Tarean 03 - Ritter des ersten Lichts
zwischen den Arden im Westen und dem Nebelmoor im Osten, dem Hochland von Rûn im Norden und den Kernlanden von Breganorien im Süden Tausende von Quadratmeilen weit erstreckte. Die Kronen der mächtigen, uralten Bäume rauschten im Wind, der von Osten heranwehte und davon kündete, dass die Welt im Begriff war, sich zu wandeln.
Er erzählte den Bäumen von einem Jungen namens Tarean, der ausgezogen war, um den Namen seines vor vielen Jahren verstorbenen Vaters reinzuwaschen und einen Hexenmeister zu stürzen, der die westlichen Reiche von Endar sechzehn Jahre lang mit eiserner Hand regiert hatte. Er berichtete ihnen, dass der Junge treue Freunde getroffen und große Abenteuer durchlebt hatte, bevor es ihm am Ende wirklich gelang, den Hexer Calvas zu töten und den Fluch, der auf den Völkern von Undur, Astria, Breganorien und Thal gelastet hatte, zu brechen.
Doch die Alte Macht, so wusste der Ostwind, sollte Tarean eine weitere Aufgabe aufbürden. Sie ließ ihn den Ruf Kesrondaias, der Mutter aller Kristalldrachen, vernehmen, die von Calvas und seinem Gebieter, dem Herrn der Tiefe, vor hundert Jahren in einer geheimen Kammer tief unter den Mauern der furchtbaren Festung At Arthanoc in Ketten gelegt worden war, um dem Hexer als Quelle der Macht zu dienen. Dies war zur gleichen Zeit geschehen, da der Herr der Tiefe, Ghorca’than, alle übrigen Kristalldrachen mit Calvas’ Hilfe in ihr geheimes Sanktuarium, das Kristalltal, lockte und sie dann dort einfing, indem er den einzigen Zugang mit einem machtvollen Siegel versperrte, das sich von innen nicht öffnen ließ.
Als die Bäume das vernahmen, peitschten sie wütend mit den Ästen und brachten das dichte Blätterdach in Aufruhr, denn von solch einem Frevel hatten sie in ihrem tausendjährigen Leben noch nicht gehört. Sie hatten sich schon gefragt, ob die Kristalldrachen Endar verlassen hatten, so lange ward keiner von ihnen mehr gesehen. Sie hätten dies bedauert, aber gelernt, damit zu leben. Doch das Schicksal, von dem ihnen der Ostwind kündete, hätten sie sich niemals auszumalen vermocht. Der Cerashmon, obschon sogar älter als die Kristalldrachen selbst, ehrte die sanftmütigen Riesen als Lebensspender und Bewahrer aller Schöpfung. Und jeder, der Hand an sie legte, verging sich damit zugleich an allem, was gut und schön in der Welt war.
Der Ostwind strich den Bäumen beruhigend über die Kronen. Die Gefangenschaft der Kristalldrachen sollte nicht von Dauer sein. Tarean gelang es, Kesrondaia aufzuspüren, und mit ihrem Herzen, ihrem Sternkristall, im Gepäck machte er sich nach Süden auf, in Richtung der von Stein und Feuer beherrschten Glutlande. Dort fanden seine Gefährten und er den Eingang zu den sagenumwobenen Dunkelreichen, und sie stiegen hinab, um den Herrn der Tiefe herauszufordern und das Siegel zu brechen. Und wirklich sollte es ihnen gelingen, die Kristalldrachen zu befreien. Allerdings war der Preis dafür hoch , wisperte der Ostwind traurig. Einige von Tareans Gefährten überlebten die Reise in die Dunkelreiche nicht, darunter auch Moosbeere, die Tochter des Cerashmon. Tarean ist nun auf dem Weg hierher, um sie zurück in ihre Heimat zu bringen, so wie sie es sich gewünscht hat.
Betrübt ließen die Bäume die Äste hängen, als sie vom Tod Moosbeeres erfuhren. Doch sie versprachen, auf den Jungen aufzupassen, sobald er die Grenzen ihres Reiches überschritten hatte.
Und der Ostwind wanderte weiter nach Westen, um seine Geschichte in den Arden zu verbreiten.
Tarean schlug die Augen auf und sah sich um. Grünliches Zwielicht umgab ihn, so als läge er auf dem Grund eines tiefen Weihers. Vereinzelte Lichtsprenkel huschten verspielt über den sanft abschüssigen Waldboden und die dicken, borkigen Stämme der Bäume um ihn herum. Es waren winzige Überreste des Sonnenlichts, das auf das dichte Blätterdach hoch über seinem Kopf fiel. Pollen und Blütenstaub von Blumen, die in der ewigen Dämmerung gediehen, schwebten träge in der vom schweren Geruch des Waldes geschwängerten Luft. Ein weiterer schöner Morgen im Herzen des Cerashmon , dachte der Junge mit leichtem Widerwillen, während er sich aufrappelte.
Erst vier Tage war es her, dass er seine Freunde – Auril, Bromm und Haffta – am südlichen Waldessaum des Cerashmon, unweit der Siedlung Altengrund, zurückgelassen hatte. Aber Tarean schien es, als wandere er bereits seit einer halben Ewigkeit durch die Finsternis des uralten Waldes, auf der Suche nach etwas, von dem er gar
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