Taschenlehrbuch Biologie - Evolution - Oekologie
Kläranlagen werden durch mehr oder minder rein saprotrophe Nahrungsnetze geprägt ( heterotrophe Systeme ). Hier hängt der Energiefluss vom Import organischer Stoffe aus anderen Ökosystemen ab und ist damit indirekt ebenfalls an Sonnenenergie gebunden. Systeme, derenPrimärkonsumenten wesentlich vom Import organischer Stoffe abhängen, werden allochthon genannt. Da in allochthonen Systemen Stoffkreisläufe weitgehend offen sind, stellen sie keine Ökosysteme im engeren Sinne dar.
Anorganische Energiequellen in der Tiefsee. Nur in wenigen Ökosystemen geht der Energiefluss nicht direkt oder indirekt vom Licht, sondern von einer anorganischen Energiequelle aus. Ein Beispiel dafür sind Thermalquellen der Tiefsee, sogenannte Hot Vents . An tektonisch aktiven Stellen des Atlantischen und Pazifischen Ozeans dringt kaltes Meerwasser tief in die Spalten der Erdkruste ein, es reagiert dort chemisch mit dem 300 °C heißen Basalt, belädt sich unter anderem mit Schwefelwasserstoff und Schwermetallen und gelangt unter großem Druck wieder an den Meeresboden. Die Schwermetalle fallen beim Kontakt mit dem kalten Ozeanwasser als Sulfide aus, diese bauen gelegentlich regelrechte Schornsteine auf. Je nach der Farbe der Partikel unterscheidet man zwischen weißen und schwarzen Rauchern. In der Umgebung der Hot Vents siedeln sich Schwefelbakterien an, sie oxidieren Schwefelwasserstoff und nutzen die gewonnene Energie im Calvin-Zyklus für die Glucosebildung. Chemosynthetisch aktive Bakterien sind die Primärproduzenten für ein komplexes Nahrungsnetz aus stark spezialisierten Weichtieren (Mollusca), Borstenwürmern (Polychaeta) und Gliedertieren (Arthropoda). Hohe Dichten erreichen bizarre, darmlose Röhrenwürmer (Pogonophora), bei denen symbiotische Schwefelbakterien fast die Hälfte des Körpergewichtes ausmachen. Von den 375 beschriebenen Arten sind 90 % endemisch, kommen rezent also nur an Hot Vents vor.
Lebewesen nutzen die aufgenommene Energie, um zu wachsen und sich zu vermehren, dadurch erhöhen sie die Biomasse in der Biozönose. Der Biomassezuwachs pro Zeiteinheit wird als Produktion bezeichnet. Die Gesamtheit der neu gebildeten organischen Stoffe nennt man Bruttoproduktion, zieht man die durch Atmung und Ausscheidung verlorenen Anteile ab, bleibt die Nettoproduktion zurück. Man unterscheidet die Primärproduktion der Primärproduzenten von der Sekundärproduktion der Konsumenten.
Von der auf die Erde eintreffenden Globalstrahlung (im Mittel 10 000 kJ pro m 2 und Tag) werden durch die Photosynthese der Pflanzen höchstens 1–5 % in organischer Substanz gebunden ( Bruttoprimärproduktion ). Davon fließt etwa die Hälfte sofort in die Respiration oder geht den Lebewesen als Wärme verloren, wird also gar nicht erst als neue Biomasse festgelegt. Die Bruttoprimärproduktion abzüglich dieser Betriebsenergie wird als Nettoprimärproduktion bezeichnet ( Botanik ) und ist als Biomassezuwachs messbar. Die Nettoprimärproduktion hängt zwar unmittelbar, aber nicht ausschließlich von der verfügbaren Sonnenenergie ab. In Landökosystemen und Binnengewässern bestimmen in erster Linie Klima und Vegetation die Primärproduktion, in den lichtreichen Tropen ist sie besonders hoch. In Meeresökosystemen wirkt der Mineralstoffgehalt begrenzend auf die Photosyntheserate, in den mineralstoffreichen Flachmeerregionen ist die Primärproduktion besonders hoch, in den Hochsee-Bereichen wird die Primärproduktion dagegen auch bei guter Lichtversorgung kaum gesteigert (Tab. 4. 2 ). Wird allgemein von Produktion gesprochen, ist in der Regel die Nettoprimärproduktion gemeint.
Tab. 4. 2 Primärproduktion.
Konsumenten sind nicht zur autotrophen Bildung von Biomasse in der Lage, sondern bauen lediglich vorhandene organische Substanzen um. Sie müssen Energie einsetzen, um die Nahrung zu finden, aufzunehmen und zu verdauen. Trotzdem tragen auch die Konsumenten durch Wachstum und Vermehrung zur Vergrößerung der Biomasse in einer Biozönose bei, denn sie sind oft langlebiger als die Primärproduzenten und können ihre körpereigene Substanz aus mehreren Generationen von Primärproduzenten aufbauen. Sie vergrößern damit die„erntbare“ (aktuell vorhandene) Biomasse eines Ökosystems durch Sekundärproduktion .
Nur ein Bruchteil der von den Organismen aufgenommenen Energie kann zum Aufbau körpereigener, lebender Substanz genutzt werden. Vergleicht man die Produktion zweier durch Energiefluss verknüpfter trophischer Ebenen, so erhält
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