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Tanz der seligen Geister (German Edition)

Tanz der seligen Geister (German Edition)

Titel: Tanz der seligen Geister (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alice Munro
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Wasserglases. Sie gab ihm eine Gabel, der ein Zinken fehlte, und tat so, als sei es Zufall. Er warf die Gabel nach ihr, verfehlte sie, jagte aber mir einen Schrecken ein. Wenn meine Mutter und mein Vater zu Abendbrot aßen, unterhielten sie sich immer leise und ernsthaft. Aber in der Familie meines Vaters spielten sogar die Erwachsenen Streiche mit Gummiwürmern und -käfern, dicke Tanten wurden immer gebeten, sich auf kleine, wackelige Stühle zu setzen, und Onkel furzten in aller Öffentlichkeit und sagten dann: »Brr, halt mal, stopp!«, stolz auf sich, als hätten sie eine schwierige Melodie gepfiffen. Niemand konnte einen nach dem Alter fragen, ohne einen mit abgedroschenen Neckereien aufzuziehen. Mit Mary McQuade kehrte mein Vater also zu Familiengewohnheiten zurück, ebenso wie er sich wieder angewöhnte, Berge von Bratkartoffeln, Schweinebauch und dicke, mehlige Pfannkuchen zu essen und schwarzen Tee, stark wie Medizin, aus einem Blechbecher zu trinken, und dann sagte er dankbar: »Mary, du weißt, was ein Mann für Essen braucht!« Dem schickte er hinterher: »Meinst du nicht, es wird Zeit, dass du einen eigenen Mann bekochst?«, was ihm keine fliegende Gabel, sondern einen fliegenden Spüllappen eintrug.
    Er hänselte Mary immer mit Ehemännern. »Ich hab mir heute Morgen einen für dich ausgedacht!«, sagte er zum Beispiel. »Ohne Quatsch, Mary, lass dir das mal durch den Kopf gehen.« Ihr Gelächter drang anfangs in kleinen, wütenden Schnaufern und Explosionen durch ihre geschlossenen Lippen, während sich ihr Gesicht stärker rötete, als man für möglich gehalten hätte, und ihr Körper auf seinem Stuhl bedrohlich zuckelte und ruckelte. Ohne Zweifel genoss sie das, all diese grotesken erdachten Paarungen, obwohl meine Mutter bestimmt gesagt hätte, es sei grausam, grausam und ungehörig, eine alte Jungfer mit Männern aufzuziehen.Genau damit wurde sie natürlich in der Familie meines Vaters immer aufgezogen, was gab es sonst? Und je beleibter, derber und unmöglicher sie wurde, desto mehr wurde sie aufgezogen. Wenn es in dieser Familie hieß, jemand sei empfindlich , wie sie das von meiner Mutter sagten, dann war das etwas Schlimmes. Sämtliche Tanten, Kusinen, Onkel und Vettern waren völlig abgestumpft gegen persönliche Grausamkeiten, kannten keine Rücksicht auf ein Fehlverhalten oder eine Fehlbildung, schienen sogar stolz darauf zu sein, wenn sie damit zur allgemeinen Belustigung beitragen konnten.
    Zur Abendbrotzeit war es dunkel im Haus, trotz der länger werdenden Tage. Wir hatten noch keinen elektrischen Strom. Der kam wenig später, vielleicht im nächsten Sommer. Aber zu der Zeit stand eine Petroleumlampe auf dem Tisch. In ihrem Licht warfen mein Vater und Mary McQuade riesige Schatten, deren Köpfe beim Reden und Lachen schwerfällig wackelten. Ich beobachtete die Schatten statt der Menschen. Sie fragten: »Wovon träumst du gerade?«, aber ich träumte nicht, ich versuchte, die Gefahr zu verstehen, die Zeichen des Angriffs zu lesen.
    Mein Vater fragte: »Willst du mitkommen, nach den Fallen schauen?« Er hatte entlang des Flusses Fallen für Bisamratten aufgestellt. Als er jünger war, verbrachte er Tage und Nächte, ganze Wochen im Freien, folgteden Bächen durch ganz Wawanash County, und damals fing er nicht nur Bisamratten, sondern Rotfüchse, wilde Nerze, Marder, alle Tiere, deren Fell im Herbst am prächtigsten ist. Bisamratten sind das Einzige, was man im Frühling fangen kann. Jetzt, wo er verheiratet war und eine Farm betrieb, stellte er nur noch für sie Fallen auf, und auch das nur noch ein paar Jahre lang. Es kann sein, dass dies das letzte Jahr war.
    Wir gingen über ein Feld, das im Herbst umgepflügt worden war. Ein wenig Schnee lag in den Furchen, aber es war kein richtiger Schnee, nur eine dünne Kruste wie aus Milchglas, die ich mit meinen Hacken eintreten konnte. Das Feld fiel sanft ab, hinunter zur Flussniederung. Der Zaun war an manchen Stellen vom Gewicht des Schnees niedergedrückt worden, wir konnten drübersteigen.
    Die Stiefel meines Vaters gingen voran. Seine Stiefel waren für mich so vertraut und so unverwechselbar, so charakteristisch für ihn wie sein Gesicht. Wenn er sie ausgezogen hatte, standen sie in einer Küchenecke und verströmten einen komplizierten Geruch nach Mist, Maschinenöl, angetrocknetem schwarzem Schlamm und dem stinkenden, abbröckelnden Zeug, mit dem die Sohlen an den Seiten eingestrichen waren. Sie waren ein Teil von ihm selbst,

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