Tanz der Sterne - Unter dem Weltenbaum 03
Begegnung mit meinem Bruder. Denn ich möchte zu gern feststellen, ob man ihm seine Echsenverwandtschaft schon ansieht.«
Ein gutes Stück vom Kriegsrat entfernt, genauer in seinem Lager außerhalb der Stadt, saß der Häuptling der Rabenbunder in seinem Zelt. Seine Frau Sa’Kuja bereitete ihm gerade Tekawai zu, den traditionellen Tee seines Volkes. Dieses Teeritual war beinahe so alt wie die Rabenbunder selbst. Kanne und Tasse, die Sa’Kuja ihm vorsetzte, wurden von Generation zu Generation weitergegeben.
Sie stellte ihm die Tasse so hin, daß er das Emblem darauf deutlich erkennen konnte.
Eine blutrote flammende Sonne.
Ho’Demi lächelte nicht, denn diese Zeremonie galt den Rabenbundern als heilig, nickte seiner Frau nur zu und trank einen kleinen Schluck.
Sa’Kuja bediente nun die vier anderen Männer, die im Kreis um die Kohlepfanne saßen, verbeugte sich dann tief vor ihnen und zog sich in den hinteren Teil des Zeltes zurück. Der Häuptling sah die vier Stammeskrieger an. Er war froh darüber, heute abend nicht bei Bornhelds Kriegsrat erscheinen zu müssen, denn er wollte sich lieber noch einmal mit den beiden Kämpfern unterhalten, die vor einiger Zeit mit Newelon auf Patrouille gegangen waren. Bevor Ho’Demi sich an sie wandte, nickte er erst den anderen beiden zu, zwei Stammesältesten, deren Rat ihm sehr erwünscht war.
»Isanagi und Inari, ich danke Euch, meiner Einladung zur Tekaweizeremonie nachgekommen zu sein, obwohl sie doch recht kurzfristig erfolgte.«
Die beiden in ihrem Volk hochangesehenen Stammeskrieger – die gleichwohl von Bornhelds Streitkräften immer noch nicht so recht für voll genommen wurden – senkten den Blick und verneigten sich. Jeder Rabenbunder empfand es als hohe Ehre, im Zelt des Häuptlings sitzen zu dürfen.
Eine Weile genossen die fünf schweigend ihren Tee, tranken ihn bedächtig und erwogen in Gedanken die Verwicklungen, die jener Überfall auf Newelons Patrouille über die Rabenbunder gebracht hatte.
Ho’Demi ergriff schließlich, wie es ihm als Häuptling zukam, als erster das Wort: »Der Wolfen wie auch die Alaunthunde wandeln wieder durch die Nacht. Und sie ziehen mit denen, die das Zeichen der blutroten Sonne tragen.«
»Beide folgen der schwarzhaarigen Frau«, ergänzte Inari. »Derjenigen, die man als schön bezeichnen müßte, wenn ihr Gesicht nur nicht so nackt wäre.«
Die Rabenbunder erzählten sich seit Tausenden Jahren nicht nur die Geschichte von der Prophezeiung, sondern auch die von Wolfstern. Die Ikarier mochten ja glauben, außer ihnen wüßte niemand etwas über den ruchlosen alten Krallenfürsten, aber die Rabenbundmenschen, die sogenannten Barbaren des Nordens, hatten schon vor vielen Generationen davon erfahren. Und heute wußten sie genug darüber, um dessen Bogen und Hunde sofort wiederzuerkennen.
»Ich wünschte, Bornhelds Gemahlin Faraday und ihre Gefährtin, die Wächterin Yr, säßen jetzt hier bei uns, um über diese Fragen mit ihnen beraten zu können«, erklärte Ho’Demi. »Aber sie weilen im fernen Karlon, und deswegen muß ich ohne sie die notwendigen Entscheidungen treffen.«
»Müssen wir denn jetzt schon zu einem Entschluß kommen?« fragte Tanabata, einer der Ältesten, und verneigte sich vor dem Häuptling, um ihm seine Ehrerbietung zu erweisen. Sein Gesicht war so alt und runzlig, daß die blauen Tätowierlinien ihre symmetrische Anordnung verloren zu haben schienen.
»Ich darf die Zeichen nicht übersehen, Ältester. Sowohl dieser Mann Magariz«, er sah die beiden Kämpfer an, und sie nickten zur Bestätigung, daß er den richtigen Namen genannt hatte, »als auch diese Frau, Aschure, haben das Symbol der blutroten Sonne getragen.«
Alle Versammelten schauten auf ihre Tassen, die ebenfalls dieses Emblem trugen.
»Die Frau hat auch den Bogen Wolfsterns, und seine Hunde weichen ihr nicht von der Seite. Magariz hat vom Sternenmann gesprochen, und es klang ganz so, als würde er damit Axis meinen. ›Axis, der Sternenmann, wird erscheinen, und er kommt mit der Macht der Weissagung‹«, zitierte der Häuptling aus der Botschaft des Fürsten an Bornheld. »Wird er also derjenige sein, der das Bündnis aller Völker schmiedet, um Gorgrael in den Untergang zu treiben?«
Ho’Demi machte sich große Sorgen. Er hatte seine Soldaten und sein Volk der Sache des ehemaligen Herzogs und jetzigen Königs zugeführt. Die Rabenbunder haßten den Zerstörer und seine Kreaturen. Und wenn Bornheld sich dem Kampf gegen die
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