Tanz der Verführung
von orientalischen Speisen.
Kichernd fragte Darwell: »Geheimnisse? Doch nicht etwa eine Frau?« Nachdem er geräuschvoll einen Schluck Wein hinuntergeschüttet hatte, rutschte er zu Fane hinüber, bis sich ihre Arme berührten. »Stimmt es denn, was man sich erzählt?«, flüsterte er eifrig. »Stimmt es, dass Ihr es mit einer Sarazenenhure getrieben habt? Wie war es? Hat es Euch gefallen? Hat sie …?«
»Ich sagte schon, Kämpfer haben ihre Geheimnisse.« Fane unterdrückte den Drang, Darwell beim Gewand zu packen und ihn wütend anzuknurren. Jeder Edelmann, dem er seit seiner Rückkehr in dieses kalte und nasse Land begegnet war, wollte an sein ausschweifendes Leben glauben. Auch wenn sie alle seine Heldentaten lobten, so konnte er doch den Abscheu in ihren Augen sehen. Darwell verbarg seine Abneigung immerhin besser als die meisten anderen.
Darwell reckte sich mit einem Grinsen und rückte von ihm ab. »Eines Tages werdet Ihr mir die Wahrheit schon sagen. Wenn wir beide uns erst einmal gegenseitig unter den Tisch getrunken haben und einander freundschaftlich vertrauen.«
Fane lachte. Bei Gott, er musste weder Darwell noch sonst irgendjemandem etwas über seine Vergangenheit erzählen. Eines Tages würden die anderen Mitglieder des hohen Adels ihm schon mit Respekt begegnen und ihn als den akzeptieren, der er wirklich war. Natürlich würde es noch Zeit brauchen, bis alle nötigen Bündnisse geschlossen waren, um jene Krebsgeschwüre auszurotten, die versuchten, die Autorität des Königs zu untergraben – viel länger jedenfalls als die drei Wochen, die er in Tangston verbracht hatte. Doch Fane hatte schon vor langer Zeit gelernt, sich in Geduld zu üben. Seine Treue zum König hatte ihn in den Tagen aufrechterhalten, als er sich den Tod herbeigesehnt hatte. Er würde dem König den Sieg in Warringham sichern.
Er schob seine Gedanken beiseite und sah wieder dem Bären zu. Das Tier vollendete eine Umdrehung und fiel mit einem Grunzen auf alle viere.
Applaus erfüllte den Saal. Auch Darwell spendete Beifall.
Während Fane klatschte und sich bei dem erhitzten Dompteur bedankte, bemerkte er, dass sich in der Nähe des Eingangs zur Vorhalle etwas bewegte. Das Licht spiegelte sich in dem bestickten Kleid einer Tänzerin. Es war ein orientalisches Gewand, das ihre Figur betonte und sie wie Seide umfloss, als sie zwischen den hintersten Tischen hindurchhuschte.
Fane stockte der Atem. Erinnerungen stiegen in ihm auf …
Er dachte an Leilas geschmeidigen, geölten Körper, der im Licht der Lampe golden glänzte. Den süßlichen Geruch brennenden Weihrauchs. Folter. Gefangenschaft. Jeden Tag leben, als wäre es der letzte.
Der Saphirring an seiner rechten Hand funkelte ebenso blau wie das Gewand der Tänzerin. Er griff nach dem Wein und nahm einen herzhaften Schluck, der nach Sand schmeckte.
Er musste wohl von Sinnen gewesen sein, als er dem beflissenen Hofmeister die Gestaltung des Abends überlassen hatte.
Er sollte die Tänzerin fortschicken. Und zwar sofort. Doch die anderen im Saal hatten sie schon bemerkt. Auch wenn er sie nun diskret entlassen würde, würde das nicht ohne Verdruss abgehen und wäre für eine Frau verheerend, die auf das Lob ihrer Tanzkunst angewiesen war, um ihren Lebensunterhalt zu verdienen. Das arme Mädchen brauchte vermutlich die paar Münzen dieses Abends, um sich und ihre Kinder durchzubringen.
Nein, bei Gott, er konnte sie nicht fortschicken.
Darwell stieß neben ihm einen Seufzer aus und warf einen Blick auf die linke Hälfte des Saales. »Ich habe den jungen Rudd Villeaux heute Abend noch gar nicht gesehen. Wollte er nicht auch kommen?«
Fane löste seinen Blick von der Tänzerin, die zögernd im Halbschatten ihren Schleier zurechtzupfte, und wischte sich mit dem Daumen über die Lippen. »Ich habe am frühen Abend Nachricht von ihm erhalten. Er ist verhindert. Dringende Erbschaftsangelegenheiten.«
»Ein Jammer, dass seine Eltern nicht mehr leben. Er ist noch zu jung, um die Verantwortung eines Lords auf sich zu nehmen.«
»Sind sie erst kürzlich gestorben?« Fane beobachtete aus dem Augenwinkel die Tänzerin, die ihre schlanken Arme über den Kopf hob und ihren Körper für den Auftritt dehnte. Die Männer an den Tischen hinter ihr grinsten und deuteten auf ihren Nabel, während er den Ärger herunterschluckte, der unerklärlicherweise in ihm hochgestiegen war.
»Der Earl und seine Frau sind vor sechs Wochen begraben worden. Eine Krankheit hat sie beide
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