Taqwacore

er. Wenn der Scheitan überhaupt irgendwo wohnt, dann in den Hoden. Yusef, hier, die Schlüssel.« Er zog sie aus der Tasche und gab sie mir. Ich war als einziger von uns nüchtern.
    Auf dem Heimweg saß Fasiq vorn und legte eine seiner Mix-Kassetten ein, auf der die Rolling Scabs mit ihrem Zufallshit »We’re the Scabs« zu hören waren.
    »Diese Kids waren ungefähr zwölf Jahre alt«, bemerkte Fasiq.
    »Sie waren alle auf Heroin und so. Der Leadsänger stürzte mit vierzehn in einen Fahrstuhlschacht.«
    »Kullu ardin Kerbela«, sagte Jehangir.
    »Dieser Song«, sagte Fasiq. »Wenn man mal zuhört … es ist wie im Sufismus.«
    Wir lachten alle. »Nein, wirklich. Erstens heißt es › I  just want to be your sexy scab‹, also › dein sexy Schorf‹. Und zweitens, wenn die sagen, wir haben keinen Produzenten und keine Texte, dann ist das wie im Sufismus, wo sie sagen, wir haben keine Gelehrten, wir haben keine heilige Schrift. Wie so ein abgefahrener, ganz entspannter Islam. Wie ein Islam, der auf seinen eigentlichen Kern reduziert ist.«
    »Meine Güte«, sagte Jehangir. »Hey, Yusef …«
    »Ja, Mann?«
    »Yusef, Yusef Ali, wusstest du, dass Rumi schrieb: ›Als der Prophet sagte, du sollst die Frauen hintanstellen, da meinte er deine Seele.‹ Da ist was Wahres dran.«
    »Ja.« Ich nickte und hielt den Blick auf die Straße gerichtet.
    »Bruder, ich habe einen großen Schwanz, der Augen ausbrennen kann … aber Ya’Allah, gib, dass niemand an diesen Eiern Schaden nehmen wird außer mir selbst … das ist mein Du’a, Yusef Ali. Ya’Allah, gib, dass niemand an diesen Eiern Schaden nehmen wird außer mir selbst.«
    »Das ist ein cooles Du’a.«
    »Dieser Samen ist fruchtbar, Bruder.«
    »Also, erzähl mir alles von deiner neuen Freundin aus Porter Hall«, sagte ich.
    »Ihr Name war Chadidscha, glaube ich – wir haben uns unterhalten und weißt du, was mir dabei aufgefallen ist, Bruder? Viele Leute wissen gar nicht, dass sie religiöse Namen tragen. Chadidscha. Aisha. Rahim. Malik. Umar. Ali. Ich habe mal einen Christen gekannt, der hieß Hassan. Ist das nicht bescheuert?«
    »Doch«, antwortete ich.
    »Und ich habe mich mit Chadidscha über Musik unterhalten und Taqwacore erwähnt, aber sie hatte noch nie davon gehört. Da sage ich: ›Hast du mal den Film Die nackte Kanone gesehen?‹ Und sie sagt: ›Ja, den kenne ich.‹ Also frage ich sie: ›Erinnerst du dich, wie Ayatollah Khomeinis schwarzer Turban wegfliegt und er darunter einen großen orangen Iro trägt?‹ Und sie kann sich dran erinnern. › Also ‹ , sage ich zu ihr, › das ist Taqwacore. ‹ «
    Fasiq Abasa und Rude Dawud waren still, vermutlich waren sie ohnmächtig oder zumindest eingeschlafen. Als wir zu Hause ankamen, waren sie alle drei weggetreten. Ich ließ die drei Gottlosen in Jehangirs Auto und ging ins Bett.
    Zwei Wochen später kam Fasiq Abasa zu etwas Geld und kaufte eine Spielkonsole für das Haus. Er stellte sie im Wohnzimmer auf, das ja eigentlich sein Schlafzimmer war, auch wenn es an den Freitagnachmittagen voller Muslime und Freitagnacht voller weggetretener Betrunkener war. Jehangir Tabari kaufte ein Videospiel dazu, ein Baseballspiel, bei dem man eigene Figuren kreieren konnte, mit allem, was dazugehört: Gesicht, Figur, Hautfarbe, sogar Geschlecht, man konnte ihnen Namen auf den Rücken schreiben und ganze Spielerlisten erstellen. Das erste Team, das Jehangir aufstellte, waren die All-Time-Oakland A , mit Mark McGwire auf der ersten Base, Nap Lajoie auf der zweiten, Carney Lansford als Shortstop und »Home Run« Baker auf der dritten Base. Ins linke Feld stellte er den großartigen Base-Stealer Rickey Henderson und in die Mitte »Mr. Oktober« Reggie Jackson.
    »Ich weiß einfach, dass er auf die rechte Seite gehört«, erläuterte Jehangir mit Blick auf den Fernseher, während er den Joystick bewegte, »aber ich musste mich zwischen ihm und Canseco entscheiden. Ich finde, Reggie ist der bessere Outfielder, also habe ich ihn in die Mitte gestellt.« Als Catcher Terry Steinbach. Die ersten Pitcher: Lefty Grove und Catfish Hunter. Als Ersatzpitcher: Rollie Fingers mit seinem breiten Schnauzer, der aussah wie ein Wildwest-Schurke, der wunderschöne Mädchen auf Eisenbahngleisen festbindet, und Dennis Eckersley.
    »Wen nimmst du als Manager?«, fragte ich, obwohl ich überhaupt keine Grundlage hatte, auf der ich seine Antwort hätte beurteilen können.
    Jehangir antwortete: »Ich habe zwischen einer anerkannten Legende