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Tante Dimity und der Fremde im Schnee

Tante Dimity und der Fremde im Schnee

Titel: Tante Dimity und der Fremde im Schnee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Atherton
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kaum weniger Furcht einflößende Erscheinung aus der Tür des Kitchen Emporiums kam. Die Eigentümerin stapfte auf meinen Wagen zu. »Lori! Ich muss mit Ihnen sprechen!«, rief sie.
    Peggy Kitchen, Ladenbesitzerin, Leiterin der Postfiliale und unbestrittene Herrscherin über Finch, war seit ihrer Verlobung mit dem bedauernswerten Jasper Taxman vielleicht milder geworden, aber noch immer regierte sie Finch mit eiserner Hand. »Ein Wolf in Gestalt einer Groß mutter«, sagte Bill des Öfteren über sie. Niemand bei Verstand hätte es gewagt, Peggy darauf hinzuweisen, dass ihre Schaufensterdekoration kleinen Kindern Albträume bescheren könnte.
    Peggy beäugte ich mich skeptisch, als ich das Seitenfenster des Minis herunterließ. »Ist es wahr, dass Sie unerwünschte Elemente ermutigen, Finch aufzusuchen?«

    »Wie bitte?«, sagte ich.
    »Man sagt, Sie hätten einen Landstreicher aus der Gosse aufgelesen und ihn auf Rosen gebettet«, plusterte sich Peggy auf.
    Ich sah sie fassungslos an. »Man« war die dörfliche Abkürzung für die unappetitliche Gerüchteküche, die Neuigkeiten schneller unter die Leute brachte als jedes Glasfaserkabel.
    »Ich habe einen kranken Mann gefunden und ihn ins Krankenhaus gebracht«, erwiderte ich schroff.
    »In einem Hubschrauber«, ereiferte sich Peggy. »Das nenne ich auf Rosen betten.«
    »Die Straße war verschneit«, sagte ich geduldig. »Und der Mann befand sich in einem kritischen Zustand.«
    »Sicher ein Simulant«, verkündete Peggy.
    »Diesen Burschen kann man nicht trauen. Betrü ger und Diebe, allesamt.«
    »Hat er etwas gestohlen?«, fragte ich.
    »Nicht, dass ich wüsste«, musste Peggy einräumen. »Aber er führte sicher nichts Gutes im Schilde, so wie er hier herumgegeistert ist.«
    »Herumgegeistert?«, sagte ich. »Wie kommen Sie darauf?«
    »Weil ihn niemand gesehen hat«, trumpfte Peggy auf. »Er hat sich durch das Dorf geschlichen wie ein Dieb in der Nacht, was er zweifellos auch war.«
    »Also, ich habe jetzt keine Zeit mehr«, sagte ich scharf und kurbelte das Seitenfenster so plötzlich hoch, dass ich beinahe Peggys Nasenspitze erwischt hätte. Ich war kein Wohltäter der Landstreicher und Vagabunden, aber dass Peggy sie in Bausch und Bogen verurteilte, fuchste mich doch. Sie hatte kein Recht, einen alten Freund von Tante Dimity einen Dieb zu nennen.
    Komisch war es schon, dass ihn niemand bemerkt hatte. Als ich im Rückspiegel Peggy sah, die ich schäumend im Schnee zurückgelassen hatte, fragte ich mich, warum er nicht in Peacocks Pub eingekehrt war, bevor er sich auf den Weg zum Cottage gemacht hatte. Dort hätte er sich am Kamin aufwärmen können, bevor er die nicht eben kurze Strecke in Angriff nahm. Stattdessen hatte er sich dazu entschieden, Finch zu umgehen.
    Fast ähnelte er dem armen alten Robert Anscombe, der auch nicht wollte, dass ihn jemand sah.
    Andererseits … vermutlich hätten sich die Peacocks nicht so echauffiert wie Peggy, aber wahrscheinlich wären auch sie nicht begeistert über den zerlumpten Mann in ihrem Pub gewesen. Bettler sind bekanntermaßen schlecht fürs Geschäft.

    Ich fuhr an der Schule vorbei, wo Heiligabend das Krippenspiel stattfinden sollte. Als ich auf die St. George’s Street bog, sah ich den Vikar, der mühsam zur Kirche stapfte. Er winkte mir zu, und ich fuhr an den Straßenrand.
    Theodore Bunting war so groß, dass er sich tief herunterbeugen musste, um mit mir durch das Seitenfenster des Minis zu sprechen.
    Er betrachtete mich mit grauen, sorgenvollen Augen und tupfte sich mit einem weißen Taschentuch die rote, geschwollene Nase.
    »Wie geht es Ihnen, Vikar?«, fragte ich.
    »Nur eine kleine Erkältung«, erwiderte er, wobei er allerdings so klang, als sei sein Kopf mit Watte ausgestopft. »Lilian und ich waren sehr betrübt, als wir von Bills Verlust hörten. Wie ich hörte, ist er zu einer Beerdigung nach Boston geflogen.«
    Auch dieses Mal verzichtete ich darauf, nach der Informationsquelle des Vikars zu fragen. Offenbar wirbelten die Neuigkeiten im Dorf herum wie der Schnee von heute Nacht.
    »Freitag kommt er wieder zurück«, informierte ich Bunting.
    »Ach je.« Der Vikar runzelte die Stirn. »Morgen findet doch die erste Probe für unser Krippenspiel statt. Wie soll Lilian in so kurzer Zeit einen neuen Joseph finden?«

    »Bills Vater hat sich bereits als Ersatz gemeldet«, sagte ich leichthin. »Er würde die Rolle sogar komplett übernehmen, wenn Lilian nichts dagegen hat.«
    Die Miene des Vikars hellte

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