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Tallinn-Verschwörung

Tallinn-Verschwörung

Titel: Tallinn-Verschwörung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: N Marni
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kaum Luft. Es dauerte eine Weile, bis sie begriff, dass ein ekelhaft schmeckendes Knäuel in ihrem Mund steckte. Sie wollte das Tuch ausspucken, doch es saß fest, und erst als sie versuchte, danach zu greifen, merkte sie, dass ihre Arme auf den Rücken gefesselt waren.
    Zuerst glaubte sie, in einem Albtraum verfangen zu sein, und betete darum, bald aufzuwachen. Ein harter Stoß, der ihren Kopf gegen einen festen Gegenstand prallen ließ, brachte ihr jedoch mit einem Schlag die Erlebnisse in Erinnerung und sie begriff, dass man sie entführt hatte. Sie versuchte sich umzusehen, doch man hatte wohl eine Decke über sie geworfen. Dem Rappeln und Stoßen nach lag sie auf der Ladefläche eines Kleintransporters, der eine gewundene, schlecht asphaltierte Straße entlangfuhr.
    Graziella fragte sich, wie viel Zeit seit ihrer Entführung vergangen sein mochte. Als es passierte, war gerade Nacht geworden. Jetzt meinte sie einen leichten Lichtschein wahrzunehmen. Aber der konnte ebenso von der Innenbeleuchtung des Wagens stammen wie von dem heraufziehenden Tag. Nie zuvor hatte sie sich so hilflos gefühlt, und ihr kamen die Tränen.
    »Ich glaube, das Miststück ist wach«, hörte sie jemanden sagen.
    Die Decke wurde zurückgezogen, und sie sah drei Köpfe, die sich über sie beugten. Der eine gehörte dem Mann mit dem geblümten Hemd, die beiden anderen Winters Sekretär Don Batista und dem unangenehmen Archivar. Don Batista tippte sie mit der Spitze eines Kugelschreibers an.

    »Wir nehmen dir jetzt den Knebel heraus. Schrei ruhig! Hier wird dich niemand hören.«
    Das glaubte Graziella ihm sofort. Der Kerl war ein Fanatiker, und als sie in seine Augen sah, ahnte sie, dass er sie ebenso gleichmütig töten würde wie eine störende Fliege.
    Der Typ im geblümten Hemd griff nach ihr, löste das Tuch um ihren Mund und riss ihr den Lappen so heftig heraus, dass Hautfetzen von der Zunge und dem Zahnfleisch daran hängen blieben und sie Blut schmeckte.
    Don Batista blickte sie drohend an. »Du wirst mir jetzt ein paar Fragen beantworten, du Schlampe.«
    »Darauf kannst du lange warten!«, rief Graziella wütend.
    Don Batista zog eine angewiderte Grimasse und gab dem Geblümten einen Wink. »Für diese Unverschämtheit hat sie ein paar Ohrfeigen verdient.«
    Gianni schlug Graziella mehrmals hart ins Gesicht. Die junge Frau spürte, wie ihre Lippen aufplatzten und warme Tropfen über ihr Kinn rannen.
    »Wirst du mir nun erzählen, was ich wissen will?«, fragte Don Batista.
    Graziella wusste nicht, was größer war, ihre Angst oder ihr Hass auf diese Leute. »Ich weiß nicht, was Sie von mir wollen!«
    »Ich will wissen, wo der Rest der Aufzeichnungen ist, die du bei Kardinal Rocchigiani gestohlen hast. Je eher du redest, umso leichter wird es für dich werden.«
    Einen Moment lang hoffte Graziella, die Kerle würden sie freilassen, wenn sie ihnen alles erzählte. Aber Don Batistas Miene machte ihr klar, dass dieser keine Zeugen brauchen konnte. Wenn sie ihr Geheimnis preisgab, war sie so gut wie tot. »Ich habe nicht mehr als das, was in meinem Koffer war.«
    Die Antwort bestand aus drei weiteren Ohrfeigen, und
Gianni machte keinen Hehl daraus, dass es ihm Spaß machte, eine Frau zu quälen.
    »Ich habe wirklich nicht mehr«, wimmerte Graziella.
    Gianni drehte sich zu Don Batista um und machte eine wegwerfende Handbewegung. »Das Miststück ist verdammt zäh. Ich glaube nicht, dass wir ohne spezielle Maßnahmen mehr aus ihr herausbekommen.«
    Der Priester kaute auf seinen Lippen. »Du dürftest recht haben. Wir sollten sie ins Camp bringen und später verhören. Jetzt habe ich nicht die Zeit dazu.« Während Gianni Graziella wieder knebelte und die Decke über ihren Kopf zog, wühlte Don Batista in ihrer Tasche herum und zog die Schachtel Pralinen heraus, die sie für ihren Onkel mitgenommen hatte.
    »Kann ich die haben?«, fragte Gianni und wollte danach greifen.
    Don Batista zog die Schachtel zurück. »Die sind für jemand anderen bestimmt!« Er löste so vorsichtig die Hülle, dass er sie wieder verwenden konnte, und sah sich die Pralinen lächelnd an. »Monteleones Nichte erleichtert uns die Arbeit. Lodovico, glaubst du, dass du ihre Schrift nachmachen kannst?«
    Der Archivar musterte mehrere Blätter, die Graziella mit eigener Hand beschrieben hatte, und nickte. »Sicher, aber nicht hier in dem schaukelnden Wagen.«
    »Wir halten gleich an. Ich brauche ebenfalls ein ruhiges Plätzchen.«
    Als der Wagen stand, öffnete Don

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