Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Tante Dimity und der unheimliche Sturm

Tante Dimity und der unheimliche Sturm

Titel: Tante Dimity und der unheimliche Sturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Atherton
Vom Netzwerk:
zwang mich zu einem Lächeln. »Ich kann es kaum erwarten.«
    »Ich geh dann mal.« Catchpole hängte das feuchte Geschirrtuch über die Wäschestange über dem Herd, wickelte sich seine Schals wieder um den Hals und ging durch die Hintertür in den Hof. »Gute Nacht Ihnen beiden.«
    Ich sah dem alten Mann nach, bis er in der Finsternis verschwunden war, und ließ den Blick dann über die unregelmäßige Dächersilhouette der niedrigen Gebäude jenseits des Hofs schweifen.
    »Gibt es eine Toilette da draußen?«, fragte ich.
    »Eine Außentoilette?« Jamie streckte seine Gliedmaßen und kam zur Spüle herüber. »Warum fragst du?«
    »Catchpole hat mir erzählt, dass Lucasta nachts manchmal draußen umhergewandert ist. Und als ich ihn fragte, wo sie denn hinging, druckste er herum und wurde ganz rot im Gesicht.«
    Jamie wackelte bedeutungsvoll mit den Augenbrauen. »Vielleicht besuchte sie sein Cottage ab und an, aus Gründen, die ein Gentleman niemals auch nur andeuten würde.«
    »Vergiss es«, sagte ich. »Catchpole hat über seine Stellung im Leben eine ganz altmodische Auffassung. Ich glaube eher, dass sie einen Ort aufsuchte, den zu erwähnen ihm peinlich ist, eine Außentoilette zum Beispiel.«
    Jamie strich sich über den Bart und beugte sich über die Spüle, um aus dem Fenster zu schauen.
    »Unter den Grundrissen, die ich mir angesehen habe, war auch ein Lageplan der einzelnen Gebäude. Wenn ich mich richtig erinnere, gibt es ein Waschhaus, ein Backhaus, eine Brauerei -jedes Landgut hatte damals eine eigene kleine Brauerei –
    und Ställe, wo Catchpole heute noch seine Tiere hält. Sein Cottage nicht zu vergessen, und …« Seine Stimme erstarb, als ich scharf den Atem einzog.
    »Lori?« Er sah mich neugierig an. »Lori, was ist? Glaubst du, die Parure war in einem dieser Gebäude versteckt?«
    Mir stellten sich die Nackenhaare auf. »Geh und hol Wendy. Sie soll in die Küche kommen.
    Und sag ihr, sie soll ihre Wanderstiefel anziehen.«
    Jamie musste gespürt haben, wie ernst es mir war, denn ohne eine weitere Frage zu stellen, machte er sich auf den Weg.
    Als er fort war, starrte ich noch immer entgeistert aus dem Fenster. Ich hatte nicht mehr den leisesten Zweifel, wo die Parure versteckt gewesen war. Und ich wusste, dass es Jamie das Herz brechen würde.

21
    ICH LIESS JAMIE einen Vorsprung, ehe ich ebenfalls hinaufging. In Jamies Zimmer holte ich die Pfauen-Parure und ergriff geistesgegenwärtig seinen Parka, nicht ohne nochmals den Grundstücksplan zu studieren. Dann holte ich auch Wendys Parka aus ihrem Zimmer und betrat meines.
    Reginald saß noch immer auf dem Fenstersims und schaute hinaus.
    »Du wusstest es«, sagte ich benommen. »Du hast versucht, mir zu sagen, wo ich nachsehen soll, aber ich habe deinen Hinweis nicht verstanden. Verzeih, alter Freund.«
    Ich hob Reginald hoch und setzte ihn auf den Ankleidesessel, damit er sich am Feuer etwas aufwärmen konnte. Dann nahm ich Handschuhe, Mütze und Jacke aus dem Schrank und ging mit dem Berg an Jacken auf dem Arm in die Kü che zurück.
    Jamie und Wendy waren schon dort. Mit Genugtuung sah ich, dass Wendy ihr Stemmeisen mitgebracht hatte.
    »Jamie hat mir gesagt, dass wir Plumpsklotauchen gehen«, sagte sie heiter, doch ihr Lächeln erstarb, als sie meinen düsteren Gesichtsausdruck bemerkte.
    Ich bedeutete ihnen, sich zu setzen, legte die Parkas und das Paket mit dem Schmuck auf den Tisch und fuhr mir mit den Fingern durchs Haar.
    Irgendwie hatte ich das Gefühl, sie auf die letzte Etappe ihrer schmerzvollen Reise vorbereiten zu müssen, wusste aber nicht so recht, wie ich es anstellen sollte. Ich konnte nicht einfach mit der Wahrheit herausplatzen, vielmehr war es mir ein Bedürfnis, sie ein wenig abzumildern.
    »Ich bin keine Expertin, was Väter betrifft«, sagte ich und setzte mich ihnen gegenüber an den Tisch, »weiß aber, wenn ich mir euch so ansehe, dass ihr wundervolle Väter hattet. Ich glaube, dass sie die Parure gestohlen haben, weil der Krieg ihr Urteilsvermögen beeinträchtigte, oder weil sie von Ladythorne verhext worden waren –
    oder ganz einfach, weil sie hofften, eines Tages euch das Leben leichter machen zu können.
    Wenn eure Väter im Grunde ihres Herzens keine guten Kerle gewesen wären, dann hätten sie nicht diese Albträume gehabt. Aber …« Ich suchte nach den richtigen Worten und fand sie schließlich. »Aber alte Sünden werfen lange Schatten, und diese Schatten reichen über ihr Leben hinaus. Schließlich

Weitere Kostenlose Bücher