Tanz der Verführung
zu einer hölzernen Plattform führte.
Dieselbe Treppe, die kurz zuvor Henry hinaufgestiegen war. Suchte er etwa noch immer Linfords Kammer? Sie wandte sich noch einmal halb dem Sheriff zu, wollte protestieren, doch dann verließ sie der Mut. Er zweifelte ohnehin bereits an ihrer Begeisterung, und sie konnte nicht riskieren, dass er noch misstrauischer wurde oder dass Darwell sie erkannte, wenn sie im Saal blieb.
Ihr Leib schmerzte, und ihre Gedanken eilten zu dem Moment voraus, in dem Winton die Tür des Privatgemachs öffnen und sie Henry vor einer geöffneten Truhe mit einem Pergament in der Hand aufspringen sehen würden.
Sie versuchte, das nervöse Zittern in ihrer Stimme zu verbergen, und warf Linford ein möglichst verführerisches Lächeln zu. Als sie spürte, wie sein Blick ihren nackten Rücken herunterglitt, hob sie ihr Kinn und schritt hinter Winton her, der sich geschickt zwischen den überfüllten Tischen hindurchschlängelte. Während sie ging, zwang sie sich, ihren damenhaften Gang gegen hüftenschwingende Schritte einzutauschen, wiegte verlockend ihren Körper, genau so, wie die Tänzerin es ihr beigebracht hatte.
Sie musste einen Weg finden, um Henry zu warnen und ihn und Rudd vor den Klauen des Sheriffs zu bewahren.
Und natürlich sich selbst.
Als vier Gaukler, zwei Männer und zwei Frauen, auf das Podest zustürmten und geschickt ihre farbenfrohen Bälle herumwirbelten, führte Fane eine weitere Feige zum Mund und leckte sich die klebrigen Finger ab. Ob die Haut der Tänzerin wohl genauso süß schmeckte?
Wieder spürte er das Begehren in seinen Lenden erwachen, und der Druck seines Fleisches gegen die wollenen Beinkleider lenkte ihn ab. Er säuberte seine Hand am Tischtuch und zwang sich, den Kunststücken der Gaukler zuzusehen. Er musste Geduld haben. Wenn er erst einmal wusste, wie sein sorgfältig entwickelter Plan – den er zuvor mit seinen treuen Rittern geschmiedet hatte und der sich nun mehrere Wegstunden entfernt entfaltete – ausgegangen war, dann konnte er seine körperlichen Bedürfnisse befriedigen.
Und ihre.
Was für eine unerwartete Wendung des Schicksals, dass er ihr ausgerechnet heute Abend begegnet war.
Fanes Gedanken wurden von der lockenden Erinnerung an sie erfüllt. Während er den Gauklern zusah, zog er ihr vor seinem inneren Auge die Kopfbedeckung, den Schleier, das Mieder, den Rock und die Glöckchen aus, bis sie ganz nackt vor ihm stand. O Gott. In ihm schien sich alles zu drehen. Er musste sich beherrschen, um nicht vom Tisch aufzuspringen und ihr nachzulaufen.
Seufzend biss er die Zähne zusammen. Noch nie hatte er sich so von einer Frau angezogen gefühlt, nicht einmal von Leila. Diese Tänzerin faszinierte ihn. Lockte ihn mit ihrem geheimnisvollen Reiz, der eine seltsame Mischung aus Verführung und verschleierter Unschuld zu sein schien. Entweder war sie eine begabte Schauspielerin, oder sie hatte etwas zu verbergen.
Darwell trommelte mit den Fingern auf den Tisch. »Sie erinnert mich an irgendjemanden.«
Fane riss seinen Blick von den Gauklern los. »Wer?«
»Die hübsche Maid, die Ihr in Eure Gemächer geladen habt«, sagte Darwell mit einem ärgerlichen Lachen. »Ich könnte schwören, sie schon einmal gesehen zu haben. Ich weiß nur nicht, wo.«
Fane spielte mit einem Stück Feige. »Sie hat gesagt, dass sie in England tanzen gelernt hat. Vielleicht habt Ihr sie schon einmal bei einem Fest hier in der Gegend gesehen.«
»Hm.« Darwell kratzte sich am Kinn und starrte die Orangen in der Schale an. Dann nahm er die größte heraus und drehte sie langsam in seiner Hand.
Schritte störten die Darbietung der Gaukler. Fane sah an den nahe stehenden Tischen vorbei und erkannte zwei Ritter in Kettenhemden, die auf ihn zukamen. Er lächelte.
Geduld, kleine Tänzerin. Geduld.
Die Männer gingen an den Gauklern vorbei und blieben vor dem Podest stehen. »Mylord.«
Fane, der sich der neugierigen Blicke der Edelmänner an den benachbarten Tischen bewusst war, fragte ruhig: »Welche Neuigkeiten bringt ihr?«
Mit stolzgeschwellter Brust antwortete der größere der beiden Ritter: »Wir haben sie gefunden, Mylord. In einer Taverne, ein paar Wegstunden von Tangston entfernt.«
»Ausgezeichnet.«
Befriedigung durchflutete Fane. Sein Instinkt hatte ihn nicht getäuscht.
Darwell riss die Augen auf. »Wen gefunden?«
»Edelmänner, die sich gegen die Krone verschworen haben.« Ohne seinen Blick von den Rittern zu lösen, fragte Fane: »Und wo sind sie
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