Taqwacore
dennoch den Islam praktizierte, als wäre er ein neugeborenes Baby. Jehangir, der mit Sid aus dem Brunnen der Ewigkeit trinkt. Jehangir, der das Auto des Schahs gestohlen hat. Jehangir, der allerletzte in einer Reihe von Königen. Jehangir Oi Oi Oi, Jehangir, Roots n’ Boots oder Shoes n’ Booze, Jehangir, amerikanischer Muslim.
Wenn ich an Jehangir denke, dann sehe ich ihn während des Boardslide vor den marmornen Säulen des Museums, das Skateboard auf dem Geländer im perfekten Winkel ausgerichtet, die Füße in vollkommener Balance, unter sich die gefährlichen Steinstufen, mit ausgebreiteten Armen, wie ein schwebender Apoll – und ich weiß, dass er ewig auf diesem Geländer fahren kann, ganz gleich, wie lang es ist, sogar über die Ozeane, sogar mit uns allen auf seinem Rücken.
Als die Winterferien etwa zur Hälfte vorbei waren, fuhr ich nach Hause. Ich nahm fast alle meine Sachen mit, weil ich nicht wusste, ob ich zum nächsten Semester zurückkommen würde. Mustafas Bücher ließ ich dort, wo sie immer gewesen waren.
Zu Hause entschlief mein Glaube sanft und ruhig, als gäbe es nichts, wogegen ich ankämpfen musste. Bei allem Respekt vor Jehangir und den Taqwacores muss ich sagen, es war ein großartiges Gefühl.
Jehangirs dissonantes Solo repräsentierte nicht die Mehrheit der amerikanischen Muslime, aber das trifft genauso auf die Scheichs von al-Azar zu. Die meisten von uns gehen irgendwo in der großen grauen Leere dazwischen unter.
Ich erinnere mich an den Pulp-Roman mit dem gelben Einband, den Jehangir in der Moschee von Rochester zurückließ. The Punk von Gideon Sams. Ich frage mich, wer ihn wohl gefunden hatte und ob derjenige Gideon eine Chance gegeben hat. Ich denke an den Imam von Manassas, der zumindest für Ayyub niemals in Vergessenheit geraten wird, nur weil Jehangir von ihm erzählt hat. Ich frage mich, ob er jemals existiert hat oder ob es in Manassas überhaupt eine Moschee gab.
Seit Neujahr habe ich nur ein oder zwei Mal etwas über die Taqwacores gehört. Sie bleiben da draußen im Westen und leben ihr eigenes Leben. Die Bands tauchen auf und verschwinden wieder, ohne dass ich es zur Kenntnis nehme. Es ist, als gehörten sie zu einem anderen Universum. Die Sache mit den Muslim-Punks kommt mir so vor, als würde ich an eine Exfreundin denken, wenn ich eine Exfreundin hätte und wüsste, wie das ist. Ich bin froh, dass sie noch immer irgendwo da draußen existieren, und hoffe, es geht ihnen gut, aber ich kann mich dessen nicht selbst vergewissern, weil es mir zu sehr wehtun würde.
Irgendwie geriet meine E -Mail-Adresse in die Hände eines Fanzine-Autors aus Campbell, Kalifornien, der mich zu Jehangir und dem 21. Dezember befragen wollte. Anscheinend ist Jehangir für eine Menge Leute zu einer Art Kurt Cobain geworden. Sein Gesicht wurde auf T -Shirts gedruckt, sein Name wurde zu einer Floskel in einem Songtext.
Der Fanzine-Autor befragte mich, als wäre ich einer der Sahaba. Hat Jehangir gebetet, wie hat er gebetet, tat er es zu den richtigen Zeiten oder einfach irgendwann, hat er Wudu verrichtet, welcher Auslegung des Islam folgte er, welche Bands mochte er, hat er die Liwaticores unterstützt, war er auf irgendeine Weise politisch aktiv, hat er jemals gesungen oder ein Album veröffentlicht, und ewig so weiter. Ich erzählte dem Typ, was er wissen wollte, und jetzt ist es für manche Leute zur Sunna geworden.
Der Körper regeneriert sich ständig. Er bildet neue Haut, neue Organe, neue Zellen. Die Person, die man vor sieben Jahren gewesen ist, existiert buchstäblich nicht mehr.
Würde ich vierzehn Jahrhunderte lang leben, dann wäre ich ungefähr sechzig verschiedenen Menschen.
Ich bin mir sicher, dass sie jemanden gefunden haben, der mein Zimmer übernommen hat. Und auch jemanden für das von Jehangir. Es ist genug Zeit vergangen. Keiner von uns wird zurückkommen. Bald wird das Wetter wieder besser sein, und Fasiq wird durch das Badezimmerfenster klettern, um mit seinem Gras, seinem Koran und vielleicht mit zwei neuen Rekruten auf dem Dach zu sitzen. Er wird ihnen Geschichten von Jehangir erzählen und von einer geheimnisvollen Nation von Muslim-Punks irgendwo da draußen, am weit entfernten Ozean.
Und vielleicht, Inschallah, wird Fasiq auch ein paar Geschichten über mich erzählen. Ich weiß nicht, welche; vielleicht nur, dass ich auch dort war. Ich war kein verrückter Punk, kein heiliger Frevler, aber zumindest war ich dort . Falls Lynn noch da ist, könnte er
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