talon011
Hünen bildeten. Er trug nun die Kleidung, die auch Shions Wachen trugen; einen knappen Lendenschurz, der mit ledernen Schnüren an Ringen um seine Hüfte befestigt war, sowie zahlreiche Fuß- und Armreifen, viele von ihnen mit kleinen bunten Vogelfedern verziert. Den Haarschopf an seiner linken Seite hatte er abrasiert, welche Bedeutung das für ihn auch immer haben mochte. Er musste sich etwas vorbeugen, um durch die Tür zu kommen.
Mit einem Fingerzeig wies er die Wachen an, den Raum zu verlassen. Die beiden Männer warfen Talon einen abschätzigen Blick zu und hoben ihre Sturmgewehre in martialischer Pose hoch. Nahezu lautlos schloss sich die Tür hinter dem Hünen und versank wieder in der Wand.
„Ich weiß nicht, was ich mit dir machen soll“, setzte Eser Kru übergangslos an. Nachdenklich strich er sich über das markante Kinn und betrachtete sich den Gefesselten.
„Shions Garde zeigt dir gegenüber eine Loyalität, die mich überrascht – und verärgert. Sie sind nicht, noch nicht …“ unterbrach er sich selbst „ … bereit, mir zu folgen. Du wirst sie überzeugen, mir zu dienen. Ich bin nicht gewillt, diese Männer zu opfern.“
„Du kannst ohne sie den Tempel nicht beherrschen“, brachte Talon krächzend zwischen seinen ausgetrockneten Lippen hervor. Krus Pranke erwischte ihn ohne Vorwarnung. Die flache Hand klatschte in sein Gesicht und ließ seinen Körper im Seil tanzen. Talon schrie auf, als die Bewegungen heftige Schmerzen in seine Armen verursachten.
„Noch habe ich nicht die Macht, um alleine zu herrschen. Aber ich werde sie mir holen. Und dann werde ich es genießen, jeden Tropfen Leben aus deinem Körper zu pressen!“, knurrte der Schwarze ihn an. „Du hast etwas in dir, das fremd ist. Etwas, das auch Shion gesehen hat. Doch egal, was es ist – ich brauche es nicht. Ich habe nicht Jahrtausende darauf gewartet zurück zu kehren, nur um mich davor zu fürchten, was dich mit dieser schwarzen Bestie verbindet!“
Eser Kru schien zu merken, wie sehr dieser Ausbruch seine Schwäche offenbarte und straffte seinen wuchtigen Körper.
„In wenigen Stunden werde ich die Stämme erneut zusammenrufen. Dann werden sie mir gegenüber ihren Eid ablegen und mir folgen. Und ich werde mir das zurückholen, was Shion mir entrissen hat. Dieses Land wird wieder zu dem werden, was es einmal war. Mein Land!“
Er drehte sich um und öffnete die Tür durch eine schwache Handbewegung.
„Denke daran, während du hier auf dein Ende wartest, kleiner Mann“, rief er Talon nach, während er in dem lang gezogenen Korridor verschwand.
Talon erwachte aus einem leichten Schlaf. Mattigkeit hatte seinen Körper ergriffen. Seine Hände hingen taub und gefühllos zur Seite, während eine schleichende Kälte seine Beine empor kroch. Das Bild vor seinen Augen flimmerte. Schlieren tanzten durch sein Blickfeld und vernebelten die Konturen des Raumes.
Seine Augen starrten auf die Tür, als erwarte er jeden Augenblick, dass Eser Kru zurückkam. Ihm blieb nicht viel Zeit, um zu handeln. Er musste sich aus seinen Fesseln befreien und fliehen. Über das, was dann geschehen sollte, konnte er sich jetzt noch keine Gedanken machen.
Talon legte den Kopf zurück und blickte nach oben. Das Seil hing gut einen Meter von der Decke. Er bewegte seine Finger und versuchte, wieder etwas Leben in die Gliedmaßen zu bringen. Das Blut kehrte nur langsam und schmerzhaft zurück. Mit beiden Händen umfasste er den Strang und atmete kräftig durch. Langsam schwangen seine Beine vor und zurück, bis sein ganzer Körper in eine Pendelbewegung kam.
Er konzentrierte sich auf den Schwung und holte tief Luft. Seine Schultern spannten sich an, und im gleichen Augenblick riss er die Beine nach oben. Ein gequälter Schrei löste sich unterdrückt aus seiner Kehle. Die Arme schienen der Länge nach aufzureißen. Dennoch zog er den Schwung voll durch.
Seine Füße drückten sich gegen den kalten Stein der Decke, während er kopfüber nach unten hing, die Muskeln weiterhin angespannt. Minuten lang kam der Atem gepresst. Schweiß lief in Strömen über seine nackte Haut.
Talon zog sich an dem Seil noch weiter nach oben und schlang sich das lockere Ende um seine Handgelenke. Er begann mit aller Kraft, an dem Seil zu ziehen und stemmte seine Beine fest gegen den Stein. Das Blut stieg ihm in den Kopf. Er keuchte hastig und verzog das Gesicht zu einer schmerzerfüllten Grimasse.
Quietschend drehte sich der metallene Ring in seiner Verankerung.
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