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talon018

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Titel: talon018 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gesprengte Ketten
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folgen. Über eine schmale Treppe gelangen sie in den Keller. Die Stufen endeten in einen schmalen Gang, der durch zwei Glühbirnen nur schwach erhellt wurde. Mehrere Menschen hatten sich in dem Gang versammelt und redeten wild durcheinander. Doch ein Rufen des alten Mannes brachte die Gruppe, die zumeist aus Frauen bestand, zum Verstummen. Als sie Talon erblickten, schrien viele von ihnen erschreckt auf und zogen sich in ihre kleinen Kammern zurück.
    Unter wenigen, die sich nicht zurückgezogen hatten, blickte eine junge Frau den Weißen entgeistert an. Ihr langes, dunkles Haar wurde durch ein blaues Tuch über der Stirn gebändigt.
    „Du hast gesagt, du kommst mit, wenn ich dich hier raushole. Wie ist es?“
    Talon steckte die Klinge weg und bot Nisheki die rechte Hand. Die junge Afrikanerin lachte verlegen auf und blickte zuerst auf die ausgestreckte Hand und dann in sein Gesicht. Ihre Augen verengten sich.
    „Du meinst das ernst“, stellte sie fest. Sie sah ihn unschlüssig an und legte zögernd ihre schlanken Finger in die Handfläche. Talon griff zu und zog ihren schlanken Körper zu sich her. „Wir müssen uns beeilen!“, machte er ihr klar, und sie nickte stumm. Talon richtete sich an den Alten, der abwartend hinter ihm stehen geblieben war.
    „Sag allen, sie sollen hier unten bleiben. Dann wird ihnen nichts geschehen.“
    Der Alte lächelte schwach. „Das wirst nicht du entscheiden, sondern die, die hier gewinnen.“
    Kommentarlos wandte sich Talon um und hastete mit der jungen Frau im Arm die Treppe empor. Er beschloss den gleichen Weg zu nehmen wie den, den er gewählt hatte, um ins Haus zu gelangen. Von draußen waren heftige Schusswechsel zu hören. Offenbar waren die Gefangenen an weitere Waffen gekommen, und damit würden sie Ibn Said tatsächlich gefährlich werden können; alleine schon durch ihre zahlenmäßige Überlegenheit.
    Talon konzentrierte sich alleine auf den Gedanken an eine sichere Flucht. Er half der jungen Frau, die gut einen halben Kopf kleiner war als er, auf den niedrigen Anbau, der neben dem Haupthaus direkt in die Mauer gebaut worden war, und schwang sich dann selbst empor. Er wollte nicht warten, bis das Gefecht entschieden war.
    Sollten Ibn Saids Männer gewinnen, würden sie die Umgebung nach Flüchtlingen absuchen. Falls die Gefangenen die Oberhand gewinnen sollten, wusste er nicht, wie sicher die Lage dann war. Die Spannungen zwischen den einzelnen Gruppierungen konnten dazu führen, dass sie ihren Bürgerkrieg direkt unter sich fortsetzten.
    Er half Nisheki auf die Mauerkante und ließ sie dann vorsichtig auf der Außenseite herab. Die letzten zwei Meter musste die junge Frau springen, doch sie überwand die Entfernung ohne Probleme. Talon kam mit einem Satz neben ihr auf und zog sie sofort weiter, in den Schutz der niedrig wachsenden Büsche, die das Anwesen umgaben.
    In gebeugter Haltung kämpften sie sich vorwärts und ließen den Tumult hinter sich zurück.

    „Was willst du jetzt machen?“
    Die junge Schwarze richtete ihre Frage an Talon.
     Sie hatte ihre Arme nicht nur wegen der Kälte des frühen Morgens schutzsuchend um ihren dünnen Körper geschlungen. Der Weiße sah sie aus offenen Augen lange an, bevor er schließlich den Blick senkte.
    „Ich werde dich in dein Dorf bringen.“
    Nisheki sah zu Boden und nickte stumm. Talon legte ihr die Hand auf den Unterarm und zwang sie, ihn anzusehen.
    „Glaubst du wirklich an eine Zukunft für uns beide? Ich kann dir nichts bieten. Die letzten Jahre waren nichts anderes als Kampf und Überleben.“
    Die dunklen Augen der Frau blitzten auf. „Denkst du, für mich war es anders? Wir leben seit Jahrzehnten mit Kampf und Gewalt. Und trotzdem versuchen wir, etwas in unserem Leben aufzubauen!“
    „Nisheki, ich kann dir nichts bieten. Ich lebe in der Wildnis und werde dieses Leben auch nicht aufgeben wollen“, versuchte Talon ihr zu erklären. Die junge Frau antwortete ihm nicht, sondern versuchte nur mühevoll, ihre Tränen zurück zu halten. Als Talon sie trösten wollte, wies sie seine Hand schroff ab.
    „Es ist nichts! Es ist schon gut. Lass uns aufbrechen. Wir haben noch einen weiten Weg.“
    Sie erhob sich aus ihrer kauernden Haltung und wartete nicht ab, ob Talon ihr folgte. Im Osten warf die Sonne die ersten Strahlen über die vom Dunst erfüllte Ebene.

    Fortsetzung folgt in

    Talon Nummer 19

    „Nayla, die Löwin“

    © Copyright aller Beiträge 2004 by Thomas Knip. Nachdruck, auch auszugsweise, nur mit

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