Tarean 03 - Ritter des ersten Lichts
beizustehen.«
»Und deine Mutter weilt noch in Cayvallon?«
»Soweit ich weiß, ja.«
Tarean lächelte Auril an. »Ich finde es schön, dass du deinen Frieden mit ihr gemacht hast.«
»Ich freue mich, dass sie ihren Frieden mit Sinjhen gemacht hat«, sagte die Albin. »Wenn dieser Krieg gegen die Schatten von Gongathar ein Gutes hatte, dann, dass er meine Eltern wieder zusammengeführt hat – zumindest zeitweise. Ob es diesmal hält … wer vermag das schon zu sagen.«
Eine Weile standen sie schweigend nebeneinander.
»Ein Jahr …«, bemerkte Tarean schließlich leise.
»Was meinst du?«, fragte Auril.
»Mir ist gerade eingefallen, dass es beinahe auf den Tag genau ein Jahr her ist, dass ich Dornhall verließ, um gegen Calvas in den Krieg zu ziehen. Jetzt endlich, so scheint es mir, ist der Kampf vorbei.«
»Es ist eine Menge geschehen in diesem einen Jahr.«
Der Junge nickte. »Ja. Das ist wahr. Einiges hätte ich lieber niemals erlebt. Anderes würde ich nicht missen wollen.« Sein Blick suchte den der Albin. Wortlos sahen sie sich an. Sie wussten beide, dass es noch eine Angelegenheit zwischen ihnen gab, deren Aussprache sie seit Gongathar vor sich hergeschoben hatten. Dir, Tarean, gebe ich etwas zurück, das Gongathar dir unrechtmäßig nahm , hatte das Erste Licht gesagt. Und dir, Auril, nehme ich eine Bürde, die du nicht hättest tragen sollen. Was ihr daraus macht, überlasse ich euch.
Im ersten Augenblick hatte Tarean diese Veränderung in seinem Inneren gar nicht wahrhaben wollen. Er hatte es für ein unwillkürliches Aufwallen von Gefühlen gehalten, das aus dem Auf und Ab von Verlust und Wiederfinden in jenen Tagen entstanden war. Doch innerhalb der letzten drei Wochen war ihm eines schmerzlich klar geworden: Das Erste Licht hatte ihm zum Abschied die Zuneigung zu Auril zurückgegeben, die ihm Gongathar gewaltsam entrissen hatte. Und der Junge argwöhnte, dass es Auril zumindest den Teil des Schmerzes über den Tod seines Zwillings gelindert hatte, der es ihr unmöglich gemacht hatte, noch einmal etwas für ihn zu empfinden.
Tarean wusste nicht, ob es richtig war, dass Auril erneut etwas in ihm auslöste, so wie damals, als sie sich in Agialon kennengelernt hatten. Aber er konnte seine Gefühle nicht leugnen. Unbehaglich verlagerte er das Gewicht von einem Bein auf das andere. »Auril, ich weiß, dass sich das alles seltsam anfühlt«, fing er an. »Moosbeere hat es mit ihrem Wunsch an das Erste Licht sicher nur gut gemeint, aber … na ja, man kann Liebe nicht einfach herbeizaubern, nicht wahr?« Er verwandelte die Worte absichtlich in eine Frage, um ihr ein Verneinen leicht zu machen – auch wenn er sehr deutlich spürte, dass es offenbar doch möglich war.
Aber Auril schien zunächst eine andere Frage zu beschäftigen, denn sie antwortete nicht sofort, sondern schwieg einen Moment, bevor sie das Wort ergriff. »Ich hatte nie Gelegenheit zu fragen, aber jetzt möchte ich es doch wissen. Wie lange wusstest du schon, dass Moosbeere sich in eine menschliche Frau verwandeln kann?«
Er ahnte, welcher unausgesprochene Vorwurf hinter dieser Frage steckte, aber er beschloss, sich nicht zu verteidigen. »Ich wusste es seit jenem Tag in den Dunkelreichen, an dem wir die Kristalldrachen befreit haben. Erste Hinweise erhielt ich jedoch bereits, als es euch nach Airianis und mich nach Tiefgestein verschlagen hat. Damals begegnete sie mir im Schlaf und war auf einmal kein Däumling mehr. Zunächst habe ich das als Hirngespinst abgetan – bis sich die seltsamen Vorfälle mehrten.«
»Hast du sie da schon geliebt?«
Tarean wandte sich ab und starrte hinaus auf die Berge. »Ein Teil von mir hat sie wohl immer geliebt und wird sie auch immer lieben. Ich weiß nicht, ob das vom Ersten Licht so beabsichtigt war – schließlich hat es Moosbeere auch irgendwie an mich gebunden. Aber der größere Teil von mir wünschte sich stets, mit dir zusammen sein zu können, und das meine ich ehrlich. Dass Gongathar mir diese Liebe genommen hat, war ein schmerzvoller Verlust für mich, auch wenn ich es damals nicht so sah … nicht so sehen konnte.« Er seufzte. »Ich wünschte, dass zwischen uns beiden alles anders gekommen wäre. Dein Vater, Gongathar und möglicherweise sogar das Erste Licht … sie alle haben es uns nicht eben leicht gemacht.«
»Von meinem Zweifel und deiner Eifersucht ganz zu schweigen«, fügte Auril hinzu.
»Ja.« Tareans Mundwinkel verzogen sich zu einem matten Lächeln, als er sich der
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