Taschenlehrbuch Biologie - Evolution - Oekologie
wichtiger Faktor, der die Breite des Nahrungsspektrums bestimmt, ist die Lebensdauer . Kurzlebige Arten tendieren zu Spezialistentum, langlebige dagegen zu Generalistentum. Dies hängt damit zusammen, dass langlebige Arten während ihres Lebens eher Schwankungen in der Verfügbarkeit von Ressourcen ausgesetzt sind und sich damit die Möglichkeit erhalten müssen, unterschiedliche Ressourcen zu nutzen.
Spezialisten- und Generalistentum hat fundamentale Auswirkungen auf die Diversität von Arten. Tiergruppen mit einem hohen Anteil an Spezialisten sind wesentlich artenreicher als diejenigen, bei denen generalistische Ernährung vorherrscht. Die weite Verbreitung mono- oder oligophager Ernährung bei phytophagen Käfern und parasitischen Hautflüglern ist die wesentliche Ursache für deren extreme Diversität. Saprophage Tiere sind dagegen vergleichsweise artenarm, bei ihnen existieren praktisch nur generalistische Fresser.
Anpassungen von Beuteorganismen an die Nutzung
Der Druck auf Beuteorganismen zur Entwicklung von Mechanismen zur Vermeidung oder Reduktion von Prädation ist extrem hoch, da Prädation oft zum Tod der Beute und damit zu vollständigem Fitnessverlust führt. Der Druck aufPrädatoren zur Anpassung an Beuteorganismen ist dagegen geringer, da ein nicht erfolgreicher Prädationsakt nur den Verlust einer Mahlzeit bedeutet ( life-dinner-Prinzip ). Evolutionsprozesse bei Prädatoren und ihren Beuteorganismen sind damit grundsätzlich asymmetrisch. Strategien zur Vermeidung von Prädation sollten demnach weiter verbreitet sein als Anpassungen von Prädatoren an ihre Beute.
Organismen können auf die Nutzung durch Prädatoren in vielfältiger Weise reagieren. Grundsätzlich wird hierbei zwischen konstitutiven (obligat ausgebildeten) und durch Prädatoren induzierten Abwehrmechanismen unterschieden. Konstitutive Abwehr kommt vor allem dann vor, wenn Prädatoren häufig sind und deren Vorkommen wenig schwankt. Induktion von Abwehr ist vor allem dann von Vorteil, wenn die Nutzung durch Prädatoren selten ist und diese nicht schnell zum Tod der Beute führt.
Induzierte Abwehr kann als somatisches Lernen betrachtet werden und kommt deshalb vor allem bei Beuteorganismen vor, die den Angriff von Prädatoren überleben, was vor allem bei modularen Organismen häufig der Fall ist. Induzierte Abwehr kommt deshalb vor allem bei Pflanzen, aber auch bei sessilen Tieren vor. Pflanzen reagieren auf Fraß von Prädatoren in vielfältiger Weise, u. a. durch Expression von Genen für Abwehrstoffe oder vermehrte Bildung von Trichomen und Dornen ( Siehe hier ). Bei flächig wachsenden Moostierchenkolonien ( Membranipora membranacea ; Bryozoa) führt die Beweidung durch Nacktschnecken zu einer vermehrten Dornenbildung. Induzierte Abwehr kommt allerdings auch bei unitaren Organismen vor. So induziert die Präsenz von Fischen bei Wasserflöhen (z. B. Daphnia magna ) die Bildung von Nachkommen mit langen Körperfortsätzen. Die Information über die Präsenz von Prädatoren muss dabei epigenetisch an die Folgegenerationen weiter gegeben werden.
2.3 Nischen
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Arten besitzen gegenüber Umweltfaktoren und Ressourcen meist eine unimodale Verteilung . Der Ausschnitt von Faktoren, innerhalb dessen eine Art vorkommt, wird als ökologische Nische bezeichnet. Im Bereich des Maximums wächst und reproduziert die Art, mit zunehmend ungünstigen Lebensbedingungen folgt eine Einstellung der Reproduktion, des Wachstums und des Stoffwechsels. Arten können langfristig nur innerhalb ihres Nischenbereichs existieren, temporär jedoch auch in Bereichen vorkommen, in denen keine Reproduktion stattfindet. Die abgestufte Reaktion einer Art auf sich ändernde Umweltbedingungen bezeichnet man als Toleranz . Arten unterscheiden sich stark in ihrer Nischenbreite; Arten mit enger Nische werden als stenök , solche mit breiter Nische als euryök bezeichnet. Das Vorkommen von Arten entlang von Umweltgradienten kann durch andere Organismen eingeschränkt werden, weshalb man zwischen Fundamentalnische und Realnische unterscheidet. Insbesondere stenöke Arten können als Indikatoren für Umweltzustände genutzt werden, was z. B. zur Bewertung der Güteklassen von Gewässern genutzt wird ( Bioindikation ).
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2.3.1 Toleranzbereiche
Die unterschiedlichen Ausprägungen von Umweltbedingungen wie auch von Ressourcen können als Gradienten aufgefasst werden, entlang derer Wachstum und Fitness von Organismen variiert, was sich z. B. in veränderter
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