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Tante Dimity und der unheimliche Sturm

Tante Dimity und der unheimliche Sturm

Titel: Tante Dimity und der unheimliche Sturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Atherton
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steckte ihn in den Umschlag zurück, um ihn Wendy zu reichen, die jedoch eine abwehrende Geste machte. Wahrscheinlich verstand sie, dass er ihn nötiger brauchte als sie.

    »Behalte du ihn«, sagte sie. »Ich weiß ja, wo ich ihn finde.«
    Jamie zögerte nur einen Moment, dann ließ er ihn in die Innentasche seines Parkas gleiten.
    Wendy legte das braune Paket neben die Marmorschatulle. Als sie es auspackte, fingen die Diamanten die Strahlen unserer Taschenlampen ein und warfen sie um ein Vielfaches gespiegelt zurück, sodass der kalte weiße Marmor mit einem Funkenregen besprüht wurde. Die glitzernden Lichtpunkte tanzten über die Wände und Särge, als die einzelnen Teile der Parure von dem bescheidenen Paket in die Schatulle wechselten, um ihren endgültigen Ruheplatz zu finden.
    Wendy bettete das Diadem in die dafür vorgesehene halbmondförmige Vertiefung, woraufhin Jamie die Ohrringe in die zwei birnenförmigen Fächer daneben platzierte. Dann folgten die Broschen, die Armbänder, das Kropfband und schließlich die prächtige Halskette, die die restlichen Teile in einem Glorienschein umgab. Als Wendy den Deckel schloss, empfand ich einen Stich der Enttäuschung, doch auch als die Juwelen fest verschlossen in der Schatulle lagen, war es, als ob noch immer ein flüchtiger Glanz im Raum hinge.
    Jamie stellte die Schatulle in die Wandnische zurück und schob die Platte wieder zu. Dann drehte er sich um und legte die Hand auf Lucastas Sarg. »Ruhe in Frieden, Lucasta.«
    »Ruhe in Frieden«, sagte auch Wendy und warf einen Blick zu der Kuppel empor.
    »Vater«, murmelte Jamie und beugte den Kopf, »ruhe in Frieden.«

22
    MIT DEM BLAUEN Notizbuch im Schoß und
    Reginald in meiner Armbeuge saß ich im Armlehnsessel. Jamie und Wendy waren erschöpft auf ihre Zimmer gegangen. Doch obwohl ich ein herrliches heißes Bad genommen und mir dann das Leinennachthemd angezogen hatte, konnte ich die Ereignisse des Tages noch immer nicht loslassen.
    Immer wieder ließ ich einzelne Bilder vor meinem geistigen Auge Revue passieren: der Betthimmel aus Bahnen zerschlissenen Musselins in Lucastas Zimmer, der perlenbesetzte Rabe, der gegen die Kopfkissen lehnte, die geisterhaften Wächter an der Pforte des Mausoleums, die unzähligen Lichtpunkte, die über die polierten wei ßen Wände huschten. Ich musste nicht erst die Augen schließen, um die Zärtlichkeit in Wendys Stimme zu hören, als sie das Wort »Dad« sagte, und das Beben in Jamies Stimme, als er der gequälten Seele seines Vaters ewige Ruhe wünschte.
    Ich bemühte mich, Dimity von den einzelnen Szenen zu erzählen, obwohl ich wusste, dass ich ihnen nicht gerecht wurde. Dennoch hoffte ich, jeden einzelnen Moment in meiner Erinnerung zu fixieren, indem ich ihn laut beschrieb. Als ich am Ende ankam, schob ich die Petroleumlampe nä her zum Sessel und sah zu, wie Dimitys Handschrift sich in großen Bögen auf der weißen Buchseite entfaltete.
    Wie klug von dir , eine Verbindung zwischen der Parure und dem Mausoleum herzustellen .
    Darf ich fragen , was dir zu der entscheidenden Erkenntnis verhalf?
    »Catchpole«, sagte ich. »Er erzählte mir, dass Lucasta nachts häufig draußen spazieren ging, aber er konnte mir nicht sagen, wohin. Außerdem hattest du mich darauf hingewiesen, dass Lucasta die Parure an einem Ort aufbewahrt haben musste, der von tiefster persönlicher Bedeutung für sie war. Als ich diese zwei Bruchstücke mithilfe von Jamies Beschreibung der Marmorschatulle zusammenbrachte, sprang mich die Erkenntnis nahezu an.«
    Es ist durchaus nachvollziehbar , warum Catchpole nicht zugeben wollte , dass seine Herrin dem Mausoleum regelmäßig einen Besuch abstattete . Für ihn war das nur ein weiterer Beweis für ihren Wahnsinn , und das war es im Grunde ja auch . Ich hätte wissen müssen , dass Lucasta die Parure unter den Toten aufbewahrte .
    Dass sie eine Grabkammer auswählte als Aufbewahrungsort , ist – im Nachhinein betrachtet –
    nur allzu logisch .
    Ich hob eine Augenbraue. »Findest du nicht, dass es ein wenig … gruselig ist?«
    Es ist weit mehr als ein wenig gruselig , meine Liebe , aber das macht es nicht weniger folgerichtig . Die Kugeln , die Lucastas Verlobten töteten , haben auch etwas in ihr getötet . Sie glaubte nicht , dass sie je heiraten und eine Tochter haben würde , der sie die Juwelen hätte vermachen können . Für sie bestand der Zweck der Parure , die eigentlich den Beginn eines neuen , wunderbaren Kapitels in ihrem Leben hätte

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