps, aber das ist nicht mein Stil. Ich habe die Konquistadoren immer verachtet. Man schafft nicht das Reich Gottes, indem man die Ungläubigen ausrottet. Und Schnaps ist das Gift, das sie schnell krepieren läßt.«
    »Wie lange wird es dauern?« fragte Leonora.
    »Mindestens zwei Stunden.«
    »Dann los, Donald! Zwei Stunden? Dann könnten wir es noch schaffen bis zum Dorf.«
    »Bei zwanzig Kilogramm Last rechnet man mit einer Tagesstrecke von zwanzig, höchstens fünfundzwanzig Kilometern. Mehr ist nicht zu schaffen, vor allem, wenn es auf engen, glitschigen Urwaldpfaden dahingeht. Und nachts bewegt sich überhaupt niemand, aus Angst vor den bösen Geistern.«
    »Du wirst es schon schaffen, Donald.« Zum erstenmal duzte sie ihn und merkte erst, als sie es ausgesprochen hatte, was sie damit verriet. Sie schielte zu Pater Lucius hinüber, aber der schien nichts gehört zu haben.
    Er sprach mit Kreijsman, der immer noch sehr unruhig war und dem Frieden nicht traute. Reißner hatte neben seiner MPi nun zwei Kameras um den Hals hängen und fotografierte ununterbrochen. Die Papuas grinsten ihn an. Was der weiße Fremde da tat, war ihnen rätselhaft. Er hielt etwas vor das rechte Auge, und das Auge wuchs, kam aus dem Kopf heraus und war vielmal größer. Ab und zu knackte das Auge – wie lustig war das.
    Samuel übersetzte Dai Puino, was Zynaker ihm vorsagte. Die Träger setzten ihre Lasten wieder ab und stützten sich wartend auf ihre schrecklichen Widerhakenspeere. Die Neununddreißig gingen zum Fluß hinunter und warteten dort, im Wasser stehend.
    Nun hatte Zynaker Helfer genug. Man brauchte nicht alles mühsam durch die Strömung zu schleppen, immer in Gefahr, auszugleiten und in den gurgelnden Fluß zu stürzen, wo die Kisten und Kartons an den glattgeschliffenen Felssteinen aufbrachen und der Inhalt weggeschwemmt wurde. Die Träger bildeten eine Menschenkette vom Wrack bis zum Ufer, und von Hand zu Hand wurde das Gepäck weitergereicht zum Strand, wo Pater Lucius, Schmitz, Kreijsman und Samuel es in Empfang nahmen.
    Reißner fotografierte. Er wußte, es waren Bilder, die einmal seinen Namen weltberühmt werden ließen. John Hannibal Reißner, einer der besten Fotografen der Welt. Er war jetzt einunddreißig Jahre alt. Mit fünfunddreißig würde er sich eine Villa in Palm Beach kaufen – davon träumte er. Eine Villa am Meer, ein Motorboot und das schönste Girl weit und breit. Man lebt ja nur einmal …
    Als letztes Gepäckstück wurde durch die Menschenkette ein ausgebauter Flugzeugsitz getragen.
    Reißner ließ den Fotoapparat sinken und wandte sich an Leonora. »Jetzt scheint der Sonnenstich zu wirken. Was will er denn mit dem Sessel?«
    »Ich weiß es nicht.«
    »Soll der etwa auch mitgeschleppt werden ins Dorf?«
    »Fragen Sie ihn doch selbst, John Hannibal.«
    »Darauf können Sie sich verlassen, Leonora. Nicht nur, daß er versucht, uns alle herumzukommandieren, jetzt verblödet er sogar!«
    Die Papuas kamen aus dem Fluß zurück und umstellten die herangebrachten Waren, als wollte man sie ihnen wieder wegnehmen. Zynaker, der als letzter an Land kam, stieß auf Reißner, der ihn fotografierte, wie er durch den Fluß watete.
    »Das wird das Bild eines vollendeten Spinners!« rief Reißner. »Sie wollen den Flugzeugsessel mitnehmen?«
    »Ja.«
    »Haben Sie nicht mehr alle auf der Reihe?«
    »Abwarten, John Hannibal.« Zynaker kam an Land und schüttelte sich wie ein nasser Hund. »Was Ihnen fehlt, ist Phantasie. Dieser Flugzeugsessel ist vielleicht das Wichtigste, was wir

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